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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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»Kombiniere doch mal. Wo sind denn im Augenblick viele Amerikaner. Außer in Amerika.«
    »Keine Ahnung.«
    »Viele Soldaten«, wurde Nadeike deutlicher und erklärte schließlich, das Corned Beef stamme aus Vietnam. Dort sei Krieg, Schlitzaugen gegen Großmäuler. Der Vietcong habe es den Amis abgenommen, die nähmen ihnen da unten einfach alles ab. Und dann gelangte es auf Umwegen in die UdSSR. Sozialistische Bruderhilfe nenne man so etwas. Immerhin würden sie ja auch mit sowjetischen Waffen versorgt. Und das nicht schlecht.
    »Das geht so einfach? Ich meine, die Sachen nach hier zu bringen?«
    »Nichts im Leben geht einfach. Aber der Vietcong hat unsere Militärs als Berater, und die benutzen natürlich ihre Drähte. Nenne mir jemand, der nicht seinen Vorteil sieht? Diese Ladung hier«, Nadeike deutete mit dem Daumen hinter sich, »haben sie mit unseren Militärkisten eingeflogen. Nach Semipalatinsk. Und von dort ging es, wie gesagt, den Irtysch runter bis Chanty-Mansijsk. Genau da wartete der liebe Markus, um seine Fracht in Empfang zu nehmen. Einen Teil habe ich bereits in Gorki verscherbelt, einen weiteren werde ich in Salechard los, der Rest geht nach Nyda, dort sind die Preise noch höher.«
    Alexander verstand die Welt nicht mehr. War er so lange im Straflager gewesen, oder gab es diese Art von Schieberei schon länger?
    »Die fliegen das Zeug einfach raus aus Vietnam?«
    »Ja. Mit Maschinen, die gewartet oder repariert werden müssen, das fällt nicht auf. Zuerst nach Wladiwostok, von dort weiter in verschiedene sowjetische Städte.«
    »Und keiner fragt danach?«
    »Doch, aber jeder kriegt seinen Anteil. In den Flugzeugen ist ja nicht nur Corned Beef. Jeans, kennst du Jeans?«
    »Nein.«
    »Das sind hellblaue Hosen, der Renner schlechthin. Sehen aus, obwohl neu, wie ein Jahr getragen. Also Jeans, medizinische Artikel, Fotoapparate, Schuhe, Whisky. Alles, was der dekadente Westen so zu bieten hat. He, warum fliegen wir denn so drauf?«
    Alexander wusste es nicht.
    »Vor sechs Wochen hatte ich eine Fuhre mit Whisky. Mann, das war vielleicht ein Geschäft.«
    Der Straßenbelag wurde fester und ging schließlich in eine Betondecke über, als sie in die Bezirkshauptstadt rollten. Meist säumten eingeschossige, erbärmlich und verkommen aussehende Holzhäuser die Straße, weiter zum Zentrum änderte sich das Bild. Die Anzahl der Geschosse nahm zu, viele der Gebäude mit flachen Dächern ruhten auf Pfosten. Hier und da erblickte Alexander ein Gasthaus, eine Gastinizia, oder einen Laden, vor einigen standen die Käufer noch um diese späte Stunde Schlange. Nadeike schien sich auszukennen, denn er steuerte eines der wenigen Hotels in der Stadt an.
    »Hier werden wir übernachten. Ich lade dich ein, durch dich habe ich einen Tag gewonnen. Außerdem fragt hier keiner nach deinem Ausweis.« Nadeike zwinkerte ihm vertraulich zu.
    Alexander hatte gebadet und Tag auf dem Bett. Ein richtiges Bett mit Matratze, einigermaßen weißen Laken und einem Kopfkissen. Außerdem war der Raum geheizt, und neben ihm auf dem Boden stand eine Kiste mit Corned Beef, sein Lohn für die Fahrt. Zusätzlich hatte ihm Nadeike noch hundert Rubel gegeben.
    Es ging auf Mitternacht zu. Aber Alexander konnte nicht einschlafen, denn Nadeike hatte ihm versprochen, es gäbe noch angenehmen Besuch. Und der klopfte gerade an der Tür.
    »Ja, bitte?«
    »Komm, Junge, lass mich schon rein. Soll ich hier draußen festwachsen?«
    Eine Frauenstimme, dunkel und verführerisch. Als Alexander die Dame bei Licht betrachtete, wirkte sie nicht mehr so verführerisch. Vierzig war sie bestimmt.
    Sofort begann sie sich zu entkleiden, dann nach einem Blick auf ihn meinte sie: »Los, mach schon. Ich habe nur eine halbe Stunde.«
    Alexander war verwirrt. Nackt stand sie vor ihm, mit wabbeligen Hüften und schlaffen Brüsten, und half ihm, die Hose auszuziehen. »Na, keine Lust?«
    »Doch, schon.«
    »Dann voran.«
    Sie zog ihn zum Bett und ließ sich einfach fallen. Zögernd streichelte er ihr Haar und sah es sich genau an, weil er schon lange kein Frauenhaar mehr gesehen hatte. Dieses war hellblond gefärbt, aber Alexander merkte es nicht. Dann schaute er in das grell geschminkte Gesicht, registrierte den herben Mund, die abschätzenden Augen mit dem Faltennetz drumherum. Und er roch den tabakgeschwängerten Atem.
    »Willst du mich malen?«
    »Wieso?«
    »Weil du mich so anstarrst. Komm, spring drauf.«
    Aber Alexander hatte keine große Erfahrung mit käuflichen

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