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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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musste. Noch aber war er mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs gewesen. War sein abgelegenes Haus im Wald am Wannsee noch das sicherste Heim?
    Der Weg von der Busstation bis zur Villa Nickelskoe wollte kein Ende nehmen. Der Regen prasselte schon den ganzen Tag über auf die Erde. Ein starker böiger Wind trieb dichte Schleier eines undurchdringlichen Wasserschwalls vor sich her. Er musste sich zu oft mit der Hand über das Gesicht wischen, um die Augen wieder klar zu bekommen. Ärgerlich war er über seine eigene Unvorsichtigkeit verstimmt. Immer wieder griff er aus Gewohnheit mit der rechten Hand über die Augen, wobei er die Pistole in der Tasche losließ. Wenn in einem solchen Augenblick ein Ganove hinter einem der Bäume hervorsprang, würde ihm sein kleiner Beschützer in der Hosentasche nichts nützen. Auf einem Gelände von fünftausend Quadratmeter fühlte er sich zum ersten Mal wahrlich einsam. Der von ferne zu hörende Straßenverkehr nützte nur einem Angreifer etwas, nicht ihm. Gleich hatte er es geschafft, war vor dem Portal seines Hauses angelangt. Unter einer Lampenschar von dreitausend Watt, hell genug, jedes Gesindel ausmachen zu können, erstrahlte der Eingang. Allerdings legte der peitschende Regen zwischen ihn und den hellen Lampen einen seidenen Schirm von wechselnder Undurchdringlichkeit. Es war schrecklich. So, wie ihn die Unsicherheit verfolgte, bewegte er sich unter der momentanen Situation in einem Wald zum Fürchten.
    A ls gehörte er schon längst nicht mehr hierher, lag das Gebäude in einer trostlosen Stille. Längst war in allen Räumen und in den Fluren das Licht aufgeflammt. Die Alarmanlage reagierte auf seine Aura. Sie schaltete sich überall aus, wo er sich befand und dort ein, wenn er den Raum verließ. Mehr Beruhigung konnte er in diesem Moment nicht erfahren.
    Schütz blockierte noch durch einen elektrisch betriebenen Stift auf beiden Seiten die Jalousien. Seinen nassen Regenmantel warf er über einen Stuhl am Küchentisch und hockte sich auf einen anderen. Automatisch hatte sich bei seinem Eintritt Musik eingeschaltet. Auch hier waren es Sensoren, die seine erregte und niedergeschlagene Stimmung bemerkten und nun aufmunternde Melodien auflegten. Es half ein wenig. Joe begrüßte ihn. Er wirkte traurig. Mit Tausenden von Gedanken versuchte Schütz, die Sachlage zu klären. Wer wollte ihm da ständig an die Haut? Es sah nicht so aus, als ob ihn jemand umbringen wollte. Die Gelegenheit wäre oft genug da gewesen. Mit einem Schuss oder einem Messerstich wäre er einfacher zu erledigen, als mit inszenierten Überfällen.
    Es konnte aber auch sein, dass der Täter versuchte, ihn umzubringen, ohne irgendwelche sichtbaren Spuren zu hinterlassen. Mit Schaudern fiel ihm der „Selbstmord“ von Klingenberg ein. Eindeutig sollte er jetzt dran sein. Schlagartig war ihm die Lösung seines Rätsels eingefallen. Ein Schuss oder ein Messerstich, sogar ein zu brutaler Überfall, würde zu viele Spuren hinterlassen. Er sollte eingeschüchtert werden. Danach hätte ihn der Mann, der offensichtlich darauf getrimmt war, ihn mit der Kraft seiner Finger erwürgt und ihn anschließend im eigenen Haus aufgehängt. Der nächste Selbstmord wäre perfekt. Nach drei Wochen wäre Anita zurückgekommen, hätte die verweste Leiche vorgefunden.
    Nein, hätte sie nicht, sagte er sich. Eine „ihm“ vertraute Person wäre in das Haus geschickt worden, hätte die Leiche entdeckt. Bis zu Anitas Rückkehr hätte ein Reinigungskommando die Wohnung chemisch sauber hinterlassen. Bis dahin wäre er auch längst bestattet worden, und seine Frau hätte nach ein paar Wochen offizieller Trauer ihr fröhliches Partyleben weiter feiern können. Es gab für ihn keinen Zweifel über diese Planung. Bevor er sich zu Bett begab, ging er das Alarmsystem noch einmal durch. Wenn die Sirenen losheulten, könnte er sich noch immer mit seinem Revolver verteidigen. Dieser Gedankensprung jagte ihm einen plötzlichen Schauder über den Rücken.
    „Wenn die Alarmanlage ...“
    Schütz war schon halb entkleidet, als er sich wieder hastig anzog und mit entsicherter Pistole durch das hell erleuchtete Haus schlich. In einem kleinen Kellerraum mit abgeschlossener Stahltür war die Zentrale der Alarmanlage untergebracht. Sie war ausschließlich mit je einem Fingerabdruck von zwei Menschen zu betätigen. Anitas oder seinem.
    „Anitas oder meinem, Anitas oder meinem“, flüsterte er immer wieder auf dem Weg dorthin. Die Metalltür war

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