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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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bei besonders heftigen Güssen ist das ganze Land unter uns ein einziger riesengroßer, brauner See. Braun ist er wegen der Erde, die der Fluss mit sich schleppt.“
    Heiligduft hielt währenddessen Ausschau nach Siedlungen und Städten. Kaum einmal sah er ein Haus. Wo sollten nur all die Menschen sein, die von der Partei beerbt werden könnten? In Frankfurt hätte er sich ein solches Geschäft eher vorstellen können. Aber hier draußen, in diesem menschenleeren Land ...?
    Carlos fuhr inzwischen mit der Bewunderung für seine Heimat fort:
    „Links, also westlich von dem großen Fluss breitet sich der Gran Chaco aus. Ein wildes, trockenes savannenähnliches Gebiet. Nach rechts liegen die freundlicheren grün bewachsenen Ebenen und Hügel. Meine Estancia liegt in einem günstigen Gebiet. So ein wenig zwischen dem ganz Trockenen und dem tropischen Regenwald, den Sie ganz weit rechts sich ausbreiten sehen. Wir fliegen noch ein Stück weiter nach Norden über die Stadt und den Flugplatz von San Pedro hinaus. In unserem Gebiet gibt es noch viele Deutsche, besser gesagt deutschstämmige Einwohner. Nicht allzu weit von uns entfernt liegt eine der ersten deutschen Kolonien. Sie heißt ‚Nueva Germania‘. Wir wohnen aber nicht in einem Dorf. Ziemlich allein auf der Estancia. Nur zu unseren Klubabenden sehen wir uns.“
    Mit einem Mal schoss Carlos im Sturzflug nach unten, überquerte den Fluss nach Westen. Heiligduft griff zu seiner Tüte und übergab sich. Als der Pilot die Maschine wieder fing, lachte er laut. Heiligduft machte jetzt seine Tüte randvoll. „Sie werden kaum die Zeit haben, eine Reise durch das Binnenland zu unternehmen“, sprach Carlos. „So können Sie jetzt wenigstens einmal aus der Luft Teile von dem berühmten Gran Chaco sehen. Eine schwierige Gegend hier. Es fehlt an Wasser. Wo kein Wasser ist, ist auch kein Gras. Ohne Gras keine Rinder, natürlich auch keine Land - oder Viehwirtschaft. Aber auch gerade hier, noch einiges weiter nach Norden, haben sich vor vielen, vielen Jahrzehnten schon Deutsche niedergelassen. Sie haben Teile des Landes fruchtbar gemacht. Eine tolle Leistung. Sie wird überall in Paraguay anerkannt. Es sind die Mennoniten, eine streng evangelisch gläubige Gemeinschaft. Seit der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts sind sie hier.“ Carlos war Stolz auf seine paraguayanische Heimat, ebenso stolz war er wohl auf seine Abstammung.
    Er kannte noch zu wenig von dem Land. Aber die ungeheure Weite, die sich unendlich ausdehnenden Grünflächen, die er aus der Luft betrachtete, luden Schütz zum ständigen Verweilen ein. Warum sollte er nicht einfach hierher ziehen im Schlepptau mit Corinna? Abseits von Korruption und Intrigen, von Unterdrückung weltmännischer Großmannssucht.
    Carlos fuhr in seinen Berichten fort.
    „Sie werden viel zu wenig von unserem schönen Land sehen. Wunderbare, fröhliche Menschen wohnen hier. Paraguay ist ein Paradies auf Erden. Ein paar Probleme müssen wir noch lösen. Ich denke, das schaffen wir auch noch.“ Der Estanciero schrie gegen das Rauschen des geöffneten Fensters und das Dröhnen der Maschine an.
    Als seine Pause zu lange dauerte , fragte Heiligduft „Welches sind die zu lösenden Probleme?“
    „Unser Rechtssystem krankt. Wir haben es mit Vetternwirtschaft, Günstlingsherrschaft, Korruption und eben einem bestechlichen Rechtssystem zu tun.“
    „Was?“, rief Schütz aus.
    „Nun, die Korruption beherrscht das Alltagsgeschäft. Außerdem werden Sie schnell erkennen, wie bitterarm die meisten Leute hier auf dem Land sind.“
    Jürgen Schütz strich die Pläne, sich hier niederzulassen, aus seinen Gedanken.
    „Ich glaube, ich rede zu viel“, fuhr Carlos fort. „Paraguay müssen Sie erleben, riechen, schmecken, genießen. Sie müssen von einem exotischen Blütenduft überfallen und des Nachts von den unheimlichen Gesängen der wildesten Tiere verängstigt werden, dann lernen Sie ein bisschen von dem Land kennen, das unsere Heimat ist. Wir sind auch bald da, dann werden Sie einen besseren Eindruck bekommen.“ Er zog seine Maschine wieder nach Osten über den Fluss hinweg, nahm Kontakt mit dem Flughafen in San Pedro auf und ließ sich seine Flugdaten geben. Der Tower verlangte von ihm, höher oder wieder über den Westen zu fliegen. Nachdem er seine Steighöhe bestätigt hatte, rief er seine Frau an, die ihm mit einem fröhlichen Lachen die Landeerlaubnis neben seinem Haus gab. Gleichzeitig ließ sie ein herzliches Willkommen an

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