Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Amuletts wieder zu und blickte ihn an.
In diesem Augenblick hörte er die Geräusche aus der unteren Etage und erstarrte genauso wie Zoé.
Eine schroffe Stimme durchschnitt die Stille. „Er liegt oben im Arbeitszimmer. Kopfschuss. Holt euch ein paar Mülltüten aus der Küche und tragt ihn herunter. Wir nehmen ihn mit.“ Die Stimme des Mannes wies unverkennbar das Timbre eines höheren Alters auf. „Und bringt mir das Amulett, das er in der Hand hält, und die Waffe.“
Parker hörte, dass jemand in die Küche ging und Schränke öffnete, dann das Geräusch eines zündenden Feuerzeugs, und kurz darauf drangen Rauchschwaden nach oben. Zoé flüsterte in sein Ohr: „Wir müssen uns verstecken!“
Doch Parker fühlte sich magisch angezogen von der Wendeltreppe und näherte sich lautlos dem Treppenabgang. Vorsichtig lugte er über das Geländer. Durch die Treppenöffnung war sein Blickfeld stark eingeschränkt, dennoch konnte er den älteren Mann mit der qualmenden Zigarette im Mund gut erkennen. Die klar gescheitelten schlohweißen Haare und die markante Nase des mutmaßlichen Anführers stachen auch von Parkers erhöhter Position aus ins Auge. Er hatte genug gesehen, um ihn wiederzuerkennen. Es waren viele Jahre vergangen, aber es handelte sich unzweifelhaft um den Offizier mit dem fanatischen Blick, der neben Falkenhayn auf dem Foto stand. Seelenruhig zog der ehemalige Wehrmachtsoffizier an seiner Zigarette, während ein weiterer Mann einen Schneidbrenner aus einer größeren Tasche befreite. Aus der Küche vernahm Parker die Flüche des dritten Mannes, der offenbar keine Mülltüten fand und unverrichteter Dinge zurückkehrte.
Schnell zog Parker seinen Kopf zurück und folgte Zoé auf Zehenspitzen bis in Falkenhayns Arbeitszimmer. Sie schauten sich nach einem geeigneten Versteck um und fanden keins. Das Fenster hinter dem überladenen Schreibtisch sah uralt aus und schien seit Jahren nicht mehr geöffnet worden zu sein. Nie im Leben hätten sie es unbemerkt in der kurzen Zeit aufreißen können – und ob es draußen an der Hauswand überhaupt eine Fluchtmöglichkeit gab, war zweifelhaft. Nur die offene Tür, die ins Schlafzimmer führte, bot eine letzte verzweifelte Chance. Geräuschlos schlichen sie in das Zimmer und drückten sich eng an die Wand hinter der offenen Tür. Parker stand der Schweiß auf der Stirn, und auch Zoés Gesicht schien zu glühen vor Aufregung. Als er Schritte hörte, die die Treppe heraufkamen, zog sich ihm der Magen zusammen. Stocksteif stand er hinter der Tür, als Zoé sich plötzlich bewegte. Wie ein Schatten glitt sie um die Tür herum zurück ins Arbeitszimmer. Durch den schmalen Spalt zwischen Türrahmen und Tür sah er mit angehaltenem Atem, dass sie sich dem Toten näherte. Sie nahm Falkenhayns linke Hand und drückte das Bernsteinamulett hinein. Die Schritte von der Treppe kamen näher, und Parker schickte ein stummes Stoßgebet zum Himmel. Lautlos und geschmeidig kehrte Zoé hinter die Tür zurück – nur wenige Sekunden bevor die Männer die obere Etage erreichten.
„Bah!“, hörte Parker einen von ihnen. „Der Kopf ist ja fast weg. Wir brauchen doch eine Tüte.“
„Gibt es hier nicht“, sagte der andere mit einem ausgeprägten gutturalen Ton in der Stimme.
„Dann hol den Teppich von da drüben aus dem Schlafzimmer!“
Zoé griff nach Parkers Hand. Und mit Schrecken erinnerte er sich an den persischen Teppich, der vor Falkenhayns Bett lag. Falls der Mann auch nur einen flüchtigen Blick hinter die Tür warf, wären sie verloren. Laut polterte der Verbrecher ins Schlafzimmer, und für einen Sekundenbruchteil sah Parker ihn durch den Spalt zwischen der Tür und dem Türrahmen. Der kurze Blick genügte, um ihm das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Unverkennbar war es der bullige Killer aus dem Adlon. Er hörte, wie der Mann den Teppich packte und aus dem Zimmer schleifte. Die nächsten Minuten zogen sich wie Stunden, aber schließlich hievten die beiden Männer Falkenhayns Leiche unter lauten Flüchen die enge Wendeltreppe hinunter.
Im Halbdunkel des Schlafzimmers leuchteten Zoés Augen vor Erleichterung. Sie schmiegte sich an Parker, und für einen Moment vergaß er, in welcher Situation sie sich befanden. Noch war die Gefahr nicht vorüber, rief er sich in Erinnerung, sosehr er die unerwartete Rettung und Zoés strahlendes Gesicht auch genoss.
Wieder erscholl die Stimme des älteren Anführers. „Wir bringen Falkenhayn runter. Du bleibst hier oben und
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