Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
Vom Netzwerk:
erschien auf der Schwelle und starrte in den Hof hinaus.
    »Ich hab' schon zu!« rief er. »Was wollen Sie?«
    Er war kleiner, als Leaphorn ihn in Erinnerung hatte - ein weißhaariger, fast buckliger alter Mann in einem verblichenen blauen Overall. Aber er erkannte Leaphorn, als der Lieutenant aus dem Wagen stieg.
    »Teufel auch!« sagte McGinnis. »Da kommt der Sherlock Holmes der Navajo Tribal Police. Und ich möchte wetten, daß ich weiß, was ihn hierher in den armen Teil des Reservats führt.«
    »Yaa'eh t'eeh«, begrüßte Leaphorn ihn. »Dr. Bourebonette kennst du schon, glaube ich.«
    »Ganz recht! In der Tat!« beteuerte McGinnis. Zu Leaphorns großer Überraschung machte er eine Art Verbeugung.
    »Und ich freue mich sehr, Sie wiederzusehen, Ma'am. Wollen Sie auf einen Drink reinkommen? Oder vielleicht mitessen? Es gibt nur Eintopf, aber davon ist reichlich da.«
    Professor Bourebonette lächelte freundlich. »Guten Abend, Mr. McGinnis«, sagte sie. »Ich hoffe, Sie haben meinen Brief bekommen, in dem ich mich für Ihre Hilfe bedankt habe.« Sie streckte ihm die Hand hin.
    McGinnis schüttelte sie unbeholfen, wobei seine Miene etwas ausdrückte, das Leaphorn noch nie bei ihm gesehen hatte. Verlegenheit? »Hab' ihn gekriegt«, bestätigte er. »Wär' nicht notwendig gewesen. Hat mich trotzdem sehr gefreut.«
    Der Alte führte sie durch den halbdunklen Laden in seine Wohnung. Leaphorn fiel auf, daß das Warenlager nicht sonderlich gefüllt war; einige Regale waren sogar leer. Der Glasschrank, in dem McGinnis bei ihm versetzte Wertsachen aufbewahrte, enthielt nur einige wenige Conchagürtel, Webarbeiten und mit Türkisen besetzten Silberschmuck, mit dem Navajos in guten Zeiten bescheidenen Wohlstand demonstrierten. Irgendwie sah es so aus, als würde der Laden tatsächlich demnächst geschlossen. Ein ähnliches Gefühl hatte Leaphorn, als sie durch eine Verbindungstür in den großen Raum traten, in dem McGinnis lebte.
    »Du willst über Hosteen Pinto reden«, sagte McGinnis. »Was ich über ihn weiß.« Er nahm einen Stapel National Geographics von einem ausgebleichten roten Plüschsessel, um Platz für die Professorin zu machen, bot Leaphorn mit einer Handbewegung das Kunstledersofa an und ließ sich in den Schaukelstuhl sinken. »Warum er euren Polizisten umgebracht hat, weiß ich nicht. Merkwürdig, daß er's getan hat.«
    Der alte McGinnis schüttelte den Kopf, während er darüber nachdachte.
    »Wie man hört, soll er betrunken gewesen sein, und ich habe ihn ein paarmal betrunken erlebt. Alkohol hat ihn bösartig gemacht. Streitsüchtig. Aber nicht bösartiger als die meisten. Und er hat mir erzählt, er hätte das Trinken aufgegeben. Mich würde interessieren, was er gegen den Polizisten hatte. Was hat er dazu gesagt?«
    Leaphorn merkte, wie erstaunt und beeindruckt Professor Bourebonette war. Er nicht. McGinnis war clever. Sonst hätte sich Leaphorn auch gar nicht die Mühe gemacht, herzukommen und mit ihm zu reden. Jetzt goß der Alte Wasser in die Kaffeekanne. Er zündete seinen Propangaskocher an und setzte die Blechkanne auf.
    »Soweit ich gehört habe, will er nicht darüber sprechen«, sagte der Lieutenant.
    McGinnis wandte sich um und starrte Leaphorn überrascht an. »Er sagt nicht, warum er's getan hat?«
    »Nicht mal, ob er es überhaupt war. Er redet einfach nicht darüber.«
    »Hmmm«, meinte der Alte, »das macht die Sache richtig interessant.« Er kramte im Regal über dem Herd, brachte zwei Kaffeebecher zum Vorschein und staubte sie ab. »Will nicht darüber reden«, murmelte McGinnis. »Und dabei war der alte Ashie immer so redselig... «
    »So steht's im FBI-Bericht. Pinto gibt nichts zu, leugnet nichts, spricht nicht darüber«, sagte Leaphorn. Die Professorin rutschte unruhig in ihrem Sessel hin und her.
    »Was hatte er eigentlich so weit von daheim entfernt zu suchen?« fragte McGinnis. »Wußte seine Familie davon? Mary Keeyani paßt im allgemeinen ziemlich gut auf ihn auf. Der alte Knabe kann nicht viel anstellen, ohne daß sie davon erfährt.«
    »Mary weiß es nicht«, warf Bourebonette ein. »Anscheinend ist er von irgend jemand abgeholt worden. So muß es gewesen sein.«
    »Aber Mary weiß nicht, von wem?« McGinnis kicherte. »Ich weiß, wer ihn abgeholt hat. Oder ich könnte wetten, daß ich's weiß.«
    »Wer?« fragte der Lieutenant. Er versuchte, beiläufig zu klingen, und widerstand dem Impuls, sich nach vorn zu beugen. Er wußte recht gut, daß es McGinnis Spaß machte,

Weitere Kostenlose Bücher