Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Moment fanden seine Finger einen Stein. Er sprang auf und zog ihn dem Mann über den Schädel, gleichzeitig hielt er dem Wächter den Mund zu. Der Mann sackte lautlos zu Boden. Parker beugte sich über den reglosen Körper und hörte den Atem. Sofort holte er aus dem Rucksack einen Strick und ein breites Klebeband. Nach wenigen Minuten war der andere gefesselt und geknebelt. Ohne sich weiter um ihn zu kümmern, rannte Parker gebückt weiter zum Haupthaus.
Langsam schlich er sich an der Hauswand an das erste Fenster heran, das an der schmaleren Seite lag. Die hölzernen Fensterläden waren angelehnt, aber die Angel des Fensterladens bildete einen kleinen Spalt zwischen dem Mauerwerk und dem Laden, durch den Licht nach draußen fiel. Vorsichtig spähte er einmal kurz durch die Öffnung.
Sein Blickfeld war sehr eingeschränkt. Er konnte einen großen Raum erkennen, an dessen weißgekalkten Wänden die Trophäen von kapitalen Hirschen hingen. Aus den gebleichten Tierschädeln ragten die spitzen Enden mächtiger Geweihe bedrohlich in den Raum hinein. Auf der rechten Seite loderte ein Feuer in einem gewaltigen offenen Kamin. Über der Feuerstelle hingen gekreuzt ein Vorderladergewehr aus der Zeit Napoleons und eine mittelalterliche Streitaxt. Der Raum wurde beherrscht von einem massiven Eichentisch, um den vereinzelt Stühle standen. Am Ende des Tischs sah Parker einen Mann, den er nicht kannte. Ungefähr vierzig, Kinnbart und kurze blonde Haare. Parker veränderte seine Position vor dem Fenster, um die linke Seite des Raums zu begutachten, und vor Entsetzen hielt er für einen Moment die Luft an. Zoé saß angekettet an der Wand auf einem Holzstuhl. Neben ihr stand der Killer vom Mont Saint-Michel.
Sie lebt! Blanke Angst mischte sich mit Euphorie, und Parker wusste endgültig, dass er in Thalbergs Höhle eingedrungen war.
Er wagte noch einen Blick durch den schmalen Schlitz und presste das Gesicht fest an das kalte Holz, um seinen Blickwinkel zu erweitern. Wie vom Blitz getroffen zuckte er zusammen, als mit lautem Krach die schwere Eingangstür des Raums aufgestoßen wurde.
Zoé erschrak so sehr, als Thalberg den Raum betrat, dass ihre Kette laut rasselte. Vor einer Viertelstunde hatte Sarrow sie hierhergebracht. Die Augen hatte man ihr nicht wieder verbunden, und auch die Männer trugen keine Masken. Mit aller Kraft versuchte sie, sich ihre Todesangst nicht anmerken zu lassen. Doch was hatten sie bloß mit ihr vor?
Sie hatte Thalberg sofort wiedererkannt. Die akkurat gescheitelten schneeweißen Haare und die markante Nase, die unter wachen graublauen Augen hervorragte, waren unverkennbar. Wie ein Adler, dachte sie. Er hielt einen Laptop in der Hand, nickte Sarrow und dem Killer kurz zu und ließ seinen Blick flüchtig über sie schweifen. Langsam stellte er den Computer auf den Tisch.
„Meine Herren“, hob er an. „Wie Sie wissen, konnte die Hinterlegung des gesamten Kaufpreises von den Banken bestätigt werden, vor knapp einer Stunde. Das heißt für uns, dass nun endlich die letzte Phase der Operation begonnen hat: die Übergabe des Bernsteinzimmers gegen die Auszahlung des Kaufpreises.“ Er hielt kurz inne. „Wie verabredet, werde ich Ihnen, Stutzer, nun als Beweis meiner Ernsthaftigkeit das Versteck des Bernsteinzimmers offenbaren.“ Er deutete ein Lächeln an. „Und Sie werden das dem Konsortium bestätigen.“ Mahnend hob er seinen Zeigefinger. „Wohlgemerkt, Sie werden nur bestätigen, dass Sie den Aufenthaltsort kennen – nicht aber den Ort selbst nennen. Klar?“
Der Stutzer nickte. „Wo haben Sie es versteckt?“
Wortlos trat Thalberg an den massiven Eichentisch, auf dem er den Laptop abgestellt hatte, klappte ihn auf und startete ihn.
Surrend fuhr die Rechenmaschine hoch. Nach einigen Klicks öffnete sich eine Datei mit einem alten Plan. Angestrengt versuchte Zoé, die Details zu erkennen, aber sie saß zu weit vom Computer entfernt. Aber eine Sache war ihr nicht entgangen: Thalberg hatte keinerlei Passwörter eingegeben, um die Datei zu öffnen.
Der Killer schien die Informationen auf dem Screen zu verschlingen. Seine glasigen Augen begannen zu leuchten, als er den Plan betrachtete. „Phantastisch!“, murmelte er. „Und da liegt es seit Kriegsende?“
Nach einem kurzen Moment antwortete Thalberg: „Nicht ganz, erst seit den fünfziger Jahren.“
„Wie haben Sie das hingekriegt?“ In der Stimme des Stutzers lagen Bewunderung und Fassungslosigkeit. „Ich meine, das ist
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