Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
rechts neben dem Eingang, kreuzten sich zwei Blücher-Säbel.
„Wow!“, stieß Zoé aus, aber sie meinte nicht die Waffensammlung, sondern die vier Meter breite Fensterfront, die einen umwerfenden Blick auf das von der Abendsonne erleuchtete Felsmassiv bot. In der Nähe des Panoramafensters hatte Falkenhayn ein schweres, braunes Ledersofa plaziert, das komplettiert wurde von einem runden Tisch mit einer Platte aus rötlichem Marmor mit grünen Einsprengseln. Feinster Marxgrüner Marmor, registrierte Parker, während er mit der Hand über das brüchige Leder des Sofas strich. „Falkenhayn! Sind Sie da?“, versuchte er es noch einmal, aber ohne Reaktion.
Zoé war an die massive Fensterscheibe herangetreten und legte ihre Stirn gegen das Glas. „Vielleicht ist er draußen und hat deshalb die Tür offen gelassen.“
Parker steckte die Hände in die Jackentaschen und schaute sich nachdenklich um. Im hinteren Teil des Wohnzimmers führte eine Wendeltreppe ins Obergeschoss, und am Ende des Raums sah er eine weitere Tür. Parker entschied sich für die Tür, drückte die Klinke herunter und zog sie auf. Ein hell erleuchtetes Zimmer erwartete ihn, das einen alten Gasherd beherbergte. Er war in der Küche gelandet. Auf der Küchenplatte stand eine beschlagene Wodkaflasche, die jemand kurz zuvor aus dem Eisschrank geholt haben musste.
Parker ließ noch einen zweiten Blick durch die Küche schweifen, bevor er beschloss, den Rückzug anzutreten und das Obergeschoss genauer unter die Lupe zu nehmen. „Hier ist er nicht“, sagte er, als er die Küchentür wieder hinter sich schloss. Doch seine Begleiterin war verschwunden.
„Zoé?“, rief er.
Statt einer Antwort hörte er ein knarrendes Geräusch über sich – als ob jemand ein oder zwei Schritte auf der oberen Etage gemacht hätte.
Er hob den Kopf. „Zoé?“
Nach einem Augenblick der völligen Stille erscholl von oben ein entsetzter Schrei und jagte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Zoé!“, schrie er und rannte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch. Oben gelangte er in einen Flur, der zu einem weiteren Zimmer führte. Die Tür stand offen. Zoé kniete auf der Türschwelle und schluchzte, den Kopf in den Händen vergraben. Er näherte sich ihr, ging in die Hocke und legte den Arm um sie. Sie brauchte ihm nicht zu erklären, was sie so erschreckt hatte.
Falkenhayn lag keine zwei Meter vor ihr ausgestreckt auf dem Boden. Neben seinem regungslosen Körper stand ein Stuhl, und ungefähr einen Meter entfernt lag eine Pistole. Falkenhayns Kopf fehlte auf der linken Seite ein beträchtlicher Teil der Schädeldecke. Dort, wo zuvor das schüttere Haar gewesen war, befand sich nur noch ein blutiger Brei aus Knochensplittern und Gehirnmasse, der sich teilweise auf die Holzdielen ergossen hatte. Unverständlicherweise schien der alte Mann zu lächeln.
Parker unterdrückte die aufkommende Übelkeit, hob Zoé mit den Armen hoch, trug sie zurück in den Flur und setzte sie vorsichtig auf dem Boden ab. Als er sie gegen das Treppengeländer lehnte, traf ihn ihr tränenerfüllter Blick. „Wir müssen aufhören, Benjamin! Lass uns aufhören!“ Sie griff nach seiner Hand. Schweigend streichelte er ihr über die feuchten Wangen. Sie hatte recht, aber er bezweifelte, dass es noch ein Zurück gab. Was auch immer sie unternahmen, die Mörder folgten ihrer Fährte. Um zu überleben, gab es nur noch einen Weg: Sie mussten herausbekommen, was sich hinter der Bernsteinzimmer-Verschwörung verbarg.
Parker überlegte. Falkenhayn war aus der Almhütte aufgebrochen mit dem Versprechen, den endgültigen Beweis für die Existenz des Bernsteinzimmers zu holen. Er war in sein Haus zurückgekehrt, hatte sich in der Küche einen Wodka genehmigt und war in sein Arbeitszimmer gegangen. So weit, so gut – aber dann hatte er es sich plötzlich anders überlegt und sich umgebracht. Parker seufzte laut. Das ergab keinen Sinn.
Zoé schluchzte und drückte sich an ihn. Er streichelte über ihren Kopf, aber seine Gedanken blieben bei Falkenhayns mysteriösem Tod. Es kamen nur zwei Möglichkeiten in Betracht: Entweder Falkenhayn hatte die Wahrheit gesagt, dann befand sich der Beweis für das Bernsteinzimmer hier im Haus – oder er hatte sie angelogen und hatte vielleicht schon in der Almhütte den Plan gefasst, sich das Leben zu nehmen. Dafür sprach, dass er ihnen die Friedrich-Intarsie dagelassen hatte, sozusagen als Abschiedsgeschenk. Die Frage ließ sich nicht klären,
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