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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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Heilige und den Rosenkranz genauso viel wie jedes durchschnittliche polnische Mädchen. Dennoch bin ich nach wie vor besorgt, eine Geste, ein Blick oder irgendetwas anderes könnte mich als Jüdin entlarven.
    Aber die Zeit reicht nicht, um mir noch länger Sorgen zu machen. Wenige Minuten nachdem wir das Esszimmer betreten haben, klingelt es an der Tür. “Bereit?”, fragt mich Krysia. Ich schlucke, dann nicke ich knapp. Die Gäste treffen einer nach dem anderen ein, alle mit typisch deutscher Pünktlichkeit. Elżbieta empfängt jeden an der Tür und nimmt Capes und Mäntel entgegen. Ich warte am Fuß der Treppe, neben mir Krysia, die mich den Gästen vorstellt, die ich dann in den Salon führe, wo ich ihnen etwas zu trinken anbiete. Łukasz wird kurz präsentiert und für sein blondes Haar und gutes Benehmen bewundert, dann wird er zu Bett gebracht.
    Um zehn nach sieben sind fünf unserer sechs geladenen Gäste anwesend. Im Salon sitzen der Stellvertretende Bürgermeister Baran und seine Ehefrau, außerdem drei Deutsche: General Dietrich, ein ältlicher Witwer, dem im Großen Krieg hohe Auszeichnungen zuteilwurden und dessen Rolle in der Verwaltung nur mehr schmückenden Charakter hat, und Generalmajor Ludwig, ein fetter kahlköpfiger Kerl mit verkniffenen Augen, daneben seine Ehefrau Hilda.
    Zehn Minuten verstreichen, schließlich sind es zwanzig, aber noch immer fehlt ein Gast. Niemand lässt eine Bemerkung zu seiner Verspätung fallen, und ich weiß, wir werden so lange mit dem Essen warten, bis er eingetroffen ist. Immerhin hat mir Krysia früher am Tag erklärt, dass Kommandant Richwalder an diesem Abend der wichtigste Gast sein wird.
    “Wie gefällt Ihnen Kraków, Anna?”, will Frau Baran wissen, als wir dasitzen und warten.
    “Ganz reizend, allerdings hatte ich noch nicht die Zeit, mir so viel von der Stadt anzusehen, wie ich gerne möchte”, entgegne ich. Mich amüsiert der Gedanke, eine Touristin in meiner Geburtsstadt zu sein.
    “Sie und Łukasz müssen unbedingt in die Stadt kommen, dann führe ich Sie herum. Mich wundert, dass wir uns noch nicht in der Kirche begegnet sind”, redet sie weiter. Ich zögere, da ich nicht weiß, was ich antworten soll.
    Krysia stellt sich hinter mich und greift gerade noch rechtzeitig ein. “Das liegt daran, dass wir noch gar nicht in der Kirche waren. Seit der Ankunft der beiden hier bei mir herrschte ein solcher Trubel, da bin nicht einmal ich selbst zum Kirchgang gekommen. Außerdem war Łukasz letzte Woche erkältet.” Ich blicke auf und versuche, mein Erstaunen zu überspielen. Seit der Junge hier ist, hat er noch nicht mal geniest. Es ist die erste glatte Lüge, die ich aus Krysias Mund höre.
    “Vielleicht können wir uns ja an einem der nächsten Sonntage nach der Messe zum Tee treffen”, schlägt Frau Baran vor.
    Ich lächle höflich und stelle fest, wie leicht es mir fällt, bei so belanglosen Themen den Schein zu wahren, einfach jemand anders zu sein. “Das wäre mir eine Freu…”, beginne ich, breche aber mitten im Satz ab und starre wie gebannt zur Tür.
    “Kommandant Richwalder”, flüstert Frau Baran mir zu. Ich nicke nur, bringe jedoch kein Wort heraus. Es will mir nicht gelingen, den Blick von diesem beeindruckenden Mann abzuwenden, der soeben ins Zimmer gekommen ist. Er ist deutlich über eins achtzig groß, er steht kerzengerade da, und seine muskulöse Brust und die breiten Schultern scheinen jeden Moment seine Galauniform sprengen zu wollen. Sein ausgeprägter, kantiger Kiefer und die gerade Nase lassen sein Gesicht wie aus Granit gemeißelt aussehen. Er könnte der Held aus einem Kinofilm oder einem Roman sein. Nein, das ist kein Held, schelte ich mich sofort. Dieser Mann ist ein Nazi.
    Krysia durchquert den Raum, um ihren Gast zu begrüßen. “Kommandant”, sagt sie und akzeptiert seine Wangenküsse ebenso wie den Strauß Blumen, den er ihr hinhält. “Es ist mir eine Ehre, Sie zu sehen”, Ihre Worte klingen so ehrlich, als würde sie es mit einem guten Freund zu tun haben.
    “Es tut mir leid, dass ich Sie warten ließ, Krysia.” Seine Stimme ist tief und wohlklingend. Er dreht den Kopf zur Seite und sieht mir mit einem Mal direkt in die Augen. “Sie haben ein sehr schönes Zuhause.” Ich wende mich ab und merke, wie meine Wangen zu glühen beginnen.
    “Danke”, erwidert Krysia. “Sie sind nicht zu spät, das Essen ist gerade erst fertig geworden.” Sie nimmt den Kommandanten am Arm, macht einen geschickten Bogen um die

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