Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
Vom Netzwerk:
brannte. Ein großes Wunder. Es ist die Jahreszeit für Wunder, und hier wird auch eines geschehen. Es
muss
geschehen.” Ich sehe ihn an. Seine Augen leuchten, als würde hinter ihnen ein Feuer lodern. Das ist der Ausdruck, in den ich mich verliebt habe, als wir uns das erste Mal begegneten, nur dass dieses Feuer jetzt tausendmal stärker brennt. Zum ersten Mal verstehe ich, wie fest Jakub, Alek und die anderen davon überzeugt sind, dass es der einzige Weg ist, unser Land von den Deutschen zu befreien. Der Widerstandskampf hat aus ihm einen Krieger gemacht.
    “Du bist so mutig”, sage ich und wische mir über die Augen.
    “Wir sind Makkabäer, Emma. Du, ich, Alek, Marta und die anderen.” Ich will protestieren, da es mir peinlich ist, mit den Übrigen in einem Atemzug genannt zu werden, doch er redet weiter. “Ja, du bist ebenfalls mutig. Ich weiß alles darüber, wie du der Bewegung durch deine Arbeit für Richwalder geholfen hast.” Innerlich zucke ich zusammen. Ich kann nur hoffen, dass er eben nicht
alles
weiß. “Und wie du das Kind des Rabbis gerettet und versteckt hast. Du bist auch eine Kämpferin.”
    “Krysia ebenfalls”, wende ich ein.
    “Ganz besonders Krysia.” Wie auf ein Stichwort hin wird die Haustür aufgeschlossen, und ich höre, wie Łukasz auf Krysia einredet. Seinen Worten entnehme ich, dass sie trotz der Kälte noch einen Ausflug zum Ententeich gemacht haben. Jakub lässt mich los, wir stehen beide auf.
    Als Krysia das Zimmer betritt, bleibt sie wie angewurzelt stehen. Bei Jakubs Anblick kommen ihr die Tränen. Sie sieht zu Łukasz, zögert kurz und erklärt dann: “Łukasz, das ist mein Cousin Michal.” Der Junge, dessen Wangen von der Kälte gerötet sind, sieht Jakub mit großen Augen an, als der zu Krysia geht und sie dreimal küsst. Sowohl Krysia als auch Jakub müssen sich zusammenreißen, um vor dem Kind nicht die Kontrolle über ihre Gefühle zu verlieren.
    “Hallo, Łukasz.” Jakub kniet sich hin und streicht dem Kleinen spielerisch übers Haar, doch in seinen Augen erkenne ich Ehrfurcht. Er weiß, wer der Junge ist und wie er zu uns gelangte.
    “Du wusstest Bescheid?”, frage ich Krysia.
    Sie nickt. “Ich wollte nicht, dass du enttäuscht bist, falls es nicht klappt.”
    “Ich verstehe.” Mein Blick wandert zu Jakub, der mit Łukasz redet – auf Hebräisch. Plötzlich erinnere ich mich daran, wie Łukasz in der Gegenwart des Kommandanten hebräisch zu sprechen versuchte. “Nicht!”, rufe ich, woraufhin mich alle drei erstaunt ansehen. Ich selbst wundere mich auch über meinen scharfen Tonfall. “Es tut mir leid, Jak… Michal”, stammele ich und kann mich noch eben berichtigen. “Es ist nur so, dass …” Ich gerate ins Stocken, da ich Jakub nicht von meiner Sorge erzählen kann, ohne dabei zugeben zu müssen, dass der Kommandant hier war. Auf einmal fühle ich mich unendlich müde. Das alles ist zu viel für mich. Über Monate hinweg muss ich jetzt schon darauf achten, dass der Kommandant meine wahre Identität nicht erfährt, gleichzeitig habe ich so lange Zeit auf Jakub verzichtet. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich auch meinen Ehemann würde belügen müssen, sobald es zu einem Wiedersehen kommt.
    Jakub richtet sich auf und kommt zu mir. “Ist schon gut”, sagt er, legt eine Hand in meinen Nacken und zieht mich an sich. “Ich verstehe das.” Vor dem Jungen sollten wir besser nicht so viel Zuneigung füreinander zeigen, doch in diesem Augenblick ist es mir egal. In Jakubs Armen liegend verspüre ich mit einem Mal den Wunsch, ihm alles über den Kommandanten zu erzählen. Er würde es verstehen. Krysia sagte einmal, Jakub würde mir verzeihen. Aus dem Augenwinkel bemerke ich ihren eindringlichen Blick, mit dem sie mich zu warnen versucht, es ihm nicht zu sagen. Sie weiß genau, was in meinem Kopf vor sich geht. Behalt es für dich, fleht sie mich stumm an. Erdrück ihn nicht mit dem Wissen deiner Untreue, nur um dich selbst von dieser Last zu befreien. Nicht jetzt, wenn er in die Dunkelheit und Kälte zurückkehren muss.
    Natürlich hat sie recht. Irgendwann später wird vielleicht eine Zeit für Geständnisse und Vergebung kommen, aber heute ist das noch nicht der Fall. Ich straffe meine Schultern und löse mich von Jakub. “Łukasz, komm. Du bist ganz schmutzig vom Herumlaufen im Wald”, sage ich. “Wir werden dich erst mal waschen.” Widerstrebend lässt sich Łukasz von dem Fremden wegziehen. Ich hasse es, Jakub während seines kurzen

Weitere Kostenlose Bücher