Der Kofferträger (German Edition)
großen Bogen umfuhr er Nikolskoe auf der Südseite und kehrte nach ein paar Minuten zu seinem Haus zurück. Die Polizeifahrzeuge waren noch da. Einer der Beamten lief nach innen und informierte den Kanzler. Jürgen machte sich umständlich an seinem Auto zu schaffen, wollte den Konspiranten Gelegenheit geben, sich auf ihn vorzubereiten.
Mit Hallo und wie schön dich wieder zu sehen, wurde er noch in der Eingangstür von seinem Onkel und seiner Frau Anita begrüßt. Die rot glühenden Wangen seiner Frau ließen sie wahrlich lieblich erscheinen. Ob der Anlass des Glühens ebenso erfreulich war, bezweifelte Schütz.
„Anita ist aus dem Weltraum zurück. Das war Grund genug sie hier gleich aufzusuchen.“ Der Kanzler hatte sich ihm äußerst freundlich zugewandt. Jürgen dachte, zu freundlich. Seine Frau dagegen schien noch gar nicht so recht wieder auf der Erde zu sein, als er sie mit einem Kuss begrüßte.
„Du hier ?“, fragte der Chef, „wir haben dich nicht erwartet. Du bist nicht ins Büro gefahren? Nun, es ist aber gut für dich, hier zu sein. Wir haben einiges zu besprechen“, forcierte er das Tempo in seiner unnachahmlichen Art. „In der nächsten Zeit gibt es sehr viel zu tun, das habe ich gerade mit Anita besprochen.“
Jürgen verneigte sich vor ihr und lächelte unterwürfig. Inzwischen hatten sie wieder im Wohnzimmer Platz genommen.
„Es ist gut, wenn Anita Bescheid weiß, mein Mentor in allen Rechts- und Kapitalfragen“, dabei umarmte er seine Frau.
„Schließlich muss deine Frau wissen, wo du dich herumtreibst, was du tust und warum du manchmal nicht nach Hause kommst. Es war gewissermaßen eine Clanabsprache, die wir beide getroffen haben.“
Genau das hatte er erahnt, die Mafia rückte ihm auf den Pelz. Letztlich meinte er, es sei ja gut, wenn sie zugestimmt hätte, und ihm im Bett sagen könnte, was er zu tun hätte, wenn sich der Clan einig sei.
„Komm Schütz“, so nannte er ihn, wenn er ihn zurechtweisen wollte, „sei froh, wenn du nicht ein nörgelndes Weib zu Hause hast, weil der Mann wichtige Dinge zu erledigen hat. Ich habe dir einfach eine Sorge abgenommen.“
„Und ich kann froh sein, einen Chef zu haben, der alles dies zum Wohle des Clans, Verzeihung der Familia berücksichtigt.“
Dann wollte er über die finanziellen Dinge reden. H. B. wischte das Ansinnen mit einer Handbewegung vom Tisch.
„Frau Hubert wird wissen, welchen Auftrag sie dir gegeben hat. Du weist, ich kann mich nicht um Peanuts kümmern.“
„Natü rlich nicht“, warf Schütz ein.
Der Kanzler war bereits auf dem Weg nach draußen und verließ mit seinem Begleitschutz das Gelände.
„Mein Gott“, bewunderte ihn Anita. „Du hast wahrscheinlich so viel erledigt, wie andere nicht in zwei Jahren.“
„Na, ja in der Zwischenzeit bist du eine ganze Weile um unsere Erde gekreist. Ich warte sehnsüchtig auf deine Berichte.“
Schütz schloss das Tor und die Haustür und eilte zu seinem Weib. Nach Umarmung und Dusche fiel er halb tot ins Bett. Vor dem Einschlafen erwartete er noch ihre Antwort auf die eine Frage.
„Sag, das mit dem vielen Geld ist für dich so in Ordnung? Denkst du dir nichts dabei?“, fragte er.
„Wie, was meinst du? Ich verstehe nicht.“
„Ach nur so“ hielt er sich weiter zurück. Vielleicht hatte er schon zu viel angedeutet.
„Der Onkel weiß , was er tut, Jürgen. Und das ist in Ordnung“, orakelte sie.
Er brummte irgendetwas und schlief mit den letzten Worten des Kanzlers und einem Gedanken dazu ein:
„Die Sache müssen wir aber erst zu Ende bringen.“
War er es, der zu Ende gebracht werden müsste?
26 Die Bruderschaft
Wozu brauchten sie die Ahnungslosen?
Sie alleine waren nun mal ein machtvolles Dreigestirn.
Niemals hatte jemand außer den dreien diese Grafik zu Gesicht bekommen. Auch diesmal sollte es so bleiben. Einmal im Jahr fand man zusammen. Die Herren des Studienjahrgangs 1974. Seit nunmehr achtundvierzig Jahren fand diese Besprechung statt. Nur noch diese drei, mittlerweile stark gerundeten Burschen, waren von den Studienkollegen übrig geblieben. Der Rest war ausgewandert oder hatte schon sehr früh das Zeitliche gesegnet. Außerdem waren sie unwichtig, wie sich die verbliebenen Herren stets gegenseitig bestätigten. Die drei beschäftigten sich nicht mit der Vergangenheit und der Tradition noch immer pubertierender Schüler. Und wenn sie es einmal taten, dann nur um ihre Erfolge zu markieren. Perspektiven für die Zukunft, Planung
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