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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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»Dieses Jahr wird es die Schweinepest sein. Ich kenne da eine Kolchose, hat Pech gehabt. Die sind froh, wenn sie ihre Tiere verschenken dürfen.«
    Sie waren wieder auf dem Vorplatz angekommen. Einer der Sowchoseangestellten kam auf Gubitzki zugelaufen. »Komm, beeil dich, der Aufkäufer ist da.« Gubitzki blickte irritiert Alexander an. »Und wer sind Sie?«
    »Ich bin hier geboren.« Bevor Gubitzki zuschlagen konnte, drehte sich Alexander um und schritt davon, genau auf... Kosyrew zu. »Wieso können Sie wissen, dass ich hier ...«
    Kosyrew, der sich sichtlich über Alexanders Verblüffung amüsierte, winkte ab. »Haben Sie schon vergessen, für wen ich früher tätig war?«
    »Spionieren Sie mir nach?«
    Kosyrew ging nicht auf die Frage ein. »Konnte ich Ihnen mit den Briefen einen Gefallen tun?«
    »Ja, vielen Dank. Woher ...«
    Kosyrew winkte ab. »Uninteressant.« Übergangslos wechselte er das Thema. »Gubitzki ist wie Besmertisch, nur nicht ganz so groß.«
    »Warum lassen Sie ihn gewähren?«
    »Wir können nicht an allen Fronten kämpfen. Zuerst einmal gilt es, die alte, senile politische Führung auszuschalten und ihren Einfluss einzudämmen. Dann erst wenden wir uns Leuten wie Gubitzki zu, falls es noch nötig ist.«
    »Und bis dahin darf er ...«
    »Herr Koenen, Gubitzki und Konsorten verkörpern mit ihren Methoden und Kontakten bereits perfekt das Wirtschaftssystem, welches wir anstreben. Zu gegebener Zeit brauchen wir sie nur noch richtig einzubinden. Falls es Sie beruhigt: So ganz ungeschoren kommt er nicht davon. Wie viele Schweine hat er Ihnen angeboten?«
    »Zweitausend. Und vierhundert Rinder.«
    »Wenn er die Tiere abgezweigt hat, kommt überraschend ein unbestechlicher Revisor. Er wird die gefälschte Buchführung und seinen letzten Coup aufdecken. Und dann brummen wir den Sowchosen eine Strafe auf, die ungefähr dem doppelten uns entgangenen Gewinn entspricht. So läuft das Spiel.« Und dann fügte Kosyrew noch hinzu: »Aus Frankreich gingen Gubitzkis Schweine übrigens als Eigenprodukt und nicht als polnische Mastsau weiter in die Europäische Gemeinschaft. Entsprechend subventioniert, versteht sich. Und so läuft deren Spiel.«
    Vor einer dunklen Limousine blieb Kosyrew stehen. »Kann ich Sie mitnehmen?« »Nein, danke.«
    »Ich nehme an, dass Sie auf Ihrer Reise keinen Aufpasser brauchen. Lernen Sie Ihr Land einmal richtig kennen. Sie werden Dinge sehen, die Sie sich nie hätten träumen lassen. Sibirien ist wirklich noch das schlafende Land.«

    Auch auf Alexanders weiterer Reise sollte Kosyrew recht behalten. Aber nicht die Realität setzte Alexander zu, sondern die Erkenntnis, sich über Jahre hinweg mit seinen Geschäften abgekapselt und eine Scheinwelt aufgebaut und sich nur noch wenig für Vorfälle außerhalb seines Einflussbereichs interessiert zu haben.
    Alexander kannte wie kein anderer den Grund, wieso das System so lange hatte überleben können: Die Begünstigung, Bestechung und der Schwarzhandel am offiziellen Markt vorbei waren perfekt organisiert und funktionierten hervorragend. Die hohen Herren in Moskau kannten das Problem und die Tragweite, durften es aber nicht zugeben. Ein jeden offensichtlich hätte dies nämlich bedeutet, sie seien unfähig und bekleideten den falschen Posten. Deshalb log man von der untersten Instanz bis zur höchsten munter weiter, und in allen offiziellen Statistiken wurde die Übererfüllung des Plans ausgewiesen. Die Satellitenstaaten des Warschauer Pakts klatschten dem großen Bruder Beifall, ein dreifach Hoch auf den Sozialismus, und das Ausland nickte anerkennend. Erstaunlich, was die Sowjets alles auf die Beine stellen konnten.
    Aber diese Verlogenheit ging an die Substanz des Staates. Zuerst klammheimlich, seit mehr als zehn Jahren immer offener, musste man trotz Höchsternten die fehlende Menge an Getreide auf dem Weltmarkt einkaufen. Wertvolle Devisen, mit denen man die Technologie hätte modernisieren können, wurden dem Markt entzogen. Irgendwann würde es - davon war Alexander überzeugt - zum großen Knall kommen, und Leonid, dem er seine deprimierenden Reiseeindrücke schilderte, stimmte ihm zu.
    »Die sogenannten Reformen haben einen großen Nachteil«, meinte der Georgier. »Der Staats-und Polizeiapparat wirkt nicht mehr einschüchternd und abschreckend, jeder fühlt sich berufen, die Obrigkeit zu betrügen. Und je mehr diese Seuche eskaliert und Mode wird, desto geringer ist die Aufklärungsquote.«
    »Sag nur, du bist für das

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