Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi
hätte nicht übel
Lust, Sie wieder nach Hause zu schicken!«
»Sie ist immer so,
lassen Sie sich nicht irritieren«, beschwichtigte Bichler, der immer den Netten
des Teams gab.
»Ich habe lange
überlegt, ob ich überhaupt herkommen soll. Und vielleicht hätte ich es besser
gelassen«, sagte Gartelmann mürrisch.
»Warum? Weil die
Geschichte, die Sie uns auftischen wollen, so unglaubwürdig klingt?« Die
Kommissarin winkte mit ein paar frisch ausgedruckten Seiten. »Sie sind uns
nicht unbekannt, Herr Gartelmann! Besser gesagt, unseren Kollegen in Rosenheim
nicht. Vor neun Jahren haben Sie da mal ganz ordentlichen Wirbel gemacht, um es
so auszudrücken. Haben Gott und die Welt beschuldigt, an einer Verschwörung
beteiligt zu sein. Einen Menschen in den Tod getrieben zu haben. Und später
nahmen Sie alles zurück. Wer soll Ihnen denn noch glauben?«
Gartelmann wurde
ärgerlich, was ihm besser zu Gesicht stand als die stille Duckmäusermiene.
»Fragen Sie sich doch mal, warum ich damals so plötzlich alle Aussagen
widerrufen habe! Man hat mich unter Druck gesetzt, Frau Kommissarin! Ihre
Kollegen hatten nicht das geringste Interesse, die Wahrheit aufzudecken.«
Er machte Anstalten,
sich zu erheben. Bichler warf seiner Chefin einen bösen Blick zu. »Bleiben Sie
doch, Herr Gartelmann. Möchten Sie einen Kaffee? Und sagen Sie uns bitte
endlich, worum es geht.«
»Um den hier geht es!«
Gartelmann, der die Zeitungsseite mit seinem eingerahmten Artikel auf dem
Schreibtisch der Kommissarin hatte liegen sehen, stand energisch auf und tippte
auf das Foto.
»Wen meinen Sie?« Bichler
beugte sich über Gartelmanns Hand. »Aber das ist ja die Frau Langner! Chefin,
haben Sie gesehen, dass unser zweites Mordopfer auf diesem Foto ist?«
»Nein«, brummte die
Kommissarin irritiert. »So genau habe ich es mir nicht angeschaut.«
»Hier im Hintergrund.
Das ist sie, oder ich müsste mich sehr täuschen!«
»Natürlich ist sie es!«,
sagte Gartelmann grob. »Aber um sie geht es gar nicht, sondern um diesen Mann
hier, auf der anderen Seite der Hütte. Der mit dem Anzug und dem Kinnbart.«
»Ist mir bislang nicht
aufgefallen«, gab die Kommissarin zu. »Mittelgroß. Unauffälliger Typ. Wer soll
das sein?«
»Das ist Hermann Graue.
Traurig, dass man die Polizei erst mit der Nase auf die dicksten Fische stoßen
muss! Wenn Sie sich die Mühe machen, in Ihren Akten nachzuschauen, werden Sie
einiges über ihn finden.«
Das ließ Bichler sich
nicht zweimal sagen. Er huschte zurück an seinen Rechner. »Hermann Graue«,
murmelte er, während er den Namen eingab.
Das bislang mäßige
Interesse der Kommissarin begann zu wachsen. »Und dieser Mann hatte Kontakt mit
der Therese Langner? In welchem Verhältnis standen die beiden zueinander?«
»Das weiß ich nicht
genau«, gab Gartelmann zu. »Die Frau Langner kannte ich gar nicht, bis mich vor
ein paar Wochen jemand auf sie aufmerksam machte.«
»Wer?«, hakte die
Kommissarin sofort nach.
Nun schaltete Gartelmann
auf stur. »Meine Quellen kann ich nicht nennen!«
»Hören Sie, Herr
Gartelmann«, begann Helga Wintersruh ungehalten, »wenn Sie sich nur
wichtigmachen wollen, kriegen Sie dicken Ärger, dafür sorge ich! Stehlen Sie
uns nicht die kostbare Zeit. Sie können nicht hier aufkreuzen, geheimnisvolle
Andeutungen machen und dann nichts sagen wollen. Das ist Behinderung der
Polizeiarbeit, im schlimmsten Falle sogar Deckung einer Straftat …«
»Maria Birnbaum«, sagte
Gartelmann, der sich leicht ins Bockshorn jagen ließ.
»Wie bitte?«
»Maria Birnbaum«,
wiederholte der Mann mürrisch. »Sie hat die Frau Langner auf dem Foto entdeckt,
und weil ich den Hermann Graue kannte, haben wir uns ein wenig ausgetauscht.«
»Ausgetauscht, na
wunderbar! Ausgerechnet die Birnbaum, diese kleine Feldmaus, pfuscht uns in die
Arbeit!«
»Bingo!«, rief Bichler
in diesem Moment von seinem Schreibtisch. »In den Akten ist tatsächlich einiges
über Hermann Graue zu finden.«
»Ist er denn der Mann
auf dem Foto?«
»Das könnte schon
hinkommen. Ich habe hier ein altes Polizeifoto vorliegen. Die Augen, die hohe
Stirn … Ich würde sagen, er ist es. Und er ist kein unbeschriebenes Blatt,
Chefin. Bereits in den 1990er Jahren geriet er in seiner Rolle als Vorsitzender
vom ›Heimatverein Sonnenrad‹ ins Blickfeld des bayerischen Sektenbeauftragten.«
»Und was ist das für ein
Verein?«
»Eine Gruppe elitärer
Klugscheißer, die glaubt, das Exklusivrezept für den Weg ins Licht gefunden
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