Der Königsschlüssel - Roman
ist, dann macht das nichts. Doch wenn ein Schlüssel für ein so kompliziertes Schloss wie am Mechanischen König oder an dieser Truhe hier nur ein klein wenig verformt wird, passt er nicht, und alles ist verloren. Sonst hätte ich ja auch keinen Klippengeier den weiten Weg geschickt, sondern den Schlüssel gleich herbeigehext.«
»Mann, warum haben die nur einen Schlüssel hergestellt? Wieso gibt es keinen Ersatzschlüssel? Wenn er so wichtig ist?«, fragte Cephei wütend. »Selbst für die dämliche Gasthoftür hat Dorado einen zweiten Schlüssel machen lassen!«
Vela hob den Kopf, ihr Blick suchte das schwere Schloss der Truhe und blieb darauf haften.
Ein zweiter Schlüssel …
Geschaffen, nicht gezaubert.
Von ihr?
Der Mechanische König war schließlich kein Zauberding, er funktionierte, weil er aufgezogen wurde. Spielte es denn eine Rolle, welcher Schlüssel hineingesteckt wurde, solange er passte?
Ein Stoß am Knie ließ sie den Kopf wenden, und sie sah Cephei an, der fragend die Augenbrauen gehoben hatte. »Was geht wieder in deinem Kopf rum?«
Sie sah zu Aniba, deren Blick auf ihr lastete, und traf eine Entscheidung. »Ich weiß jetzt, was ich will. Wenn du uns den Schlüssel nicht gibst, erlaubst du uns vielleicht wenigstens, dass ich einen zweiten Schlüssel herstelle? Eine Kopie«, sagte sie fest und lauschte ihren eigenen Worten nach, weil sie viel sicherer klangen, als sie sich fühlte.
Die Hexe legte den Kopf schief, und auch Cephei sah sie erstaunt an.
»Der König ist nicht wie die Truhe«, erklärte sie. »Er ist nicht mit Zaubern belegt. Wenn ich den Schlüssel nachbaue, dann kann man ihn vielleicht benutzen.«
Aniba wirkte verblüfft, aber sie lächelte. Vielleicht amüsierte sie sich nur über Vela, aber das war ihr egal. Sie wollte es versuchen. Sie musste!
Cephei nickte. »Besser als nichts.«
Wut und Müdigkeit waren auf einmal verschwunden, und Vela sprang auf die Füße. »Wenn du mir den Schlüssel gibst, kann ich es versuchen.«
»Aber Vela«, sagte Aniba, »hat dir Serpem nicht erklärt, dass
wir nichts zu verschenken haben? Du hast doch bereits mit einer Hexe gehandelt, wieso glaubst du, bei mir würde es anders sein? Willst du nicht erst den Preis erfahren, den dich der Schlüssel kostet?«
Die Euphorie ließ wieder nach. Mit Schaudern dachte sie an ihre Gaben an Serpem. Sie hatte gesagt, die Gaben stünden im Verhältnis zu dem, was sie von der Hexe verlangte. Musste sie nun doch mit ihrem Finger bezahlen, weil sie den Königsschlüssel wollte?
Cephei fasste sie am Arm. »Das darfst du nicht machen«, flüsterte er. »Es ist schlimm genug, dass du es bereits einmal getan hast. Wenn die Leute erfahren, dass du dich zweimal auf einen Hexenhandel eingelassen hast …« Er sprach nicht aus, was dann passieren würde, aber Vela musste sofort an die tiefe dunkle Zelle in Marinths Kerkerturm und die Geschichte vom Hexenstein aus Athago denken, den die Leute zerschlagen hatten.
»Es gibt keine andere Möglichkeit, oder fällt dir etwas Besseres ein?«
Betreten sah er zu Boden und ließ sie los.
Vela sah zu Aniba. »Was willst du von mir?«
Lange schwieg Aniba, und Vela dachte schon, sie würde das Geschäft ablehnen, doch dann sagte sie: »Du weißt, dass die Gabe im Verhältnis zu dem stehen muss, was du von mir verlangst, und das ist keine Kleinigkeit, schließlich überlasse ich euch den Königsschlüssel - und wer garantiert mir, dass ihr damit keinen Unfug macht? Ich muss also einiges Vertrauen aufbringen, und das wiegt schwer, Vela.«
Der Blick aus den grünen Augen wurde unergründlich, und zum ersten Mal sah Vela die Ähnlichkeit zu Serpem. In den Augen erkannte man, dass sie Mutter und Tochter waren. Ein
bisschen erinnerten diese Augen sie auch an Apus, obwohl dieser nicht mal ein Mensch war. Es lag etwas in ihnen … als hätten sie mehr gesehen als andere. Sogar mehr als der Kanzler.
»Nenn mir deinen Preis.«
»Deinen Hammer. Ich denke, das wäre nur angemessen.«
»Den Hammer meines Großvaters?« Erschrocken umklammerte Vela den glatten Holzstiel, auf dem Anibas Blick ruhte, und sie fragte sich, woher die Hexe wusste, wie viel ihr das Werkzeug bedeutete.
Diese Forderung war fast schlimmer als Haare und Blut zu verlieren. Den Hammer trug sie immer bei sich, er hatte sie auf all ihren Wegen begleitet, und wenn sie unsicher war, brauchte sie nur danach greifen und schon glaubte sie, die beruhigende Stimme ihres Großvaters zu hören. Der Hammer war ein
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