Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi
Birnbaum?«
»Nein. Das heißt, ja,
natürlich mit dem Wagen. Aber nicht mit meinem. Meine Schwester hat mich
mitgenommen.«
»Ihre Schwester … Ich
fahre nämlich jetzt zurück nach Palling, und wenn Sie wollen, können Sie gern
mit mir fahren. Oder wartet Ihre Schwester etwa schon?«
»Nein, die wartet noch nicht.
Im Gegenteil, es dauert wohl noch eine Stunde.«
Maria überlegte.
Vielleicht wäre es wirklich am besten heimzufahren. Zum Shoppen war ihr ohnehin
die Lust vergangen. Und von zu Hause aus würde sie die Kommissarin anrufen.
Wahrscheinlich hatte sie die Nummer im Bügelzimmer liegen, bei ihrem Laptop.
»Wenn es Ihnen wirklich
nichts ausmacht, nehme ich das Angebot gern an!«
»Aber natürlich, kein
Problem. Sie können ja so nass nicht herumlaufen, Sie holen sich doch den Tod!
Und es ist auch ohnehin viel netter, wenn ich nicht allein fahren muss. Ich
bringe Sie dann bis zu Ihrer Auffahrt.«
Maria nickte. »Das ist
sehr freundlich. Und meiner Schwester schicke ich eine SMS ,
dass ich schon heimgefahren bin. Dann braucht sie sich nicht nach mir zu
richten.«
Die Rückleuchten des
silbernen Schlittens blinkten kurz auf, als die junge Frau ihn mit dem Knopf
der Fernbedienung aufsperrte.
»Ganz schön nobel«,
sagte Maria, als sie sich in den weichen Beifahrersitz sinken ließ, und dachte
an ihren alten Passat.
Die junge Frau lächelte
nur. Der Wagen war mollig warm und bequem, Maria entspannte sich und streckte
die Beine, die immer noch ein wenig zitterten. Dann tippte sie auf ihrem Handy
eine kurze Nachricht für Klara.
Sie verließen die Stadt.
Die schlanke Hand der Fahrerin bediente den Knopf des CD -Players.
Aus den Boxen flossen sanfte Klänge von einem Instrument, das beinahe wie ein
Alphorn klang, jedoch untermalt von einem unrhythmischen Trommeln, das die
angenehme Wirkung wieder zunichtemachte. Zwischendurch schrie eine Eule. Das
Kind trat Maria so heftig, dass sie das Gesicht verzog.
»Seltsame Musik«, sagte
sie mit leisem Schaudern.
»Gefällt sie Ihnen
nicht?«
»Nicht so recht, wenn
ich ehrlich bin. Aus Tibet?«
»Im Gegenteil, aus
heimischen Landen. Es sind Freunde von mir, die schon seit Langem gemeinsam
musizieren. Die CD haben sie in diesem Frühjahr
produziert.«
»Aha«, sagte Maria. Sie
fühlte ihre Lider plötzlich schwer werden.
»Machen Sie ruhig die
Augen zu, wenn Sie müde sind. Eine halbe Stunde werden wir sicher noch brauchen.«
13
Xaver Birnbaum war
heilfroh, als die Schwalbe ihn endlich wieder an der Hofeinfahrt absetzte. Als
der weiße Wagen hinter den Tannen verschwand, atmete er durch. Tobias war schon
vom Sport zurück. Birnbaum trug einen großen Karton mit einem Babysitz unterm Arm,
den er in München noch rasch gekauft hatte, sowie eine Tüte aus einer
Kinderboutique, in der sich ein winzig kleines Kleidchen befand.
Als er die Diele betrat,
wunderte er sich über die Kälte, denn wenn Maria in der Küche werkte, strahlte
die Wärme des altmodischen Küchenofens durchs ganze Erdgeschoss. Dann fiel ihm
auf, dass es auch nicht nach Essen roch, was in den sechzehn Jahren seiner Ehe
nur höchst selten vorgekommen war.
»Maria?«, rief er und
fühlte einen kalten Stein im Magen. Vielleicht ging es ihr nicht gut, und sie
hatte sich ins Bett gelegt.
»Maria?«, rief er noch
einmal.
Aber statt seiner Frau
kam sein Sohn die Treppe herunter.
»Sie ist nicht da«,
sagte Tobias. »Ich dachte schon, du wärst mit ihr zum Arzt gefahren.«
»Ich komme ja gerade
erst zurück«, sagte Birnbaum und fühlte den Stein im Magen größer werden. »Ich
war in München, bei dem Anwalt.«
»Mit der Monika?«
»Ja, und?«
Der Junge legte den Kopf
etwas schräg. Seine Augen glichen denen seiner Mutter ganz genau. »Vielleicht
ist sie einkaufen gegangen. Brot ist nämlich keines mehr im Schrank.«
»Aber doch nicht mit dem
Radl nach Palling, bei diesem Mistwetter!« Birnbaum schüttelte sich. Im Geiste
sah er grässliche Bilder. Maria durchnässt im Straßengraben, von einem Auto
angefahren und liegen gelassen.
»Jetzt regnet es schon
wieder«, bemerkte Tobias. »Sie wird doch nicht hingefallen sein?«
Birnbaum zog seine Jacke
wieder an und wühlte den Wagenschlüssel aus der Tasche, um seiner Frau
entgegenzufahren.
14
Maria schreckte hoch. Sie
fuhren viel zu schnell auf der nassen Straße. Wenn jetzt ein Fuchs aus dem
Gebüsch sprang oder gar ein Reh …
»Wo sind wir denn?«,
fragte sie beunruhigt.
»Schon hinter Rabenden.
Das größte Stück ist
Weitere Kostenlose Bücher