Der Königsschlüssel - Roman
Stück Zuhause und gab ihr Sicherheit. Ohne ihn würde sie sich nackt fühlen.
»Was ist nun, Vela, bist du bereit, den Handel einzugehen, oder willst du den Preis lieber nicht zahlen?« Geduldig blickte Aniba auf sie herab. Was bedeutete der Hexe dieser Hammer? Für sie konnte es doch nur ein schlichtes Werkzeug sein.
»Gib ihn ihr«, sagte Cephei neben ihr,
als hätte er nicht gerade noch von dem Handel abgeraten. »Das ist doch nichts.« Er schien erleichtert, dass die Hexe nicht ihr Blut, irgendwelche Körperteile oder ihren Erstgeborenen verlangt hatte, wie es in den Geschichten der Klatschweiber hieß.
Aber er verstand auch nicht, was ihr der Hammer bedeutete, und dass sie sich ohne ihn schutzlos fühlte. Hilflos, genau wie damals, als sie ihrem Vater nicht helfen konnte …
Doch jetzt hatte sie die Möglichkeit, ihm zu helfen. Sie musste sich nur trauen. Weitere Augenblicke verstrichen, in denen sie hin und her gerissen war zwischen ihrer Furcht und dem Verlangen, ihrem Vater zu helfen.
Mit zittrigen Knien ging Vela auf Aniba zu und versuchte, ihre Stimme fest klingen zu lassen: »Bitte gib mir den Königsschlüssel, damit ich versuchen kann, eine Kopie davon herzustellen.«
Aniba hob den Finger. »Glaub bloß nicht, du könntest damit abhauen.«
»Ich weiß.«
Aniba streckte die Hand aus, und langsam legte Vela den Hammer hinein. Es dauerte noch einige Herzschläge, bis sie in der Lage war, selbst die Hand zurückzuziehen, so fest hatten sich ihre Finger um den Stiel geschlossen. Es war, als würde sie mit dem
Hammer auch Erinnerungen an ihren Großvater aufgeben, Hoffnungen und Träume. War es das, was Aniba eigentlich von ihr wollte?
Im selben Moment, in dem sie den Hammer losließ, spürte sie zum zweiten Mal den brennenden Schmerz auf der Haut, und auch ohne nachzusehen, wusste sie, dass sich an der Stelle über ihrem Herzen nun ein zweites Hexenmal befand.
Sie stand der Hexe gegenüber und wusste auf einmal, dass sie nie wieder die Vela sein würde, die sie zu Beginn der Reise gewesen war. Sie sah die Welt nun anders. Aniba griff unter ihr Hemd, an ihrem Gürtel hing ein schwerer Schlüsselbund. Der goldene Königsschlüssel war leicht an seiner Größe zu erkennen. Sie löste ihn vom Bund und hielt ihn Vela entgegen. »Dann versuch dein Glück.«
Andächtig betrachteten Cephei und Vela den Schlüssel, aus solcher Nähe hatten sie ihn noch nie gesehen. Langsam hob Cephei die Hand und griff danach. Nervös hielt Vela die Luft an, aber er schloss einfach die Finger darum, und schon lag der Schlüssel in seiner Hand. Lachend streckte er ihn Vela entgegen. Auch sie griff danach, konnte gar nicht fassen, wie wenig er wog. Für einen so wichtigen Gegenstand und seine Größe war er zu leicht, zu unscheinbar. Das war kein echtes Gold. Oder war er hohl?
Cephei stieß sie mit dem Ellbogen leicht in die Seite. »Was willst du jetzt machen?«
»Hast du eine Werkstatt?«, fragte Vela.
Aniba nickte. »Ich zeige sie euch.«
Mit diesen Worten verließen sie das Turmzimmer und stiegen wieder hinab. Den Hammer ließ Aniba neben der Truhe liegen, und Vela hatte beim Hinausgehen einen sehnsüchtigen Blick
zurückgeworfen. Sie wusste nicht, ob er für Aniba einen echten Nutzen hatte, schließlich gab es in der Burg sicher genügend Hämmer. Hatte die Hexe ihn nur gewollt, weil sie wusste, dass er Vela etwas bedeutete? Vielleicht war es ihr nur darum gegangen, dass Vela einen Preis bezahlte. Doch sie wurde das Gefühl nicht los, dass Aniba mehr bekommen hatte als nur ein Werkzeug, dass es ihr eigentlich um all das gegangen war, was Vela mit dem Hammer verband, als könne sie es mit Hilfe von Zauberei herausdestillieren. Eine Hexe, die ihre Feinde mittels Träumen besiegte.
Das vertraute Gewicht an Velas Hüfte fehlte nun, und so, wie sie sich zuvor in den Nacken gegriffen hatte, wo plötzlich ihre langen Haare gefehlt hatten - genauso fasste sie nun an den Gürtel. Fast zögerlich waren ihre Schritte, und bei jedem spürte sie, wie ihr Hemd über das neue Hexenmal rieb, doch dieses Mal kratzte sie nicht. Nun war sie mit den Hexen verbunden, ob sie wollte oder nicht, und hatte den Preis für den Königsschlüssel tatsächlich bezahlt, ohne genau zu wissen, wie hoch er wirklich war.
Weiter ging es durch die Burg, durch schmale und breite Gänge, vorbei an vier Schritt hohen doppelflügligen Türen mit grünen Knäufen und kleinen, edelsteinverzierten Klappen, die Vela gerade bis zum Knie reichten.
Die
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