Der Königsschlüssel - Roman
ging sie zum Arbeitsplatz zurück.
Cephei hatte inzwischen gegessen und hielt sich bereit, ihr zur Hand zu gehen. Sie selbst hatte keinen Hunger.
»Heb mal den Deckel auf«, sagte sie, während sie das nötige Werkzeug zusammensuchte.
Kaum hatte er die Winde in Gang gesetzt, kam ein Schwall heißer Luft in die Schmiede geschwappt. Der größte Teil zog gleich weiter durch den Kamin über dem Bodenloch ab, aber ihnen brach dennoch der Schweiß aus.
Vela erwärmte den verklumpten Schlüssel. Er schmolz nicht, wurde lediglich zu einer formbaren, weichen Masse, der sie mit ihrem Hammer eine grobe Form gab. Dabei hielt Cephei Abstand und sah Vela zu, wie sie ein ums andere Mal den Schlüssel erhitzte, abkühlen ließ, wieder erhitzte und zögerlich immer weiter bearbeitete, während ihr der Schweiß über Stirn, Arme und Rücken lief.
Sie durfte keinen Fehler machen, und der viergeteilte Bart des Königsschlüssels war mit filigranen Zacken und Spitzen so schrecklich kompliziert. Stück für Stück näherte sie sich seiner
groben Form an. Immer wieder hielt sie Original und Kopie prüfend nebeneinander. Dabei achtete sie penibel darauf, dass der echte Königsschlüssel der gefährlichen Lavahitze und dem Feuerloch nicht zu nahe kam.
»Was glaubst du, ist in der Kiste?«, fragte Cephei nachdenklich.
»Keine Ahnung? Zauberformeln?«
»Mhm. Ist doch eigenartig, dass ausgerechnet ein Bild der Ruinenstadt darauf zu sehen ist. Was hatte Anibas Vorgänger wohl damit zu schaffen? Ob er mal dort gelebt hat?«
»In Sanjorkh?« Vela schüttelte den Kopf. »Schwer zu glauben. Da kann doch nichts leben. Außer den Käfern.«
Doch Cephei schien weiter darüber zu grübeln. Sollte er - Hauptsache, er ließ sie in Ruhe arbeiten. Hin und wieder warf er ihr Blicke zu, aber sie wusste, dass das nichts mit ihrer Arbeit zu tun hatte, sondern mit den Hexenmalen. Wahrscheinlich wusste er nicht, wie er damit umgehen sollte. Sie wusste selbst nicht, ob sie nun mutig oder dumm gewesen war. Aber er würde sich mit der Zeit schon daran gewöhnen - und sie hoffentlich auch.
Stundenlang arbeitete sie, zweifelte, hämmerte, nannte sich größenwahnsinnig und ihr Vorhaben wahnwitzig , verbiss sich wieder in die Arbeit und formte stur weiter. Dann wusste sie, dass sie nun mit dem Hammer nichts mehr erreichen würde.
Sie kühlte den Schlüssel aus und aß von den kalten Nudeln und alles Fleisch, das übrig war. Ihr Magen knurrte nicht mehr nur, er schrie bereits nach einer Mahlzeit.
Noch einmal hielt sie die beiden Schlüssel nebeneinander und nickte zufrieden. So weit war es gelungen. Sie atmete tief durch und begann mit der Feinarbeit. Sie feilte hier ein Stück ab, dann dort. Ganz langsam, um sich mit dem Material vertraut
zu machen. So leicht dieses Sternengold auch war, so hart war es. Aber Vela kam voran, immer deutlicher nahm der Bart den Umriss des Königsschlüssels an.
Während der ganzen Zeit ließ sich Aniba nicht mehr blicken. Um sie blieb alles ruhig, auch von anderen Burgbewohnern war nichts zu hören oder zu sehen. Kein Schmied stolperte herein und beanspruchte den Werkraum für sich.
Vela feilte und klopfte weiter, sogar Cephei hatte sie aus ihren Gedanken verdrängt. Er hatte sie nicht mehr angesprochen und auch sonst keine störenden Geräusche verursacht. Sie sah sich nicht um, um zu sehen, ob er schlief oder was er tat, alles, was jetzt zählte, war ihr Schlüssel.
Gebannt starrte sie auf den Königsschlüssel und übertrug in Gedanken seine Form auf ihren neuen. Sie atmete den schweren Geruch der Lava ein, den Duft erhitzten Metalls, und wusste genau, was sie zu tun hatte. Es war wie am Schrottfluss, als sie dessen Melodie aufgenommen hatte, seinen Rhythmus, und ganz in die Arbeit versunken gewesen war. Hatte sie auch zuvor gezweifelt, sah sie nun doch die Form des Schlüssels so deutlich vor sich wie noch nichts in ihrem Leben. Sie war sich jedes Handgriffs sicher.
Völlig vertieft in die Arbeit vergaß sie die Zeit und alles andere um sich herum, feilte und verglich und feilte weiter, bis sie schließlich zum letzten Mal den feinen Metallstaub vom Bart blies und die beiden Schlüssel nebeneinanderhielt.
Ihre Griffe waren unterschiedlich, doch die Bärte glichen sich aufs Haar. Lange starrte sie darauf, konnte jedoch keinen Unterschied feststellen. Dann knurrte ihr Magen, aber die Schüsseln waren inzwischen wieder verschwunden. Sie sah Cephei fragend an.
Er zuckte die Schultern. »Die waren irgendwann einfach
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