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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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dann werden wir Ihnen die Schönheit unseres Landes zeigen. Hier bei uns haben Sie Glück. In Entfernungen von einer oder Zweistundenautofahrt können Sie die meisten interessanten Landschaftstypen kennenlernen. Den Rest machen wir mit dem Flugzeug. Jetzt aber wollen wir erst einmal einen Tereré trinken.“
    Zuvor erhielten sie von Carlos eine Einweisung über diese spezielle Sitte Paraguays.
    „Der bis zu achtzehn Meter hohe Ilex-Baum liefert die glänzend, dunkel grünen Blätter. Sie werden getrocknet und mit den Zweigen zu Pulver gemahlen. Daraus ergibt sich der köstliche Tee.“
    Er zeigte ihnen das Ritual, wie es in Paraguay vollzogen wird. „Ähnlich einer Friedenspfeife, der ‚bombilla‘, wird der Yerba-Mate Tee mit einem Metallröhrchen, an dem sich unten ein kleines Sieb befindet, gesaugt“, fuhr Carlos fort.
    Bei dieser Zeremonie lernten die Gäste die nächsten und wichtigsten Worte des Landes. ‚Tranquillo und manana, ruhig und morgen‘. So sah sich Schütz zusammensitzen, an ihren Röhrchen saugen und versuchen, zumindest für einen Nachmittag, ihren Auftrag zu vergessen. Ein Konzert von Hunderten verschiedener Vogelstimmen um sie herum, das Quaken von Fröschen. Aus den nicht weit entfernten Büschen ein Geschrei wie von kleinen Kätzchen. Dazu der süß-schwere Duft exotischer Blüten und Blumen.
    „Wollen Sie nicht ein wenig länger hier bleiben? Nehmen Sie ihren Urlaub dazu. Wir würden uns glücklich schätzen, sie für eine Weile als Gäste zu bewirten. Besucher aus dem Land unserer Vorfahren betreuen wir sehr gerne bei uns.“
    Maria Blaugut schenkte ihnen mit d en lieben Worten in ihrer Estancia das Gefühl von Wärme und Heimat. Eine schöne Frau. Die Arbeit und die Verantwortung für die drei gelungenen Kinder hatten sie gestählt. Das Bewusstsein, als Donna Maria, Chefin einer der größten noch im Familienbesitz befindlichen Estancias zu sein, verliehen ihr einen unwiderstehlichen Hauch von Anmut und Größe. Mit der langsam einkehrenden Ruhe beim Tereré-Trinken vergaß Schütz die unterdrückerischen Berliner Tage. Die Untergrundschnüffeleien und die Koffertransaktionen von Mailand in die deutsche Hauptstadt waren für eine Weile aus seinem Blickfeld geraten. Zurzeit war das Klima für sie gerade die richtige Mischung aus Wärme und Frische, untermalt von dem lieblichen Vogelkonzert.
    „Erzählen Sie uns etwas von Deutschland“, bat Maria, „wie geht es unserem Kanzler, was machen all die vielen neuen Bauten in Berlin. Glauben Sie mir, wir sind stolz, wenn in Paraguay über Deutschland gesprochen wird.“
    Schütz entdeckte in den letzten Worten von Maria Blaugut einen der Gründe, warum sich Carlos für die Bewältigung des Finanzproblems der PCD engagierte. In ihrem Wohnzimmer hing über der Couch das Bildnis ihres geehrten Bundeskanzlers H. B. Immer wieder sprachen sie beide von „unserem Kanzler“, obwohl Carlos und Maria erst einmal zu einem kurzen Besuch in Deutschland gewesen waren, wie sie die Gäste wissen ließen.
    Der nachfolgende Spaziergang am Rande ihrer Estan cia trieb Heiligduft noch einmal die Röte ins Gesicht. Noch im Flugzeug hatte er geglaubt, mit einem Pferd um den Besitz reiten zu können. Carlos versprach, wenn sie die Zeit aufbrächten, würden er ihnen gerne aus seiner Cessna sein Anwesen zeigen.
    Aus seinem Gästezimmer nutzte Schütz die Zeit, sich mit Corinna in Verbindung zu setzen.
    Sie klang ein wenig traurig, als sie meinte: „Ich bin noch nicht weiter gekommen.“ Das war auch schon alles über ihr Suchen. Sie versicherte ihm ihre Liebe, sprach von Sehnsucht und einer gemeinsamen Zeit. Ihre lieben Worte machten Schütz nicht glücklicher. Er fragte sich zum wiederholten Mal, was er in diesem gottverdammten Nest mit einem solchen zweifelhaften Auftrag zu suchen hatte?

 
    30 Überraschung im Klub
     
     
     
    „Wir fahren in den deutschen Klub“, rief ihnen Carlos während der Fahrt mit dem Jeep zu. „Beinahe alle Bewohner unseres Ortes Paraíso und der Nachbarorte sind Mitglieder. Wir haben ein Fest zu Ihren Ehren arrangiert. Es gibt deutsches Bier, das habe ich aus Berlin kommen lassen.“ Wieder war das Fenster offen und seine Haare frohlockten im Fahrtwind.
    Die Menschen vor Ort sollten sie nur kennenlernen. Nebeneffekt wäre, sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass die deutsche Regierung eine Delegation in ihre Einsamkeit geschickt hatte, um die deutsche Kolonie zu stärken.
    „Die vaterländisch gesonnenen Frauen und Männer

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