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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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besser als bei den Feuerballspielen oder Theateraufführungen, die sonst in der Arena stattfanden.
    Viele Ritter waren gekommen, und ihre Kettenhemden, Brustpanzer und Beinschienen glänzten in der Sonne. Ein paar hatte Cephei schon bei dem Anmeldehäuschen gesehen, und er versuchte, sie dort unten auszumachen, wie auch Herrn Pavo. Die Knappen waren nicht mit eingelaufen, sie blieben in den Katakomben zurück, um dort alles in Schuss zu halten. Die Ersatzwaffen mussten genauso bereit sein wie zusätzliche Schilde, ein frisches Wams und Verbandszeug. Außerordentlich viel Verbandszeug.
    Nachdem die Ritter in alle Richtungen gewinkt hatten und die Turnierhymne erklungen war, stapften sie wieder zu den vier Toren hinaus.

    »Die erste Paarung lautet Herr Chladjazieux gegen Herrn Kundan!«, verkündete ein gutgelaunter Arenasprecher mit gewaltig großem Mund durch den Sprechtrichter, der inzwischen von zwei kräftigen Männern gehalten wurde, die stramm standen wie Statuen. Cephei sah sich nach den beiden jungen Frauen um, konnte sie aber nicht entdecken.
    »Wollen wir auf den Kampfausgang wetten?«, fragte Urs über die Rufe des Publikums hinweg.
    »Klar«, nickte Cephei begeistert. »Ich setze auf Herrn Kundan«, fügte er schnell hinzu, weil er den Namen des anderen nicht richtig aussprechen konnte und sich keine Blöße geben wollte.
    »Gut. Um was wetten wir?«, fragte der Bär.
    »Um die Ehre. Bei Ritterturnieren geht es immer um die Ehre.«
    »Um die Ehre also«, wiederholte Urs lächelnd, und dann sahen sie beide hinunter in die sandige Arena.
    Herr Kundan trug inzwischen einen ledernen Helm mit zwei Löchern, durch die das gelbe und das hellblaue Horn hervorlugten. In jeder Hand trug er eine gewaltige Axt, die er jetzt vor dem Publikum mit weiten Armbewegungen kreisen ließ und es so zum Applaus aufforderte. Laut schrie er in die Menge, und sie antwortete ihm vielstimmig.
    Herr Chladjazieux trug Schild und Schwert und bewegte sich geschmeidig wie eine Katze, doch das Publikum und der wilde Herr Kundan, der einen ganzen Kopf größer war, schienen ihn ein wenig einzuschüchtern.
    Herr Chladjazieux versuchte sein Glück mit einem schnellen Ausfallschritt, doch Herr Kundan war nicht nur groß und stark, sondern auch schnell. Scheinbar mühelos wich er dem Angriff aus, dann schlug er die Äxte über seinem Kopf rhythmisch zusammen,
und das Publikum ging mit. Auch Cephei sprang auf, klatschte und stimmte in die Schlachtgesänge ein.
    »Kundan! Kundan! Kundan!«
    Niemand scherte sich um die korrekte Anrede des Ritters, jetzt gehörten er und das Publikum zusammen, sie hatten sich für den Kampf verbrüdert; die Anrede »Herr« gehörte ihm erst nach dem Turnier wieder.
    Herr Chladjazieux schlug mit dem Schwert gegen seinen Schild, aber viel zu leise, um dem Publikum einen Rhythmus vorzugeben, viel zu leise, um die Anfeuerungsrufe für seinen Gegner zu stören. Und dann eröffnete Herr Kundan den Kampf.
    Er schlug die Äxte nicht mehr über sich zusammen, sondern schwang sie kreuzweise nach vorn. Er nutzte die ganze Reichweite seiner langen Arme und ließ sie abwechselnd von schräg oben auf Herrn Chladjazieux niedersausen. Dieser wich immer der Linken aus und parierte die Rechte mit seinem Schild. Laut schlug Metall auf Metall, und jeder dieser Treffer wurde bejubelt.
    Es blieb keine Zeit für einen Gegenschlag mit dem Schwert, langsam wich Herr Chladjazieux zur Arenawand zurück. Zwölf, dreizehn Schläge auf den Schild hatte er bereits abgewehrt, da gewann er festen Stand. Er hatte sich auf die Kampfweise des Gegners eingestellt und hielt den Schild plötzlich nicht mehr einfach dagegen, sondern stieß mit ihm regelrecht die schwere Axt zurück. Sie verließ dadurch ihre gleichmäßig kreisende Bahn, und Herr Kundan war für Sekundenbruchteile aus dem Rhythmus gebracht.
    Herr Chladjazieux tauchte unter der anderen Axt durch, und anstatt einen weiteren Schritt zurückzuweichen, tänzelte er zur Seite und hieb mit seinem Schwert zu. Cephei schrie auf, aber sein Favorit konnte sich gerade noch zur Seite werfen.
Das Schwert streifte ihn nur am Arm. Blut trat hervor, aber nicht viel.
    Das Publikum tobte, plötzlich riefen einige auch »Chladjazieux! Chladjazieux!«, oder etwas, das so ähnlich klang. Selbst der bislang so gefasste Urs war aufgesprungen und vergaß ganz und gar, sich wie ein vernünftiger Erwachsener zu verhalten. Er sprang auf seinem Sitz herum, fuchtelte mit den Armen und schrie aus voller Kehle, und

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