Der Komet
blieb dem Erzherzog nichts anderes übrig, als eine »morganatische« Ehe zu schließen: eine sogenannte Ehe linker Hand. Sophie Gräfin Chotek durfte danach nur als »Gemahlin des künftigen Kaisers« bezeichnet werden – keinesfalls aber als »künftige Kaiser-Gemahlin« (wohl zu unterscheiden!). Ihre Kinder wurden in einem Dokument, das der Erzherzog am 28. Juni 1900 unterzeichnete, von der Thronfolge ausgeschlossen. – Die jüngeren Brüder des Erzherzogs blieben der Hochzeit fern, ebenso wie seine Schwester. Auch hinterher wurden die Eheleute mit höfischer Missachtung gestraft; so durften sie zu offiziellen Anlässen nicht in derselben Kutsche oder mit demselben Wagen fahren. Ausnahme: eine Truppenbesichtigung in einer Stadt, die als weniger wichtig galt – in Sarajewo.
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Pallawatsch. Bedeutet so viel wie »balagán« im Hebräischen, also: Durcheinander, Wirrwarr. Angeblich handelt es sich bei diesem wienerischen Dialektausdruck um eine Verballhornung des italienischen Wortes »balordaggine«, das »Tölpelei« bedeutet.
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Hinterher hatten seine Vorfahren den Ungarn, statt sie mit Skorpionen zu züchtigen, eine Hälfte des Reiches abgetreten. Die Ungarn waren im 19. Jahrhundert eine junge Nation, das heißt: Sie waren vollauf damit beschäftigt, sich selbst zu erfinden. Noch die Mutter von Sándor Pet ő fi, dem ungarischen Nationaldichter, sprach kein Wort Ungarisch; und Graf István Szécheny, der heute als der »größte Ungar« bezeichnet wird, weil er der Vater des kulturellen Selbstbewusstseins dieser Nation war, lernte die Sprache erst mit 34 Jahren. Die Anhänger von Lajos Kossuth, die 1848 für ein unabhängiges Ungarn und gegen das Haus Habsburg kämpften, trugen eine Tulpe im Knopfloch: Dies geht (ausgerechnet) auf die osmanische Herrschaft zurück – in der türkischen Poesie gilt die Tulpe als Symbol der osmanischen Kultur. Ungarn war also ein ebenso bunter ethnischer Flickenteppich wie jedes andere Stück Mitteleuropa, nur verschlossen die Gründer der Nation fest ihre Augen davor.
Die habsburgische Kur für diesen überschießenden (und verständlichen) Nationalismus war paradox. Man könnte sagen, dass sie dem homöopathischen Prinzip similia similibus curantur folgte: Der ungarische Separatismus sollte besiegt oder mindestens gedämpft werden, indem man ihm so weit wie möglich nachgab. Den Ungarn wurde also ihr eigener Platz unter der habsburgischen Krone eingeräumt, sie durften ihre nationalen Besonderheiten pflegen, ihre Lieder singen und verbreiten, dass sie im Grunde allesamt reinrassige Hunnen seien. Das Problem dabei war, dass die ungarische Reichshälfte – siehe oben: »Transleithanien« – eben nicht nur aus Ungarn bestand. Es lebten dort zum Beispiel auch Rumänen und Slowaken. Diese Völker hatten keine eigenen Vertretungen; sie wurden einer manchmal unbarmherzigen Magyarisierungspolitik unterworfen.
Anders als der österreichische Teil der Doppelmonarchie begriff sich der ungarische Herrschaftsbereich nicht eigentlich als Vielvölkerstaat.
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… eine eher lockere Konföderation von Kronländern unter habsburgischer Aufsicht. Detaillierte Pläne dazu legte 1906 der rumänische Jurist Aurel Popovic vor. Das Habsburgerreich sollte künftig aus 15 nahezu einsprachigen Ländern mit jeweils eigenem Parlament bestehen:
Deutsch-Österreich (ungefähr das heutige Staatsgebiet von Österreich inklusive Südtirol und des südlichen Sudentenlandes; zum heutigen Burgenland hätten noch Ödenburg – Sopron – und Pressburg – Bratislava – gehört);
Deutsch-Böhmen (der nördliche Teil des heutigen Tschechien);
Deutsch-Mähren (der nördliche Teil Mährens sowie Österreichisch-Schlesien);
Böhmen (der tschechisch besiedelte Teil von Böhmen und Mähren);
West-Galizien (der polnisch besiedelte Teil von Galizien – heute eine Landschaft im westliche Teil der Ukraine und in Südpolen);
Ost-Galizien, (der ukrainisch besiedelte Teil von Galizien und der Bukowina; die nördliche Hälfte der Bukowina gehört heute zur Ukraine, die südliche Hälfte gehört zu Rumänien);
Siebenbürgen (der rumänisch besiedelte Teil Ungarns mit angrenzenden rumänischen Gebieten);
Kroatien (entspricht dem heutigen Kroatien);
Krain (entspricht ungefähr dem heutigen Slowenien);
Slowakenland (entspricht ungefähr der heutigen Slowakei);
Woiwodina (das serbische Gebiet im Süden Ungarns; auf der anderen Seite lag das Königreich Serbien,
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