Der Kofferträger (German Edition)
Plan“, erklärte Carlos den Besuchern aus Deutschland. Dabei sprach er, als säße er mitten in der Parteizentrale in Berlin. „Die PCD hat ein Problem. Wie sollen die vielen nicht registrierten Bargeldspenden offiziell in den Geldkreislauf der Partei einfließen? Nicht jede Summe lässt sich als Bargeld an Vertraute des Kanzlers weiterleiten. Das ist die Seite des Problems in Berlin. Durch meine Aktivitäten in Paraguay könnte dieses Problem leicht behoben werden.“
Carlos bat seine Gäste des Verständnisses wegen so zu tun, als sei der Vorfall nicht geschehen. Schütz fuhr sich mit seiner Hand leicht über das Gesicht, zuckte unter seinen Schmerzen und nickte widerstrebend.
„In Paraguay gibt es eine große Anzahl deutscher Einwanderer, die in deutschen Vereinen organisiert sind. Die ‚Rentenempfänger‘ nehme ich einmal heraus. Für viele deutschstämmigen Toten könnte ich einen Erbschein besorgen, der ein Teil seines Vermögens auf die PCD überträgt. Diese Summen können sofort und problemlos auf die Parteikasse überwiesen werden. Darüber hinaus kann ich noch Totenscheine und Erbscheine besorgen von Leuten, die früher gestorben sind. Sie müssen auch gar nicht existiert haben. In Asuncion führen wir ein Spendenkonto. Von dem aus werden die Transaktionen nach Berlin durchgeführt. Dieses Konto wird aber von Bargeldspendern aus Deutschland und nicht deklarierten Überweisungen von anderswo ständig aufgefüllt. Eine nicht versiegbare Quelle.“
Die erstaunliche Offenheit in seinen Worten führte Schütz auf die große Distanz zu Deutschland zurück. Als er eine Frage stellte, grinste nicht nur Carlos. Auch Heiligduft empfand seinen deutschen Partner in diesem Moment reichlich unbedarft.
„Gibt es hier denn so viele reiche Leute“, fragte Schütz.
Heiligduft klärte ihn auf. „Es geht nicht um das Geld der Leute. Es geht ausschließlich um ihre Namen, die wir benutzen wollen. Deutschland ist so weit weg, dass niemand bemerken wird, dass hier selbst die Ärmsten , die an Hunger gestorben sind, gespendet haben.“ Sein zynisches Lächeln war widerwärtig.
„Noch nicht einmal irgendwelche Kapitalbewegungen sind notwendig. Ein paar elektronische Aufträge. Das ist alles.“
Beinahe so kompliziert, wie der Strom der Bahrmittelzuflüsse aus den Expertisen, resignierte Schütz. Dann fragte er nach: „Was ist, wenn eine offizielle Kontrolle aus Deutschland kommt, vom Finanzamt oder der Staatsanwaltschaft?“
Carlos bemühte sich erneut, die Kompliziertheit der Vorgänge so einfach wie möglich erscheinen zu lassen. „Für den Fall wird für jeden Toten spender ein Holzkreuz hergerichtet werden. Mit den Pfarrern komme ich schon klar“, sagte er laut. „Sie alle unterstützen ohnehin die PCD. Außerdem wird ein voller Klingelbeutel die positiven Entscheidungen beflügeln.“
„Es ist Pflicht, die Spenden über zehntausend Mark, auch diejenigen von Erblassern in dem Finanzbericht der Partei zu deklarieren“, überlegte Heiligduft. „Also kommen nur solche unter zehntausend infrage“, ergänzte Carlos. „Wenn man aber die Gesamtzahl der möglichen Spender nimmt, kommt eine erkleckliche Summe zustande“.
Heiligduft tippte die Zahlen in seine Armbanduhr und rechnete die möglichen Summen aus. „Bei angenommenen durchschnittlichen Beträgen von neuntausend DM pro Erbschein haben wir bei dreitausend Toten siebenundzwanzig Millionen DM zusammen“.
Das waren auch ungefähr die Worte des Generalsekretärs der Partei gewesen“, dachte Schütz.
„Bei fünftausend Spendern hat man bereits fünfundvierzig Millionen DM. Um deren Deklaration im Finanzbericht der Partei braucht man sich keine weiteren Gedanken zu machen“, rechnete Carlos laut vor. „Dafür lohnt es sich schon, ein steiniges Gelände für den Spenderfriedhof zu kaufen. Besser ist noch ein Gebiet im Gran Chaco. Letztlich traut sich da keine Delegation aus Deutschland hin. Da gibt es giftige Schlangen und Spinnen. Letztlich reicht es sogar, wenn wir nur ein Foto aus dem Gran Chako haben mit einem Spenderfriedhof und einer Schlange an einem Kreuz. Das Bild könnte man sogar digital erstellen.“
Carlos trug seine vorbereiteten Zahlenspiele weiter vor. „Fünftausend Tote bei neuneinviertel Millionen Bürgern sind nur ein halbes Prozent. Also lächerlich wenig. Schütz wollte den forschen Viehzüchter nicht desavouieren. Seine Zahlenspiele vernachlässigten vollständig die im Gegensatz zu Deutschland umgekehrte Alterspyramide.
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