Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
Vom Netzwerk:
ihm zu werfen, um die eigenen Vorräte aufzufüllen.
    Sie wurden müde, ihre Muskeln schmerzten seit Tagen, die Kleidung war abgeschabt und staubig, Cepheis Hose am linken Knie aufgerissen. Der weite Weg machte sie mürbe, und oft sprachen sie stundenlang kein Wort miteinander, weil ihnen einfach die Kraft fehlte. Ihre Gesichter waren staubbedeckt, und inzwischen
bekamen sie den Wandergeruch nach Schweiß, Erde und Erschöpfung nicht mehr aus den Kleidern.
    Manchmal dachte Cephei traurig an Urs und fragte sich, wie es ihm wohl erging und ob er den Kampf gewonnen hatte. In solchen Momenten spürte er wieder leise Wut auf Vela, weil sie darauf bestanden hatte, allein weiterzugehen.
    Aber er sprach diese Wut nicht mehr aus, weil er wusste, dass er sich ja selbst entschieden hatte, sie zu begleiten. Dennoch wäre es mit Urs leichter gewesen, er hätte ihnen Mut gemacht und war der bessere Jäger. Wann sie das letzte Mal Fleisch gegessen hatten, konnte Cephei nicht mehr sagen.
    Er hatte immer gedacht, Abenteuer würden aus Heldentaten bestehen und nicht aus so viel Lauferei und diesem ständigen Hunger!
    Wenn sie wenigstens Reittiere gehabt hätten wie die Händler. Aber ein Waisenjunge besaß eben kein Pferd. Am Ende eines jeden Tages fragte er sich, ob es nicht besser gewesen wäre, im Wirtshaus zu bleiben, aber er fand darauf keine Antwort.
    Die Reise war sicher nicht schlimmer, als zu Hause Prügel zu beziehen, aber viel besser war sie auch nicht. Nur wenn er mit Vela am Lagerfeuer saß und sie zusammen in die Sterne schauten, bekam er eine Ahnung davon, wie schön das Leben sein konnte. Das Funkeln am dunklen Himmel ließ ihn träumen, und dann hoffte er auf eine Zeit, in der seine Tage wären wie diese kurzen Momente am Feuer.

DER SCHROTTFLUSS
    Sie passierten weitere Höfe, Dörfer und auch zwei kleine Burgen mit hohen spitzen Türmen. Am westlichen Horizont konnten sie einmal die bunten Fahnen, hellblauen Dächer und mächtigen Wehrtürme einer größeren Stadt sehen, aber der Raumgeist führte sie daran vorbei, durch einen kleinen Wald, der heller und lichter war als der Rauschwald und dessen Schatten Vela genoss.
    Mit jedem Tag brannte die Sonne heißer vom Himmel.
    Inmitten einer felsigen Landschaft, die dem Wald folgte, hörten sie auf einmal ein Schaben und Knirschen vor sich.
    »Was ist das?«, fragte Cephei, aber Vela zuckte mit den Schultern. Sie sahen sich um, konnten jedoch nichts erkennen. Weit vor ihnen schien sich eine weitere Absenkung des Bodens zu befinden, die sich quer durch die Landschaft schlängelte.
    »Vielleicht da vorne.«
    Cephei hielt seine Hand am Dolch, für alle Fälle, während das Knirschen und Schaben lauter wurde. »Sieht fast aus wie ein Fluss«, sagte er. »Aber dann würde dort doch etwas wachsen, oder? Wo Wasser ist, wächst immer was.«
    »Ein Fluss klingt anders.«
    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie auf die Quelle des Knirschens stießen. Es wuchs zu massivem Lärm an, so dass sie einander nicht mehr verstehen konnten, wenn sie normal sprachen.
    Es war tatsächlich ein gewaltiger Fluss, der ihnen den Weg versperrte. Aber er führte kein Wasser.

    Graue und rostbraune Schrottteile wälzten sich das Flussbett entlang, dazwischen blinkte immer wieder etwas Stählernes oder Bronzenes auf. Nägel, Schrauben, verbogene Bleche, Stücke von Kettenhemden, Zahnräder, Stangen, Bruchstücke von Klingen, Drähte, Teile eines Uhrwerks, verbogene Federn und andere Metallteile konnte Cephei erkennen. Auch Äste und Laub befanden sich dazwischen, so wie in jedem normalen Fluss auch, nur waren diese zerrupft und zerhackt.
    »Was ist das?«, flüsterte Cephei, aber Vela konnte ihn natürlich nicht hören.
    Sie stand mit offenem Mund am Rande des Flussbetts und sah auf die gewaltigen metallischen Massen hinunter, die sich direkt vor ihnen vorbeiwälzten. Sie schien völlig versunken in den Anblick.
    Cephei kannte viele Geschichten, und zusammen mit Vela und Urs hatte er in letzter Zeit vieles selbst gesehen, aber nie hatte er von einem solchen Fluss gehört. So etwas konnte es doch gar nicht geben - und dennoch stand er an seinem Ufer, und sein Lärm dröhnte ihm in den Ohren. Wie konnte Schrott einen Flusslauf entlangfließen? Cephei erkannte weder Wasser noch Öl oder eine andere Flüssigkeit zwischen den metallischen Teilen. War das Zauberei?
    »Was ist das?«, schrie Cephei diesmal, aber Vela hob nur die Hände. »Ich dachte, du kennst dich mit Mechanik aus?«
    »Aber das ist nicht

Weitere Kostenlose Bücher