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Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi

Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi

Titel: Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rene Paul Niemann
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kannte sie nicht von ihm. Sie strich ihr dunkles Haar wieder
glatt und nahm die Kaffeetassen aus dem Schrank, während ihr Mann sich an das
Fensterbrett lehnte und ganz seltsam auf ihre Leibesmitte starrte.
    »Darf ich den Namen
aussuchen?«
    Vielleicht hat er einen
kleinen Sonnenstich, dachte sie. Er ist den ganzen Tag auf dem Acker gewesen,
und die Septembersonne ist tückisch.
    »Wenn du magst, darfst
du. Hast du dir denn schon einen ausgedacht?«
    Wenn er jetzt Monika
sagte, würde sie ihn umbringen. Mit der Bratpfanne erschlagen würde sie ihn,
ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Linda«, sagte er, ohne
zu zögern.
    »Ist das auch eine
Freundin von dir?«
    »Aber Unsinn! Lass doch
endlich diesen Schmarrn. Ich denke nur, dass es ein schöner Name ist.«
    »Denke ich auch«, sagte
Maria. »Aber irgendwann erklärst du mir schon, wie du ausgerechnet darauf
kommst, ja?«
    »Irgendwann«, sagte
Birnbaum, dessen Hände allmählich weniger zitterten und der sich ausmalte, wie
er nach dem Abendbrot noch auf eine Runde nach Palling ins Gasthaus gehen und
dem ganzen Dorf erzählen würde, dass er bald eine kleine Tochter bekam. Und
dass es von nun an wieder aufwärtsgehen würde mit dem Hof.

7
    Der Meteorit war der
Schlüssel. Die Eintrittskarte in die Führungsriege. Er hatte sich nun mal auf
den Meteoriten kapriziert, auch wenn es im Grunde lächerlich war. Bestimmt
überschätzte er das Ding, so wie er sich selbst überschätzte. Vielleicht würde
er bald anfangen, seine eigenen Lehren zu glauben. Auch er wurde langsam …
    »Alt!«
    Er begann, Fehler zu
machen. Weigerte sich, sein Gesicht chirurgisch verändern zu lassen, weil er
sich vor Operationen fürchtete. Wollte in dieser engen Gasse bleiben, in diesem
Laden im Hinterhof, statt nach München zu ziehen. Er hatte Komplexe, und das stand
einem Führer nicht gut zu Gesicht. Er wurde undiszipliniert und …
    »Schwach!«
    Die anderen schienen es
nicht zu merken. Nach außen hin war seine Autorität ungebrochen, und sie
kuschten, wenn er sich nur räusperte. Aber sie blickte tiefer. Kannte ihn aus
nächster Nähe. Sah das Zittern seiner Fingerspitzen, wenn es Entscheidungen zu
treffen galt. Seine Nerven hatten gelitten. Er sprach noch immer von der
Langner, wie sie gewesen war, als sie jung war, über ihr Lachen, ihre
verborgenen Qualitäten. Dann sah er hinab auf seine Hände, die das Leben aus
ihr herausgewürgt hatten, und in seinen Schläfen zuckte es.
    »Ein Jahr noch,
vielleicht zwei«, sagte sie zu sich. »Dann ist er reif. Und dann bin ich da.«
    Auf der Mitte ihres
Tisches war auf einem rosafarbenen Teller eine Pyramide mit den köstlichsten
Pralinen arrangiert. Den ganzen Morgen schon. Und sie hatte keine einzige
angerührt. Ihre leichteste Übung, auch wenn ihr das Wasser im Mund
zusammenlief. Disziplin hieß das Zauberwort. Wer sich nicht selbst befahl, der
würde immer unfrei sein.
    Sie betrachtete sich im
Spiegel. Das Mittagslicht gleißte. Um ihren Kopf lag der Widerschein der Sonne
wie eine glänzende Aureole. Jeden Tag wurde sie stärker. Ihre Tugenden waren
Schönheit, der Hunger nach Macht und die Geduld einer lauernden Raubkatze.

8
    »Ich glaube, diesmal
treffen wir ins Schwarze, Chefin!«
    »Haben Sie die Nacht
hier im Büro verbracht?«, fragte die Kommissarin misstrauisch.
    »Die halbe Nacht«, gab
Bichler zu. »Um vier Uhr bin ich nach Hause.«
    »Und jetzt schon wieder
auf den Beinen?« Sie konnte sich nur wundern, denn ihr Assistent sah so frisch
und rosig aus, als käme er aus dem Urlaub.
    »Ringelblumentee statt
der schwarzen Brühe, die Sie sich reinschütten. Obst und frische Luft statt
Nikotin und Kekse, dann würden Sie auch gesünder aussehen!«
    Kommissarin Wintersruh
murmelte etwas, was nicht zu verstehen war. Bichler ließ sich nicht
beeindrucken.
    »Ich habe gründlich
recherchiert. Der Verein Sonnenrad war und ist auch in Palling tätig, genau wie
in den meisten Gemeinden rund um den Chiemsee. Inzwischen allerdings in aller
Stille, nicht mehr mit so viel Brimborium wie damals, zu Graues Zeiten. Nach
wie vor werden unter Obhut des Vereins allerdings jedes Jahr sogenannte
Sonnenwendfeiern abgehalten.«
    »Sonnenwendfeiern gibt
es dutzendweise, und die meisten enden naturgemäß in prächtigen Besäufnissen«,
sagte die Kommissarin, die die hiesigen Bräuche bereits kennengelernt hatte.
Viel Bier und ein wenig Kontemplation.
    »Das mag sein. Aber die
Feiern vom Sonnenrad waren etwas anders geartet. Vielen Leuten sind sie noch
gut im

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