Der Kofferträger (German Edition)

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Autoren: Gunter Tschauder

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und schnäuzte sich dabei die Nase.
    Stahl wandte sich angeekelt ab. Der Profi auf der Bühne menschlicher Beeinflussung intonierte bereits weiter.
    „Treue zu Freunden, die Loyalität zur Sache und die Achtung vor dem Gesetz sind meine Antriebsfedern. Wie es aber oft so ist, die Hand, die segnet, wird als Erstes abgehackt. Meine Ideale sind Vaterland, meine Muttersprache sind Europa und der Frieden auf dieser Welt. Meine Politik und mein Finanzgebaren sind so transparent wie die gläserne Kuppel des Reichstages.“
    Wiederholt warf er Fragmente aus den verschiedensten Wahlkämpfen in seine Rede. Erneut kreiste der Herr von Mitteleuropa um sich selbst. Die Erkenntnisse des kopernikanisch/galileischen Weltbildes waren ihm abhandengekommen. Er stand dem Weltbild des Ptolomäus näher, verliebte sich in die Vorstellung, der Rest der Welt kreiste ausschließlich um ihn. Vehement stürzte er sich, animiert von dessen Kopfschütteln, auf den Staatsanwalt.
    „Wenn man die Ansammlungen von Papier des ehemaligen Herrn Schütz interpretiert, erkennt man, er war dabei, Deutschland in den Abgrund zu stürzen.“ Bei dieser Anwandlung schoss seine rechte Hand nach unten auf den Fußboden. „Was sind nicht alles seine Verfehlungen? Da ist von Dokumentendiebstahl die Rede, von Übertragungen größerer Mengen des Parteigeldes auf eigene geheime Konten in d er Schweiz und in Liechtenstein. Es wird geklagt über Verunglimpfung unserer befreundeten Nachbarn in Italien und von menschenverachtenden Angriffen auf die deutschen Bürger, die unser geliebtes Vaterland im entfernten Paraguay verkörpern. An einem solchen hirnlosen Tun ersticke ich.“ H. B. griff sich blitzschnell an seine Narbe über dem Auge.
    „Für mich gilt die Maxime, sich ausschließlich am Gemeinwohl zu orientieren. Uns ist vielfach das Bewusstsein dafür verloren gegangen, was unsere Eltern mit dem grandiosen Gesetz bezeichneten: So etwas tut man nicht. Ich sage es noch einmal, so etwas tut man nicht.“
    Das war es, was das Volk auch im Gerichtssaal hören wollte. So schenkte ihm der Kanzler die Sicherheit und die Ruhe, die es haben wollte. Dafür erhielt er inbrünstigen Beifall.
    „Ich betone es hier noch einmal. Der Staat hat eine Seele, das sind seine Parteien, meine Partei hat eine Seele, und ich bin diese Seele.“ H. B. rief diese Worte schmerzerfüllt aus, schlug sich mit den Fäusten auf die Brust und blickte durch die Decke des Gerichtssaales hindurch direkt in den Himmel.
    Er fabulierte und fabulierte, konstruierte ewig lange Redenwürmer. Dann kam er zum Schluss, den er mit einem Statement krönte.
    „Der Erfinder dieser infamen Anschuldigungen, denen es überall an Beweiskraft fehlt, hat sein eigenes Urteil gesprochen. Er hat sich selbst hingerichtet. Das ist der Beweis für all diese unglaublichen Lügen.“

49 Verlies in 20m Höhe



    War es ihre letzte Reise, die sie gemeinsam unternahmen, grübelte Schütz?
    Noch vor Sonnenaufgang wurden Corinna und er in ein Fahrzeug geschleppt. Ab jetzt ging es rauer zu. Ihnen wurden die Augen verbunden, und sie fuhren irgendwo hin.
    Von hier aus war es nicht sehr weit bis nach Napoli oder nach Messina, nach Palermo oder nach Corleone, dem ehemaligen Hauptsitz eines Mafiabosses. Genau so gut könnte es aber nach Rom oder nach Mailand gehen. Alles war möglich. Wichtig aber zu wissen, wo sie letztendlich landen würden.
    Jürgen versuchte , allein an den Bewegungen des Fahrzeugs und den Geräuschen ein Gefühl für ihre Reisegeschwindigkeit zu bekommen. Demnach rasten sie mit etwa einhundertzwanzig Stundenkilometern über die Landstraße. Es ging beinahe immer geradeaus. Zumindest zu Beginn. Trotz hoher Geschwindigkeit warfen sich die Körper nur selten in Kurven gegeneinander. Die Küstenstraße musste es sein. Das hieß Richtung Sizilien oder Richtung Bari nach Norden. Bis jetzt. Jürgen machte sich weniger Sorgen wegen ihrer Sicherheit. Je weiter sie sich vom Haus entfernen würden, desto schwieriger würde es sein, rechtzeitig in Berlin zum Termin zu erscheinen. Die notwendigen Dokumente lagen in ihrem Häuschen am Golf von Tarent. Der Prozess lief längst, das wusste er. Wie lange könnten Stahl und Dr. Horst das Ende hinausschieben?
    Corinna achtete konzentriert auf den Musiksender. Er gab regelmäßig die Zeit durch. Dann wurde der Sender schwächer. Radio Bari kam nicht mehr durch. Radio Napoli brachte