Der Kofferträger (German Edition)
knallte die Tür zu, und an ihren Schritten hörte er, wie sie ins Gästezimmer ging. Die Tür wurde von innen verriegelt.
Am nächsten Morgen wurde sie von einem Chauffeur in einem gepanzerten Mercedes abgeholt. Schütz versagte es sich, sie zum Flughafen zu begleiten. Dort würde er nur überflüssiges Gut sein. Er geleitete Anita höflich zum Wagen. Sie war trotz schlafloser Nacht bildschön. Wie eine Sommerblume an diesem tristen Morgen. Ein flotter Hut, von dem sie selb er wusste, wie gut er ihr stand. Ein leichtes, rotes Sommerkleid betonte ihre Figur – in New York sollten es noch 28 °C geben – und ihr immerwährendes kesses Lächeln. Unter ihrem Hut lugte eine ihrer Locken hervor, betonte die Weichheit ihres schmalen Gesichtes.
I m Fahrzeug grinsten bereits zwei Männer, etwa seines Alters. Gut aussehende Typen, denen er nun für drei Wochen seine Frau mit auf Reisen gab. Von „anvertrauen“ wollte er gar nicht reden. Vertrauen hatte er zu diesen geldgierigen Gesichtern nicht. Anita war es peinlich, ihm vor den beiden Männern einen Abschiedskuss zu geben. So entstand zwischen ihnen beiden eine kleine Rangelei, die aus dem Wageninneren mit einem lauten Lachen quittiert wurde. Die Tür flog zu. Anita benötigte die Zeit, bis sie hinter der Kurve verschwanden, die beiden Herren in dem Fahrzeug zu begrüßen. Er blieb zurück im Zorn.
„Na gut, das passt gut zu gestern Abend und erleichtert vieles“, sagte er sich, kehrte in das Haus zurück, sorgte für Ordnung. Eine Überprüfung an seinem Rechner zeigte ihm, dass sie den Tresor geleert hatte. Die vielen kleinen gelben Punkte verloren sich in Richtung Flughafen. Würden sie sich dort auf einer Bank wieder einfinden?
Jürgen Schütz machte sich umgehend auf den Weg zur „Safebank“ an der Behrensstraße. Aus dem Schließfach entnahm er den Koffer mit den letzten fünf Millionen DM. Die Papiere, die er in dem Safe ließ, bedeuteten ihm mehr, als all das viele Geld. Von hier aus war es nicht weit zum Kanzleramt. Der Regierungssitz war verwaist. Frau Hubert hielt die Stellung. Sie wunderte sich bei der Übergabe, war erstaunt und hatte, das gestand sie ihm ein, gar nicht mehr damit gerechnet, dass da noch eine aktuelle Lieferung offen war.
„Ich hatte ihn bei mir zu Hause“, log er, „ich war immer davon ausgegangen, dass der Chef ihn mitnehmen würde. Aber jetzt, wo er einige Zeit unterwegs ist, ist es wohl besser so. Die Abrechnungen sind alle perfekt. Es fehlt nicht eine Mark darin, Frau Hubert, das Spesengeld habe ich komplett nachgelegt, zählen Sie bitte nach.“
Sie wollte nicht. Ihm kam es darauf an, dass er sie explizit darauf hingewiesen hatte, das bliebe im Gedächtnis länger haften. Gegen Böswilligkeit wäre ohnehin kein Kraut gewachsen.
Zurück in seinem Büro erfasste ihn eine wehmütige Stimmung. Würde er nun der Königsmörder sein oder der Retter der Demokratie? Weder Brutus noch Held der Nation lag ihm als Rolle. Spontan griff er zu seinem Handy und rief bei Corinna an. Er lauschte dem vertrauten Klang des italienischen Signals und erwartete jede Sekunde das liebliche „Pronto“. Es blieb aus, auch nach dem zehnten Mal hörte er es nicht. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass sie wohl noch im Büro war und gar nicht zu Hause sein konnte. Im Büro wagte er nicht anzurufen. Er müsste es abends von zu Hause aus noch einmal versuchen.
Frau Hubert informierte er, dass er sich den ganzen nächsten Tag freinehmen würde.
Wo war Corinna? Geschahen um ihn herum mehr Dinge, als er ahnte?
*
Wie sicher konnte er sich noch in seinem Haus fühlen?
Die kleine Handfeuerwaffe trug er schon seit einiger Zeit in seiner Tasche, als wenn es ihm irgendwie helfen könnte. Sie war stets geladen, und er hatte oft genug geübt, wie er sie mit einer Hand in der Tasche entsichern konnte.
Für ihn würden sich jetzt die Anlagen auszahlen, die sie beim Hausbau berücksichtigt hatten.
Sobald er das Grundstück betreten würde, schaltete sich die gesamte Außenbeleuchtung ein, etwa zehn Meter vor dem Haus würde auch der größte Teil der Innenbeleuchtung die Wohnung ausleuchten.
Nach Auslösen des Alarms träfe ein Sicherheitsfahrzeug mit zwei Mann Besatzung innerhalb von fünf Minuten an seinem Haus ein. Das hatten sie sogar schon einige Male getestet. Dennoch nahm er sich an dem Abend vor, ab sofort nur noch mit dem Auto in sein Büro zu fahren. Seine Garage konnte er direkt mit dem Auto verlassen, ohne dass er aussteigen
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