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Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Titel: Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Weiss
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Knochen durchgefroren war, blieb er zunächst in seinem Unterstand liegen. Erst eine halbe Stunde später kramte er eine große Zange aus dem Rucksack und näherte sich geduckt dem Zaun. Seine Beine waren so verfroren, dass er kaum gehen konnte. Kurz bevor er die Absperrung erreichte, schloss er für einen kurzen Moment die Augen und sammelte sich. Dann kappte er sorgfältig Draht für Draht, bis eine eckige Öffnung entstand, die groß genug war, um ihn durchzulassen. Er schlüpfte hindurch und stellte das freigeschnittene Quadrat aus Draht provisorisch vor die Öffnung.
    Kritisch betrachtete er sein Werk. Selbst ein Blinder konnte die gewaltsame Öffnung des Zauns erkennen. Falls noch kein elektronischer Alarm ausgelöst worden war, blieb ihm jetzt wahrscheinlich noch eine gute Stunde, bis die Wache beim nächsten Kontrollgang das Eindringen registrieren und Alarm schlagen würde.

Kapitel 59
    Unruhig schritt Maximilian Sarrow an dem großen Eichentisch entlang, bis sein Blick an den Geweihen hängenblieb. Die weißgebleichten Schädel der gewaltigen Hirsche wirkten wie ein Omen. Kalt und mitleidlos starrten sie ihn aus dunklen Augenhöhlen an. Er atmete tief durch, ging zu dem Barschrank an der Wand und nahm eine Cognacflasche heraus. Grübelnd zog er den Korken und fragte sich, ob dort, wo seine eigenen Augen saßen, in Kürze auch nur noch dunkle Löcher sein würden.
    Als er die Flasche ansetzte, merkte er erst, wie trocken seine Kehle war. Regungslos stand er nach dem ersten Schluck mit der Flasche in der Hand da und blickte auf das Feuer im großen Kamin. Hatte er einen furchtbaren Fehler begangen?
    Die Flasche wanderte erneut an seine Lippen und verharrte diesmal länger. In seinem Kopf schwirrte die Furcht wie eine entfesselte Roulettekugel umher. Das Spiel, auf das er sich eingelassen hatte, war viel zu groß für ihn. „Va banque“, flüsterte er, ohne es zu wollen, und erschrak darüber. Allmählich fingen seine Nerven an verrücktzuspielen. Er stopfte den Korken wieder in die Flasche. Nur mit klarem Kopf würde er die nächsten Stunden überleben.
    Die Wirkung des Alkohols brachte neue Zuversicht. Bald würde für ihn die Zukunft beginnen. Er stellte die Flasche zurück und fuhr herum, als er hinter sich die Stimme hörte: „Wann geht es los?“
    Der Killer mit dem Engelsgesicht, der sich selbst Stutzer nannte, hatte lautlos den Raum betreten und sich ihm unbemerkt bis auf wenige Zentimeter genähert. Der Stutzer machte einen mitgenommenen Eindruck, aber er war noch immer hochgefährlich, das war Sarrow klar. Er hatte die blutigen Sachen gegen neue getauscht und war von einem Sanitäter behandelt worden. Doch seine Haut war so bleich wie die Schädel an den Wänden, und auch die Augen lagen tief unter der Stirn und hatten einen starren Blick angenommen. Auf Nase und Stirn entdeckte Sarrow zahllose Schweißperlen. Fieberhitze.
    „Thalberg ist im Turm“, antwortete Sarrow.
    „Auf was wartet der Alte denn noch?“
    Sarrow zuckte mit den Achseln. Plötzlich ertrug er die Anwesenheit des fiebrigen Killers nicht mehr. „Ich muss das Mädchen verhören.“
    Ein fragender, leicht amüsierter Blick traf ihn. „Ganz allein?“
    „Allein.“ Sarrow gab sich einen Ruck und ging vorsichtig am Stutzer vorbei. Er kam sich vor wie ein Verurteilter auf dem Weg zum Schafott, und für einen Moment lang wünschte er sich verzweifelt, seine Entscheidung rückgängig machen zu können. Doch es war zu spät.

Kapitel 60
    Nachdem die schwere Tür mit einem dumpfen Klang ins Schloss gefallen war, hatte das Zittern angefangen. Ein Schüttelfrost, der ihren ganzen Körper erfasst hatte. Kraftlos war sie zu Boden gesunken und kauerte mit verschränkten Armen und angezogenen Beinen auf dem kalten Steinboden. Eine dichte Stofftasche auf dem Kopf tauchte ihre Welt in Finsternis; sie wurde von einer dicken Schnur gehalten, die um ihren Hals lag. Agonie setzte sich in ihr fest wie langsam härtender Beton, und die einzige normale Regung, die ihr Körper zeigte, kam von ihrer drückenden Blase. Mit zusammengepressten Beinen saß sie da, erstarrt, bis sie auf einmal die Spannung verlor, zur Seite kippte und hemmungslos schluchzte. Jede vergossene Träne schien einen zarten, aber wirksamen Schutzschild über ihre Haut zu legen.
    Beruhige dich, flüsterte eine ferne Stimme. Du lebst. Beruhige dich. Du lebst!
    Ihre Lippen wiederholten die Worte wie ein Mantra. Sie versank in einem melodischen Singsang, der sie alles andere

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