Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Wir müssen weiter!“
„Auf zur Hütte“, sagte er.
„Nein“, erwiderte sie. „Zurück zu Falkenhayns Haus.“
Er traute seinen Ohren nicht. Der Kuss schien sie noch weitaus mehr aus der Bahn geworfen zu haben als ihn selbst.
„Wir müssen zurück“, insistierte sie. „Es ist die einzige Chance, wenn wir morgen bei meiner Großmutter sein wollen.“
Er verstand nicht recht, was sie meinte. „Wo wohnt denn deine Großmutter?“
„Das ist ja das Problem. Sie lebt in Frankreich, genauer gesagt in der Bretagne. Wir müssen noch heute Nacht losfahren.“ In ihrer Stimme lag ein besorgter Ton. „Sonst kommen wir vielleicht zu spät. Das Forsthaus Valepp erreichen wir heute Abend nur noch über den Abstieg von Falkenhayns Haus. Von der Almhütte kommen wir in der Dunkelheit nicht mehr weg. Das geht erst morgen früh. Wir verlieren eine ganze Nacht.“
Parker war sich nicht so sicher, ob eine Nacht mit Zoé wirklich verloren wäre, aber er begriff ihre Sorge. Trotzdem graute ihm bei dem Gedanken, zu Falkenhayns Chalet zurückzukehren.
Kapitel 35
Keine fünf Minuten später kauerten sie verborgen in der dichten Tannenschonung, die sich auf dem Berghang neben Falkenhayns Chalet ausbreitete. Von ihrem Versteck beobachtete Zoé den Weg zwischen der Eingangstür und dem Abstieg, der einige Meter von ihnen entfernt lag. Zwei dicke Pfosten aus Holz markierten links und rechts den Zugang zur Treppe. Gespannt warteten sie auf die Rückkehr des alten Mannes und seines furchterregenden Handlangers. Zoé schaute zum Haus hinüber. Ein grelles bläuliches Licht flackerte im weiten Fenster des Wohnzimmers auf und erhellte für einen kurzen Augenblick die umstehenden verschneiten Bäume, begleitet vom zischenden, kreischenden Geräusch des Schneidbrenners. „Echt gruselig“, murmelte sie.
Die Minuten vergingen schleppend und ereignislos. Aber nach einer Weile vernahm Zoé ein Geräusch und erstarrte vor Schreck. Auch Benjamin schien der Laut nicht entgangen zu sein. Mit zusammengekniffenen Augen blickte er angestrengt zu den beiden Pfosten hinüber. „Ein Hund“, flüsterte er ungläubig.
Wie zur Bestätigung schallte erneut lautes Bellen durch die Nacht. Und kurz darauf erklomm ein junger grauer Hund die letzten Stufen des Abstiegs und lief geradewegs auf die Schonung zu, um genau davor zu verharren. Die Nüstern des Tiers bebten. Zoé spähte regungslos durch die Zweige. Der Hund schnüffelte hektisch den Boden ab. Er drehte sich zweimal um sich selbst und blieb schließlich mit der Schnauze im Schnee stehen. Die Ohren stellten sich auf, und dann drang er in die Schonung ein und kam direkt auf sie zu. Als er Zoé und Parker entdeckte, verharrte er und stieß ein lautes Bellen aus.
Parker machte eine abweisende Handbewegung, und der Hund wich zurück. Abwartend blickten die braunen Hundeaugen sie an. Instinktiv streckte Zoé die Hand aus und streichelte das junge Tier. Parker fasste den Hund am Kopf und stieß ihn sanft in Richtung des Hauses. „Lauf!“, flüsterte er.
Doch er ließ sich nicht wegscheuchen.
Im Gegenteil, er kam immer näher an Zoé heran und leckte zutraulich über ihre ausgestreckte Hand. Wir sind verloren, dachte sie. In wenigen Augenblicken würden die beiden Männer wieder oben sein und der Hund ihr Versteck verraten.
Da ertönte ein schriller Pfiff, und der Hund verharrte.
„Tankred!“ Die Stimme des weißhaarigen Anführers drang laut und deutlich durch die Dunkelheit. „Fuß!“
Wie der Blitz stürmte das Tier zurück auf den Weg, und im gleichen Moment kamen die beiden Männer die Treppe nach oben, gespenstisch in das blaue Licht des Schneidbrenners getaucht, der fauchend wieder eingesetzt hatte. Zoé zuckte reflexartig zurück, als der bullige Killer seinen Kopf in ihre Richtung drehte. Unter ihren Knien knirschte der Schnee, und sie bebte vor Schreck.
Doch der Killer hatte sich schon wieder abgewandt und gab dem Hund einen Klaps auf den Kopf.
„Noch mal gutgegangen“, flüsterte Parker.
„Ja“, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Der Hund hatte sich folgsam an die Seite des Anführers gesellt und rieb seine Schnauze an dessen Bein, während die kleine Gruppe schweigend auf das Haus zuging.
Als die Tür ins Schloss fiel, atmete Zoé tief durch. „Ich dachte, ich werde ohnmächtig, als der Hund auf uns zukam“, sagte sie erleichtert.
„Ein Weimaraner!“ Parker lächelte sie an. „Ein kluges und liebes Tier, nicht wahr?“ Nach Zoés Miene zu urteilen,
Weitere Kostenlose Bücher