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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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September abzuliefern.«
    Nadeike rutschte in die Ecke, schob die speckige Mütze nach vorn, schloss die Augen und begann kurz darauf zu schnarchen.
    Obwohl erst kurz nach fünf am Nachmittag, wurde es schon früh dunkel. Alexander schaltete die Scheinwerfer ein, und bei dem schwachen Licht hatte er einiges zu tun, um nicht von der Straße abzukommen.
    Stunden später begegnete ihm ein anderer Lkw. Wie in Sibirien üblich, hielten die Fahrer an und quatschten ein paar Minuten, um auf Streckenschwierigkeiten aufmerksam zu machen und sich über dies und jenes auszutauschen: Wie es geht, was man geladen hat, ob es etwas zu tauschen gibt. Leider hatte der andere nichts anzubieten, und Alexander wusste immer noch nicht, was er kutschierte.
    »Vor Salechard ist eine Kontrolle. Fahr nicht zu schnell«, wurde er von dem Fremden gewarnt.
    Alexander erschrak.
    »Steck ihnen 50 Rubel zu, dann winken sie dich durch. Oder Tabak oder sonst was.«
    »Gute Fahrt.«
    Alexander hatte kein Geld, aber bis dahin würde wohl sein Begleiter ausgeschlafen haben. Das war eine Stunde später der Fall. Er reckte und streckte sich und nahm einen Schluck aus der Flasche. Anschließend kramte er unter dem Sitz, legte eine braune Tüte mit Brot, gekochten Fleischstreifen und Zwiebelringen auf seine Oberschenkel.
    »Auch was?«
    »Ja, gerne.« Alexander vermied es, gierig dreinzublicken.
    »Jetzt 'nen Schluck?«
    »Einverstanden.«
    Und dann aß Alexander mit Heißhunger sein erstes Brot seit Wochen. Den Wodka konsumierte er nur in kleinsten Schlucken, wegen der bevorstehenden Kontrolle und weil er ihn nicht mehr so recht gewohnt war.
    »Fahr rechts ran, wir tauschen die Plätze. Außerdem muss ich pinkeln.«
    Auf der Weiterfahrt erklärte ihm der Lette, er kenne die Leute an dem Kontrollposten, das werde er schon auf seine Art und Weise regeln.
    Eine halbe Stunde später wurden sie angehalten. Zwei Militärfahrzeuge standen auf der sich verjüngenden Straße so im spitzen
    Winkel zueinander, dass lediglich noch im Schritttempo eine schmale Durchfahrt passiert werden konnte, wollte man keinen der Lastwagen rammen. Die dazugehörige Besatzung, acht Pioniere in Tarnanzügen, hatten ihre Gewehre zu einer Pyramide zusammengestellt, saßen etwas abseits um ein Feuer und schauten noch nicht einmal auf. Nachdem Nadeike gestoppt hatte, trat ein Polizist in grauer Uniform näher. In der Hand hielt er eine Taschenlampe.
    »Na, Markus, wie steht es heute?« Da erst bemerkte der Milizionär, der in Sperrgebieten mit dem Militär die Kontrolle durchführte, Alexander auf dem Beifahrersitz.
    »Wer ist das?« fragte er Nadeike, der aus den Augenwinkeln zu den Soldaten schielte. Heute würde der Wegezoll teurer als sonst.
    »Landvermesser «
    »Name?«
    »Romuald Pagodin«, antwortete Alexander äußerlich ruhig.
    »Ausweis.«
    »Komm, mach kein Theater, der Junge ist sauber. Sein Auto hat den Geist aufgegeben.«
    »Gut, zwei Rationen mehr. Und etwas für die armen Schweine da drüben.«
    Der Milizionär deutete auf die Pioniere. » Einverstanden «
    Der Lette stieg aus und erkletterte den Aufbau des Lkw. Alexander hörte ihn hinter sich hantieren und wieder herunterspringen. Nadeike trat ins Scheinwerferlicht und überreichte dem Uniformierten einen Karton und einen Geldschein. Anschließend durften sie weiterfahren.
    »Du hast doch einen Ausweis?«
    »Klar doch.«
    »Einen freien oder einen limitierten?«
    »Einen freien.« Alexander sagte sich, ein Hauptmann wie Pagodin habe immer einen freien Ausweis und nicht einen limitierten, mit dem man nur bestimmte Regionen betreten durfte, Sperrgebiete ausgenommen. Und in ein solches fuhren sie nun hinein.
    »Natürlich, musst du ja als Landvermesser. Hier, das habe ich geladen.«
    Nadeike warf ihm eine eckige Dose hin. Da es in der Kabine zu dunkel war, schaltete Alexander eine Lampe an und bekam vor Verwunderung den Mund nicht mehr zu. Nach einigen Sekunden stammelte er: »Mensch, das ist ja amerikanisches Corned Beef.«
    Nadeike grinste. »Was denkst du, warum der Posten so scharf darauf ist.«
    »Und wo hast du das her?«
    »In Chanty-Mansijsk geladen. Kam den Irtysch runter, von Semipalatinsk.«
    »Wie, gibt es dort eine Fabrik für amerikanisches Corned Beef?«
    Nadeike lachte. »Du Dummkopf. Natürlich nicht. Was denkst du, wo es herkommt?«
    »Aus Amerika.«
    »Klar doch. Aber zwischendurch Tag es woanders. Na, wo könnte das gewesen sein?«
    Alexander kam nicht drauf.
    Nadeike kostete seine Überlegenheit aus.

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