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Der Kommissar und das Schweigen - Roman

Der Kommissar und das Schweigen - Roman

Titel: Der Kommissar und das Schweigen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Speisemöglichkeiten des Ortes in Anspruch genommen hatte, hatte er nachgegeben... ein Abend daheim auf seinem Zimmer war sicher auch keine schlechte Idee. Es war lange her, dass er marinierten Knoblauch gegessen hatte, und es gab ja nichts, was ihn daran hindern würde, etwas später noch auszugehen, um sich ein Glas Wein oder Bier zu gönnen.
    Nach beendeter Arbeit natürlich.
    Zufrieden mit diesem substanziellen Gedankengang lehnte er sich auf dem Bett zurück und schob sich eine Zehe in den Mund. Komplettierte sie mit einem Stückchen Brot, einem Happen Paté und einem ansehnlichen Schluck Bier, bevor er auf den Kassettenrekorder drückte und sich das Ergebnis der Mühen des Nachmittags anhörte.
    Zuerst Jellinek.
     
    VV: Ihr Name bitte.
    OJ: Oscar Jellinek natürlich. Warum sind Sie plötzlich so formell?
    VV: Können Sie etwas lauter sprechen, Herr Jellinek? Je undeutlicher der Inhalt, umso wichtiger die Formen. Ich dachte, darin wären wir uns einig.
    OJ: Worte, Herr Hauptkommissar. Sie leben in einer Welt hohler Worte.
    VV: Dummes Gerede. Meine Bedingungen sind ganz einfach. Ich will eine Liste der Namen, Adressen und Telefonnummern sämtlicher Teilnehmer des Lagers haben. Ich will
mit Ihren drei Helferinnen und zwei der Mädchen sprechen. Wenn ich nichts Auffälliges finde, verspreche ich, Sie danach in Ruhe zu lassen.
(Fünf Sekunden Schweigen.)
    VV: Darf ich Sie darum bitten, mir zu erklären, ob Sie die Bedingungen verstanden haben, Herr Jellinek. Sie wollen sich doch wohl nicht weiterhin wie ein störrischer Esel aufführen?
(Wie komme ich bloß auf das alles? dachte Van Veeteren zufrieden und nahm sich ein weiteres Stück Pastete.)
    OJ: Sie sind ein Werkzeug der herrschenden Klasse, Herr Hauptkommissar, nicht der Gerechtigkeit. Sie sind es, der das Schwert in der Hand hält, nicht ich. Eines Tages werden Sie ...
    VV: Danke, das reicht. Predigen Sie lieber Ihrer Herde. Ich möchte Ihnen im Übrigen vorher noch ein paar Fragen stellen ... in Ihrer Eigenschaft als Verantwortlicher für das Waldingenlager und geistiger Führer des Reinen Lebens sozusagen. Stimmt es, dass Sie sexuelle Beziehungen zu allen drei Ihrer Mitarbeiterinnen unterhalten?
(Keine Antwort.)
    VV: Möchten Sie, dass ich die Frage wiederhole?
    OJ: Ich möchte, dass Sie sich schämen und von hier verschwinden. Sie haben doch gar keine Ahnung, wovon ...
    VV: Ist eine derartige Verbindung denn mit der Moralauffassung und der Rolle der Frau in Ihrer Kirche vereinbar?
    OJ: Sie repräsentieren eine pervertierte und dekadente Gesellschaft, Herr Hauptkommissar, und lassen Sie mich jetzt ausreden. Wenn Sie Einblicke in eine andere Art zu leben und eine Anleitung dafür suchen, dann können Sie an unsere Gemeinde in Stamberg schreiben, dort wird Ihr Gesuch wie alle anderen behandelt werden.
    VV: Das würde mir nicht im Traum einfallen.
    OJ: Ich bestehe nicht darauf.
    VV: Viele Leute sehen Sie als einen Scharlatan an, Herr Jellinek.

    OJ: Es gibt einen Unterschied zwischen der Zahl der Vielen und der Zahl der Gerechten, Herr Hauptkommissar. Es ist Gottes Stimme, die mich leitet, sonst nichts. Wenn Sie mich weiter beleidigen wollen, stehe ich Ihnen zu Diensten, ansonsten gibt es andere Pflichten, die mich rufen.
    VV: Wie viele Mädchen nehmen hier am Lager teil?
    OJ: Zwölf, das habe ich Ihnen schon gesagt.
    VV: Wie viele waren anfangs dabei?
    OJ: Zwölf.
    VV: Danke. Ich glaube, dass Sie lügen, aber das ist meine Sache. Darf ich Sie jetzt bitten, Ihre Arbeit zu tun und dafür zu sorgen, dass Ihre Mitarbeiterinnen zu mir kommen?
    OJ: Mein Gewissen ist rein, Herr Hauptkommissar. Es wird Sie noch verfolgen. Glauben Sie meinen Worten.
    VV: Blödsinn. Ach ja, noch eine Sache. Kam es eigentlich 1990 im Zusammenhang mit der Anklage gegen Sie zu einer Untersuchung Ihrer Zurechnungsfähigkeit?
    OJ: Natürlich nicht.
    VV Entschuldigen Sie, nein, sonst würden wir ja nicht hier sitzen.
    OJ: Sie überschreiten Ihre Kompetenzen, Herr Hauptkommissar.
    VV: Ich habe eben keine innere Stimme, die mich leitet.
    OJ: Vergessen Sie nicht, ich habe Sie gewarnt.
    VV: Nun verschwinden Sie schon. Aber sorgen Sie dafür, dass die herkommen, mit denen ich reden will.
    OJ: Am Jüngsten Tag wird ...
    VV: Danke, das genügt fürs Erste.
     
    Der Hauptkommissar stellte den Kassettenrekorder ab und nahm sich zwei weitere Knoblauchschnitze mit Pastete. Spülte mit Bier nach, mit dem er sich schon vorher sorgfältig den Mund ausgewaschen hatte – mit dem Nachgeschmack von

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