Der Kollapsar
Monde, völlig anders als die gezackten Umrisse von Flame, des nur selten sichtbaren Satelliten von Moth.
Der einzige Mond des fernen Ulru-Ujurr war größer als diese beiden zusammen genommen, dachte er. Die Erinnerung an seine Schüler, die unschuldige Rasse von Ursinoiden, die auf jener Welt lebten, beschäftigte ihn. Er fühlte sich schuldig. Eigentlich war sein Platz dort, statt durch das Commonwealth zu ziehen und ein Geheimnis enträtseln zu wollen, das sich ihm wahrscheinlich doch nie erschließen würde.
Eine warme Brise wehte durch das Fenster über seinem Bett herein. Leise knackende Geräusche, wie von Laub, das zerdrückt wurde, drangen an sein Ohr. So dauerte es nicht lange, bis das fremdartige Wiegenlied des Dschungels ihn in den Schlaf gelullt hatte.
Flinx erwachte von den ersten Strahlen der Sonne. Er rollte sich zur Seite, streckte sich und war sofort wach. Pocomchi lag auf der Matratze neben ihm und schnarchte für einen Mann seiner geringen Körpergröße geradezu ungeheuerlich. Seine Hand tastete nach dem Indio, um ihn zu wecken, und dabei runzelte er die Stirn. Irgend etwas fehlte, etwas, das so vertraut war, daß es eine Weile dauerte, bis er begriff, um was es sich handelte.
Er weckte Pocomchi, setzte sich auf und überlegte. Dabei wurde es ihm erneut bewußt, und im nächsten Augenblick suchte Flinx fieberhaft hinter der Matratze, rings um den Skimmer, auf der anderen Seite von Pocomchis Bett. Nichts.
Er öffnete den Reißverschluß der Tür, rannte hinaus und wäre fast in den Dschungel gerannt, ehe ihm der Strahlungszaun einfiel. An der Innenseite der schwach glühenden Sperre stehend, hielt er sich die Hände an die Lippen und schrie: »Pip! Wo bist du, Pip!«
Sein Blick suchte die Bäume und Tempeldächer ab, aber da war nur schweigender Stein und endloses Grün, das ihn zu verspotten schien. Nur das starre Schweigen der Ewigkeit antwortete ihm.
Er wandte sich um, rannte in die Kuppel zurück, kletterte in den Skimmer. Pocomchi war inzwischen ganz wach geworden und damit beschäftigt, die Luft aus seiner Matratze zu lassen, wobei er sich immer wieder den Schlaf aus den Augen rieb. Der Indio sah ihn an, sagte aber nichts. Es war besser, wenn der Junge seine eigenen Erfahrungen machte.
Flinx kroch hinter den zwei Sitzen durch in den Laderaum, wo Ab sich aufgehalten hatte. »Komm heraus, Pip! Das ist jetzt nicht mehr spaßig. Komm heraus, Pip!«
Als er schließlich aufgab und mit leerem Blick das Cockpit verließ, sah er, wie Pocomchi das Kuppelzelt einpackte und den Zaun abbaute. Der Indio sagte nichts, sah aber zu, wie Flinx an den Rand des Dschungels ging und wieder zu rufen anfing. Als der Junge sich schließlich heiser gerufen hatte, hatte Pocomchi all ihre Vorräte verstaut.
Jetzt blieb Flinx nur noch eines. Im Schatten des azurblauen Mauerüberhangs stehend schloß er die Augen und dachte wütend nach. Eine schreckliche Gefahr stellte er sich vor, eine schreckliche Gefahr aus dem Himmel! »Ich brauche dich, Pip! Es bedroht mich! Wo bist du, Begleiter meiner Kindheit? Dein Freund ist in Gefahr! Fühlst du es nicht? Es kommt näher, und ich kann gar nichts tun!«
Er setzte seine Vorstellung ein paar Minuten lang fort, bis ihm schließlich der Schweiß auf die Stirn trat und seine verkrampften Finger weiß wurden. Etwas berührte ihn an der Schulter, und er zuckte zusammen. Pocomchi sah ihn an.
»Du quälst dich umsonst, Flinx«, meinte sein Führer. »Rufen nützt nichts.« Eine Hand wies zu der dichten Vegetation hinüber. »Wenn etwas den Minidrach ruft, dann fliegt er. Du mußt wissen, daß das ihre Welt ist. Oder ist dir nicht aufgefallen, daß Balthasar auch verschwunden ist?«
Pips Verschwinden hatte Flinx so in Anspruch genommen, daß ihm das gar nicht aufgefallen war. Aber tatsächlich war der alte Minidrach, der sich sonst immer um Pocomchis Hals und Schultern ringelte, nirgends zu sehen.
»Pip und ich waren nie auch nur einen Tag getrennt, seit ich ihn als Fünfjähriger fand«, versuchte er dem kleinen Mann zu erklären. Sein Blick schweifte über die Dschungelgewächse. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß er einfach wegfliegt und mich alleine läßt. Ich kann es nicht glauben, Pocomchi!«
Der Indio zuckte die Achseln und meinte mit leiser Stimme: »Kein Minidrach wird je völlig gezähmt. Außerdem bist du noch nie zuvor auf Pips Heimatwelt gewesen. Schau nicht so niedergeschlagen. Balthasar ist schon öfter weggeflogen und hat mich manchmal ein paar
Weitere Kostenlose Bücher