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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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wieder gesund, und er wirkt glücklicher als je zuvor. Der Schrecken der letzten Nacht hat mir vor Augen geführt, wie leicht uns in dieser Welt auch das Wenige, was wir haben, von einem Moment zum nächsten weggenommen werden kann. Weil ich Krysia nicht aufwecken will, schleiche ich mit dem Jungen auf dem Arm nach unten, um das Frühstück vorzubereiten.

14. KAPITEL
    A n diesem Morgen möchte ich am liebsten nicht zur Arbeit gehen. “Ich sollte besser zu Hause bleiben”, sage ich zum scheinbar hundertsten Mal. “Der Junge wird sich zu sehr aufregen, wenn ich fortgehe.”
    Krysia schüttelt den Kopf. “Du musst zur Arbeit gehen.” Ihr Blick wandert zu den Rosen, die nun in einer weißen Porzellanvase stehen. Offenbar ist sie besorgt, der Kommandant könnte argwöhnisch werden, wenn ich nicht im Büro erscheine.
    “Also gut”, lenke ich schließlich ein. Trotzdem bleibe ich mit dem Mantel über dem Arm und dem Korb in der Hand weiter im Türrahmen stehen.
    “Ihm geht es wieder gut”, versichert sie mir und beugt sich vor, um durch Łukasz’ Haar zu fahren. Beim Anblick seiner strahlenden Augen und der rosigen Wangen weiß ich, sie hat recht. Es ist so, als wäre er nie krank gewesen. Trotzdem verfolgt mich die Erinnerung an die letzte Nacht und an die Angst, ihn zu verlieren. Ich muss gegen den Wunsch ankämpfen, ihn an mich zu drücken und zu küssen, was ihn nur unnötig darauf aufmerksam machen würde, dass ich das Haus verlasse.
    Schließlich wende ich mich ab. “Ich werde zeitig zurück sein”, versichere ich.
    “Keine Sorge”, ruft Krysia mir nach. “Uns passiert schon nichts.”
    Gerade noch erwische ich den Omnibus, der soeben vorfährt. Dennoch komme ich durch meine Trödelei zu spät ins Büro. Malgorzata sitzt schon an ihrem Schreibtisch und wirft mir einen verächtlichen Blick zu, als ich eintrete. Kaum habe ich meine Sachen hinter meinem Schreibtisch verstaut, geht die Tür zum Büro des Kommandanten auf, und Diedrichsen kommt ins Vorzimmer. “Der Kommandant hat nach Ihnen gerufen”, sagt er. Sieht er mich tatsächlich etwas seltsam an, oder bilde ich mir das nur ein? Vielleicht weiß er etwas. Aber ich habe jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Stattdessen nehme ich meinen Notizblock, streiche mein Haar glatt und wappne mich für die unausweichliche Konfrontation. Ich betrete das Büro des Kommandanten und sehe ihn seit unserer gemeinsamen Nacht zum ersten Mal wieder.
    Er geht hinter seinem Schreibtisch auf und ab, dabei liest er einen Bericht. Ich wische mir die schweißnassen Handflächen am Rock ab und atme tief durch. “G-guten Morgen, Herr Kommandant”, begrüße ich ihn, wobei ich vergeblich versuche, meine Stimme nicht zittern zu lassen.
    Abrupt bleibt er stehen und hebt den Kopf. Ein sonderbarer Ausdruck huscht über sein Gesicht, der mir bei ihm fremd ist. Ist es Wut? Oder Erleichterung? “Sie sind spät.” Seine Stimme hat keinen vorwurfsvollen Unterton.
    Ich gehe auf ihn zu. “Es tut mir leid”, erwidere ich. “Aber ich …”
    Er hebt eine Hand. “Sie müssen sich nicht entschuldigen. Es ist nur nicht Ihre Art, deshalb war ich besorgt, dass Sie …” Mitten im Satz bricht er ab und sieht weg, dennoch verstehe ich, was er sagen will. Er hatte Angst, ich würde nach dem, was zwischen uns geschehen ist, nicht zur Arbeit kommen wollen. Mit Erstaunen begreife ich, dass auch er nervös ist.
    “Damit hat es nichts zu tun, Herr Kommandant”, erkläre ich rasch. Ich stehe jetzt neben seinem Schreibtisch, sein Gesicht ist nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Ich kann seinen Geruch wahrnehmen, und es kostet mich all meine Kraft, die Erinnerung an die vorletzte Nacht beiseite zu drängen. “Es ist nur so, dass Łukasz krank war.” Sofort bedauere ich diese Worte, denn ich habe zu viel gesagt. Der Kommandant legt seinen Bericht zur Seite und nimmt meine Hand in seine.
    “Wie geht es ihm? Ist es etwas Ernstes?” Er scheint wirklich in Sorge zu sein.
    Ich muss schlucken. Mir fällt es schwer zu sprechen, solange seine warmen Hände meine Finger umschließen. “Danke der Nachfrage. Es geht ihm wieder gut. Es war ein Fieber, wie Kinder es schon mal bekommen.”
    “Sie hätten mich benachrichtigen sollen. Mein Leibarzt hätte nach ihm sehen können.”
    Genau deshalb habe ich Sie ja nicht benachrichtigt.
“Das ist wirklich sehr nett”, erwidere ich und bete, dass er nicht darauf besteht, den Jungen dennoch untersuchen zu lassen. “Aber es war nicht nötig. Heute

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