Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
einen geheimen Stollen im Erzgebirge gefunden, der noch nicht mit Kunstschätzen vollgepackt war, und Anfang April alles dorthin geschafft – übrigens genau an dem Tag, als General Lasch in Königsberg kapituliert hat, am 9. April 1945.“ Er lachte kehlig und dröhnend. „Tja, und spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte Foch endgültig die Kontrolle über das Bernsteinzimmer verloren, er saß ja noch bis Ende April 1945 in seinem Bunker im Samland fest.“ Falkenhayn nahm einen Schluck von dem Wodka und fuhr mit heiserer Stimme fort: „Und das war unsere Chance! Wir haben das Bernsteinzimmer übernommen und in ein anderes Versteck im Erzgebirge gebracht, wo es sicher untergebracht war, bis wir es 1949 endlich nach Westdeutschland holen konnten.“
Zoé rutschte auf ihrem Stuhl herum. Ein Punkt war unerwähnt geblieben. „Ryst ist kurz nach dem Krieg gestorben, obwohl seine Schussverletzung eigentlich gut verheilt war.“
Falkenhayn trank und beobachtete sie aus den Augenwinkeln. „Eine Menge Leute sind zum Schweigen gebracht worden. Ryst ist einer von ihnen.“ Ihr kroch eine eisige Kälte über den Rücken, als Falkenhayn leichthin mit den Achseln zuckte. „Ryst gehörte zu Foch. Er musste weg. Jeder, der nicht zum inneren Kreis gehörte, wurde früher oder später erledigt.“ Falkenhayns harter Blick traf sie. „Das Bernsteinzimmer war alles, was wir hatten. Um keinen Preis durften wir es wieder verlieren.“
Zoé glaubte ihm jedes Wort und verstand doch nichts. „Und warum haben Sie mich kontaktiert und all die Informationen plötzlich preisgegeben? Warum haben Sie nicht weiter geschwiegen?“
Falkenhayn biss die Zähne aufeinander. Ein endloser Moment der Stille trat ein. „Weil ich dazu gezwungen war“, sagte er schließlich.
„Warum?“ Zoé bemerkte seine fast körperliche Pein.
Er rang mit sich. Dann brach es aus ihm heraus: „Das Bernsteinzimmer soll verkauft werden!“ In der Trübnis seiner Augen blitzte Entsetzen auf. „Deutschland darf das Bernsteinzimmer nicht noch einmal verlieren. Ich werde das verhindern.“
Zoé wurde allmählich klar, in welchen gefährlichen Kampf er Parker und sie mit hineingezogen hatte. Ihre Wangen glühten, und sie fröstelte zugleich.
„Wer ist der Käufer?“, fragte Parker, der Falkenhayn nicht aus den Augen gelassen hatte.
„Russen, wer denn sonst?“ Der alte Mann erhob sich mühsam und griff sich sein Gewehr. „Es sind immer Russen.“ Kerzengerade schritt er zur Tür und nahm seinen Mantel vom Haken. Als er schon draußen war, drehte er sich noch mal um und rief durch die offen stehende Tür: „Warten Sie hier. Ich bin spätestens in einer Stunde zurück – dann bekommen Sie Ihren Beweis.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, stapfte er durch den Schnee auf den Wald zu.
Zoé stand auf und schloss die Tür hinter ihm, noch leicht benommen von dem Gespräch. Als die Tür ins Schloss fiel, überkam sie eine seltsame Ahnung. Widerstrebend öffnete sie den Eingang einen Spaltbreit und spähte hinaus. Falkenhayn hatte die offene Fläche fast schon hinter sich gelassen, zielstrebig steuerte er auf den nahe gelegenen Waldrand zu. Zoé hielt den Atem an und presste ihre Fingerkuppen gegen das kalte Holz der Türzarge. Erschrocken sah sie, wie der Alte den kleinen Pfad neben dem Felsbrocken einschlug und im Wald verschwand.
„Was ist los?“, fragte Parker.
„Ich weiß es nicht“, antwortete sie, und ein kalter Hauch drang durch die geöffnete Tür ins Innere.
Kapitel 32
Parker hatte es sich auf einem schweren Holzstuhl vor dem Kaminfeuer bequem gemacht, während Zoé von innerer Unruhe getrieben vor die Tür getreten war, um nach Falkenhayn Ausschau zu halten. Es war ihm nicht entgangen, dass sie nicht nur Falkenhayns verspätete Rückkehr beunruhigte, sondern noch etwas anderes, doch sie behielt es für sich.
Er streckte seine Beine aus, blickte gebannt ins Feuer und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Oft genug hatte er die Erfahrung gemacht, dass sich äußerst verwickelte und auf den ersten Blick unverständliche Sachverhalte intuitiv besser erfassen ließen als durch angestrengtes Grübeln. Die Flammen verschwammen vor seinen Augen zu einem goldenen Meer, das sein Gesicht warm umspülte. In seiner Vorstellung sah er Falkenhayn als jungen Mann vor sich, wie er stolz durch das alte Königsberg schritt, in einer makellos sitzenden Wehrmachtsuniform und mit einem herausfordernden Lächeln für die vorbeischlendernden Damen. Er sah die blank
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