Der Kofferträger (German Edition)
führte Dr. Horst im Gerichtssaal seinen ruhigen Vortrag fort.
„Politische Interessenentscheidungen verschafften der ‚Nicoclean GmbH‘ und der ‚ Happy Hour GmbH‘ fantastische Gewinne. Daraus und aus den erwähnten ungesetzlichen Spenden speiste sich der Gewinntopf der ‚Intercom AG‘, die wiederum als Verteilerstelle für die Vasallen diente. Die Überschüsse fielen den vier genannten Personen zu. Wie Sie alle leicht erkennen können, haben wir es hier mit einer ausgefuchsten Patenschaft zu tun. Dem deutschen Volk wurde aus Selbstsucht der derzeit Regierenden unermesslicher Schaden zugefügt.“
Hoffentlich bekäme er noch rech tzeitig die Beweise in die Hand, war seine Sorge.
Ob Richter vorne am Tisch oder Schüler in der letzten Zuhörerreihe, in den Köpfen knisterte eine Frage, die nicht beantwortet werden konnte. ‚Wie war das alles möglich‘?“
In das Schweigen hinein setzte Dr. Horst seine Anklage fort.
„Ich werde spätestens morgen die Beweisstücke an das hohe Gericht übergeben. Damit wären die direkten Profiteure der Sucht nach der ‚ Happy Hour ‘ und der Gegendroge ‚Nicoclean‘ bekannt.“ Die ‚Intercom AG‘ ist somit der Zentralpunkt der Verfehlungen in der obersten Etage in der Kanzlermeile. Auf der Basis dieses Wissens müssen wir nunmehr die politischen Entscheidungen untersuchen, die in direktem Zusammenhang mit den genannten Drogen und Firmen getroffen wurden. Darin wird der größte Teil der Gesetzesverstöße zu finden sein.“
Dr. Horst und Dr. Stahl trafen sich im Arbeitszimmer des Oberstaatsanwaltes. Jeder stand vor einem der beiden Fenster. Sie schauten auf den Park zu ihren Füßen. Beide sahen vor ihrem geistigen Auge zwei Leichen in den hohen Wellen des Golfes von Tarent schaukeln, Schütz und Malpesi. Ermordet, kaltblütig umgebracht von den Helfershelfern einer korrupten Klicke. Der Richter bat sie beide in sein Büro.
„Dr. Horst, wenn sie nicht morgen die Beweise bringen, kommt Braunegger mit einer verhältnismäßig niedrigen Geldstrafe davon. Und Sie“, er schaute selbst aus dem Fenster, „und Sie haben ein Verfahren am Hals, gegen Sie selbst. Ich hoffe nicht, dass Sie sich zu weit aus dem Fenster gelehnt und hier eine Show abgezogen haben. Holen Sie diese verdammten Beweise.“ Den letzten Satz schrie Richter Dr. Hufschmied zornig heraus.
Hatte sich Horst doch zu weit aus dem Fenster gelehnt?
„Machen Sie sich mit den rechtlichen Konsequenzen vertraut bei einer willkürlichen Anklage.“
55 Ganoven party
Er hatte seine Brieftasche in der hinteren Hosentasche. Welch ein Glück. Andererseits hätte er sie auf dem Glockendach genau so gut verlieren können. Darin befanden sich seine Papiere und mehrere Tausend DM. Mit dem in ‚Montemurro‘ gemieteten Auto fuhren sie auf der 598 nach Westen und nicht nach Osten. Bei Brienze schwenkten sie nach Potenza ein, von dort auf der 407 Richtung Pisticci. Dreizehn Kilometer vor diesem Ort bogen sich nach links ab, Richtung Nordwesten, um dann auf die kleinere Straße 175 wieder zum Golf zu fahren. Zusammen mit der Flucht durch den Wald waren sie den ganzen Tag unterwegs. Die engen und teilweise kurvenreichen Straßen hielten sie wach. Am Nachmittag machten sie eine Rast von eineinhalb Stunden. Sie legten sich im Auto zur Ruhe und holten Schlaf nach. Ihr Essen nahmen sie während der Fahrt ein.
In ihrem Haus befanden sich noch all die ergatterten Papiere, die Beweise, die de n Prozess erst sinnvoll machten. Folglich die schriftlichen Zeugenaussagen und die Dokumente, die sie in den letzten Wochen aus Europa und Südamerika eingesammelt hatten. Selbst der Staatsanwalt und Dr. Stahl kannten sie noch nicht. Wenn er an die Papiere nicht herankäme oder wenn sie verschwunden wären, brauchte er erst gar nicht zum Prozess nach Deutschland fahren.
Kurz hinter Pisticci lenkte Jürgen den Wagen in einen Waldweg. Corinna schaute ihn verblüfft an. „Willst du noch schlafen?“
„Ich will mit dir alle Einzelheiten durchsprechen. In Ruhe.“
Sie kamen schnell zu einem Einvernehmen. Jürgen fuhr weiter bis nach Bernalda. Dort stieg Corinna aus. Beide kauften sich noch einen warmen Regenmantel. Sie küssten sich zärtlich aber schnell. Er drückte ihr noch Geld in die Hand.
„Pass auf dich gut auf“, waren seine letzten Worte.
Corinna schaute ihm lange nach. Würde sie ihn jemals wieder sehen?
Ein paar K ilometer vor ihrem Küstenhäuschen parkte er den Wagen abseits der Straße und machte
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