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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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Albträumen verfolgt, in denen er sieht, wie seine Mutter erschossen und sein Vater verschleppt wird. Wie man ihn versteckt hält und in der Nacht zu fremden Menschen bringt. Ganz gleich, wie sehr Krysia und ich uns bemühen, ihm ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln, er wird niemals den Schrecken vergessen, den er als Kind mitansehen musste.
    Wir ziehen Łukasz einen frischen Schlafanzug an und bringen ihn zurück ins Bett. “Wir sollten abwechselnd aufbleiben und ihn beobachten”, sagt Krysia, ich nicke zustimmend. Allerdings kann sich keiner von uns durchringen, sich schlafen zu legen, und so sitzen wir schließlich beide bei ihm – Krysia in dem kleinen Stuhl neben seinem Kinderbett, ich auf einem Kissen auf dem Boden. Wir beobachten ihn und fühlen alle paar Minuten seine Stirn.
    “Die Blumen hat der Kommandant schicken lassen”, flüstert Krysia, als Łukasz zur Ruhe gekommen ist und wieder gleichmäßig atmet.
    “Ich weiß”, erwidere ich tonlos.
    “Geht es dir gut?”, fragt sie.
    Ich zucke nur mit den Schultern, da ich keinen Ton herausbekommen kann.
    “Es wird alles gut werden, meine Liebe. Das verspreche ich dir.”
    Keiner von uns sagt noch etwas. Als ich ein paar Minuten später zu Krysia hinüberschaue, ist sie auf ihrem Stuhl eingedöst. Ihren Kopf hat sie gegen die Wand gelehnt, der Mund steht ein wenig offen. Sieh an, denke ich. Die Grande Dame von Kraków
schnarcht
also. Früher hätte mich das überrascht, heute weiß ich, nichts ist so, wie es scheint.
    Ich sitze auf dem Kissen und sehe den beiden zu, wie sie schlafen – den beiden Menschen, die für mich zur Familie geworden sind. Erst an diesem Abend dürfte Krysia und mir bewusst geworden sein, was uns dieser Junge bedeutet. Anfangs war es unsere Aufgabe, uns um ihn zu kümmern, weil wir so der Bewegung helfen konnten. Jetzt ist er unser Kind: mein Sohn, den ich eines Tages hoffentlich mit Jakub haben werde, und Krysias Enkel, den sie nie haben wird.
    Zum ersten Mal mache ich mir Gedanke darüber, was nach dem Krieg sein wird. Wird der Rabbi wie durch ein Wunder das Lager überleben und sein Kind zurückhaben wollen? Und wenn nicht, wird Łukasz dann bei mir oder bei Krysia bleiben? Eine Antwort darauf zu finden, bedeutet für mich, mir mein Leben nach dem Krieg vorzustellen. In meinen Träumen werde ich wieder mit Jakub und meiner Familie vereint sein. Ich ertrage es nicht, etwas anderes in Erwägung zu ziehen. Ich habe keine Ahnung, wo wir leben werden. Ich glaube kaum, dass wir in Kraków bleiben. Die jüdische Gemeinde wurde zerschlagen, und es könnte nie wieder so sein wie früher. Und wenn ich nach dem urteile, was ich gelegentlich auf der Straße aufschnappe, ist man in Kraków mehr als froh, uns Juden los zu sein. Jakub und ich werden sicher nicht in eine schöne Wohnung im Stadtzentrum ziehen können, und die Universität wird uns auch nicht wieder einstellen.
    Würde es uns im Rest der Welt besser ergehen? Ich habe schon früher von den magischen Königreichen gehört: New York, London und sogar Jerusalem. Ich kann mir diese märchenhaften Orte nicht vorstellen, die ich noch nie gesehen habe. All diese Gedanken sind so überwältigend, dass ich selbst einzudösen beginne.
    Im ersten Licht des neuen Tages wache ich auf, alle Knochen tun mir weh, weil ich die Nacht auf dem Fußboden verbracht habe. Krysia schläft noch immer auf ihrem Stuhl. Ich stehe auf und lege ihr eine kleine Decke um die Schultern. Als ich in das Kinderbett sehe, bemerke ich, dass Łukasz wach ist. Er weint nicht, sondern hält seine Füße umklammert und plappert leise vor sich hin.
    “Łukaszku”, sage ich leise und strecke eine Hand nach ihm aus, woraufhin er mir die Arme entgegenreckt, als wäre es ein Morgen wie jeder andere. Als ich ihn hochnehme, legt er die Arme um meinen Hals, während ich meine Lippen sanft auf seine Stirn drücke. Sie fühlt sich wieder kühl an.
    “Danke”, flüstere ich ihm zu. Tränen steigen mir in die Augen. Wie es scheint, will Gott mich zumindest nicht auf diese Weise bestrafen. “Danke.”
    Łukasz sieht mich an und lächelt. Ich bin mir nicht sicher, aber es könnte sein erstes richtiges Lächeln sein, seit er zu uns gekommen ist. “Na”, ruft er. “Na.”
    “Anna?”, frage ich und betone die zweite Silbe.
    “Na”, wiederholt er und greift nach meiner Nase. Nun muss ich lächeln. Er versucht meinen Namen auszusprechen. Dass es eigentlich nicht mein Name ist, soll mich nicht kümmern. Łukasz ist

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