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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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der Art, wie er den Namen betont, erkenne ich, dass er den Kommandanten beeindrucken will. “Ich hörte von einem offiziellen Besuch aus Berlin?” Er lässt seinen Satz als Frage enden und sieht den Kommandanten erwartungsvoll an, ob der das Gerücht bestätigt oder dementiert.
    Der Kommandant zögert und rührt in seiner Suppe. “Vielleicht”, antwortet er schließlich, ohne eine Miene zu verziehen. Als ich ihn mir genauer ansehe, fallen mir zwei Narben in seinem ansonsten makellosen Gesicht auf. Eine – eine tiefe, fahle Linie – verläuft rechts am Kopf vom Haaransatz bis zur Schläfe, die andere – länger, aber dafür etwas oberflächlicher – folgt dem Verlauf seines linken Kieferknochens. Ich überlege, wie er sich wohl diese Narben zugezogen hat. Vielleicht durch einen Unfall? Oder bei einer Schlägerei? Keine von beiden Erklärungen erscheint mir plausibel.
    “Nun, Fräulein Anna”, sagt er plötzlich und dreht sich zu mir.
    Mir wird bewusst, dass ich ihn angestarrt habe “J-ja, Herr Kommandant?”, stammele ich und spüre, wie meine Wangen wieder heiß werden.
    “Erzählen Sie mir etwas über Ihre Zeit in Gdańsk.” Während Elżbieta die leeren Suppenteller in die Küche bringt, berichte ich ihm, was ich auswendig gelernt habe: Ich war Lehrerin an einer Schule und musste meine Stellung aufgeben und mit meinem kleinen Bruder hierher umziehen, als unsere Eltern bei einem Feuer umkamen. Ich schildere diese Dinge mit so viel Gefühl, dass sie sich sogar in meinen Ohren fast wie die Wahrheit anhören. Der Kommandant hört mir aufmerksam zu, er scheint wie gebannt jedes Wort in sich aufzusaugen. Vielleicht ist er nur ein guter Zuhörer, überlege ich, muss allerdings zugeben, dass er sich bislang keinem der Gäste so intensiv gewidmet hat wie mir. “Wie tragisch”, kommentiert er, nachdem ich zu Ende erzählt habe. Er nimmt seinen Blick nicht von mir, während ich nur nicken kann, da meine Stimme versagt. Einen Moment lang kommt es mir so vor, als wären alle anderen Gäste verschwunden und als gäbe es nur noch uns zwei. Schließlich halte ich es nicht länger aus und schaue zur Seite.
    “Und Sie, Kommandant? Woher kommen Sie?”, frage ich rasch, um von mir abzulenken.
    “Aus Norddeutschland, aus der Nähe von Hamburg. Meine Familie hat mit der Schifffahrt zu tun”, antwortet er beiläufig, sieht mich aber weiter unentwegt an. Das Rauschen in meinen Ohren ist so laut, dass ich ihn kaum verstehen kann. “Auch ich wurde in jungen Jahren zur Vollwaise”, fügt er hinzu, als würde unser scheinbar gleiches Schicksal uns zu Leidensgenossen machen. “Allerdings starben meine Eltern eines natürlichen Todes.”
    “Und was genau machen Sie hier?”, frage ich und staune über meine eigene Kühnheit. Der Kommandant ist sichtlich irritiert und zögert. Offenbar ist er es nicht gewohnt, so direkt auf seine Funktion angesprochen zu werden. Schon gar nicht von jemandem wie mir.
    “Der Kommandant untersteht direkt dem Generalgouverneur Frank”, wirft Ludwig ein. “Bei jedem Erlass des Gouverneurs sorgt Kommandant Richwalder dafür, dass wir alle ihn umsetzen.”
    Der Kommandant scheint das nicht gern zu hören. “Nein, wirklich, Generalmajor, Sie übertreiben ein wenig. Ich bin nur jemand, der seine Pflicht erfüllt.” Er schaut weg, und ich bemerke, dass sein Haar an den Schläfen leicht grau meliert ist.
    “Aber keineswegs”, beharrt Ludwig, dessen fettes Gesicht von zu viel Wodka gerötet ist. “Sie sind zu bescheiden, mein Herr.” Er sieht mich an. “Kommandant Richwalder wurde im Großen Krieg für seine Tapferkeit zur See ausgezeichnet.” Ich nicke und beginne zu rechnen. Wenn er bereits im Großen Krieg gedient hat, muss er über vierzig Jahre alt sein, stelle ich überrascht fest. Ich hatte ihn für jünger gehalten. “Er wurde schwer verwundet, aber er diente dem Reich auf herausragende Weise.”
    Als ich den Kommandanten abermals ansehe, wird mir bewusst, dass seine Narben wahrscheinlich daher stammen. Mit den Fingerspitzen berührt er seine Schläfe und sieht mir in die Augen, so als könnte er meine Gedanken lesen. “Würden Sie mir bitte die Kartoffeln reichen?”, sage ich plötzlich und zwinge ihn so, seinen Blick von mir zu nehmen.
    Doch Ludwig hat den Kommandanten noch nicht genug gelobt. “In jüngster Zeit hat er sich einen Namen gemacht, indem er maßgeblich am Aufbau von Sachsenhausen beteiligt war”, fährt er fort. Sachsenhausen sagt mir nichts, doch Ludwig lässt

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