Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
geputzten schwarzen Stiefel, die Pistole am Gürtel mit dem imposanten Koppelschloss und die leicht schräg auf dem blondgelockten Haupt sitzende Offiziersmütze so deutlich vor sich, als ob er sich selbst vor über sechzig Jahren in der Hauptstadt Ostpreußens befunden hätte. In Parkers Imagination versprühte Falkenhayn sowohl preußisches Selbstbewusstsein als auch einen sympathischen Hauch von Lässigkeit.
Die Hitze des Feuers ließ das Harz des Holzes austreten, und von einem lauten Knacken begleitet, flog ein Funken aus dem Kamin. Parker rieb sich die Augen. Niemals hätte er sagen können, warum seine Vorstellung von Falkenhayn genau die war, die er gerade vor seinem inneren Auge gesehen hatte. Aber wenn das Bild wirklich die Quintessenz von allen Informationen war, die er bewusst oder unbewusst bisher erhalten hatte, dann konnte er sich nicht vorstellen, dass der alte Offizier seine Kameraden verriet. Ob wirklich der Verkauf des Bernsteinzimmers drohte? Auf was für ein lebensgefährliches Spiel hatte Falkenhayn sich da eingelassen, und welches Ziel verfolgte er wirklich?
Parker beugte sich vor und nahm ein dickes Holzscheit vom Stapel neben dem Kamin. Er warf es in die Flammen, die sich gierig über das trockene Holz hermachten.
Ein lautes Knarren der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
Zoé betrat die Hütte. Sie war kurz zuvor ohne Jacke hinausgegangen und rieb sich frierend die Hände an den Armen. Sorgenfalten lagen auf ihrer Stirn. „Nichts zu sehen von ihm“, sagte sie. „Nicht die geringste Spur. Dabei müsste er längst wieder hier sein. Wir warten jetzt schon fast zwei Stunden.“
Parker überkam eine dunkle Ahnung. Nach seiner Schätzung verblieb ihnen höchstens noch eine Stunde Tageslicht. Danach würden sie endgültig auf der Alm festsitzen. Er stemmte sich auf den Armlehnen aus seinem Sitz hoch. „Lassen Sie uns die Zeit nutzen, das Gelände ein wenig zu erkunden, solange wir noch Licht haben. Falkenhayn wollte nach einer Stunde wieder hier sein, das heißt, wir sind vielleicht gar nicht so weit von seinem Stützpunkt entfernt.“ Parker schritt auf sie zu und nahm die Jacken vom Haken. Zoé warf ihm einen unsicheren Blick zu und öffnete die Tür. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen etwas.“ Durch die Tür fiel Parkers Blick auf den Waldrand. Die Sonne hatte ihren Zenit bereits weit überschritten, und ihre Strahlen drangen nicht mehr über die Baumkronen hinweg. „Sehen Sie den großen Felsbrocken da drüben?“
„Ja.“ Selbst im Dämmerlicht war der Stein unübersehbar.
„Mir kommt das alles auf eine unwirkliche Weise vertraut vor, so als hätte ich von dem Stein schon oft geträumt.“ Sie zog die Augenbrauen zusammen und zuckte mit den Achseln. „Aber ich kann mich nicht erinnern, jemals hier gewesen zu sein. Sehen Sie auch den Pfad, der links neben dem Felsen in den Wald führt? Genau dort ist Falkenhayn verschwunden.“ Sie blickte ihn fragend an.
Obwohl seine Sehstärke ungetrübt war und er im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen keine Brille benötigte, vermochte er keinen Pfad auszumachen, aber das Licht auf der Alm wurde immer trüber. „Von hier kann ich nichts erkennen. Lassen Sie uns doch einfach nachschauen.“
Sie zogen die Jacken an und traten ins Freie. Zügig schritten sie über den Schneeboden, direkt auf den Fels zu. Ungefähr fünf Meter vor der Waldgrenze konnte Parker noch immer keinen Weg ausmachen.
„Sind Sie sicher, dass hier ein Pfad abgeht?“
Auch Zoés Miene verriet nun Skepsis. Schnell steuerte sie den mächtigen Stein an. Dort angekommen, drehte sie sich verblüfft zu ihm um. „Sie haben recht. Der Pfad ist von der Hütte aus gar nicht einsehbar. Was ich für einen Waldweg gehalten habe, sind nur zwei dunkle Sträucher.“ Mit geweiteten Augen fügte sie hinzu: „Der eigentliche Weg beginnt genau hinter dem Felsen.“
Erst als Parker den Waldrand erreicht hatte, konnte er den Pfad erkennen, der tatsächlich verborgen hinter dem Felsen in den Wald führte. Nur jemand, der das Gelände sehr gut kannte, war in der Lage, ihn zu finden. „Vermutlich haben Sie sich eingebildet, einen Pfad zu sehen, weil Falkenhayn an dieser Stelle den Wald betreten hat.“
Sie schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, ich habe keine Zweifel mehr“, sagte sie und legte ihre Hand auf den Stein. „Ich kenne diesen Felsen – und auch den Weg!“
„Wissen Sie denn, wohin der Pfad führt?“
Ratlos hob sie die Hände. „Ich habe nicht die geringste
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