Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kommissar und das Schweigen - Roman

Der Kommissar und das Schweigen - Roman

Titel: Der Kommissar und das Schweigen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
Vom Netzwerk:
richtige Stelle auf dem Band und drückte auf den Knopf.
     
    VV: Erzählt ihr mir bitte, wie ihr heißt. Und sprecht so laut, dass es auf dem Band zu verstehen ist.
    BM: Belle Moulder.
    CH: Clarissa Heerenmacht.
    VV: Wisst ihr, warum ich mit euch sprechen möchte?
(Schweigen. Van Veeteren erinnerte sich daran, dass die Mädchen einen Blick ausgetauscht hatten, bevor sie beide den Kopf schüttelten.)
    VV: Ich komme von der Polizei. Es geht um das Mädchen, das aus dem Lager verschwunden ist. Könnt ihr mir erzählen, wie das passiert ist?

    BM: Es ist keine verschwunden.
    CH: Alle waren die ganze Zeit hier.
    VV: Wie viele seid ihr?
    CH: Zwölf Stück.
    VV: Aber ihr wart doch am Anfang dreizehn?
(Kurze Pause.)
    BM: Wir waren die ganze Zeit zwölf. Versuchen Sie nicht, uns zu überrumpeln.
    VV: Nun gut, dann sagen wir, dass es so war. Könnt ihr mir erzählen, was ihr den ganzen Tag so macht?
    CH: Wir machen verschiedene Dinge.
    VV: Und was?
    BM: Baden, spielen. Wir haben Gesprächsstunden und Gruppenarbeit und so.
    VV: Gefällt es euch hier?
    BM: Ja.
    CH: Das ist ein prima Ferienlager.
    BM: Viele glauben, dass wir viele merkwürdige Sachen hier in Waldingen machen, aber das stimmt nicht.
    VV: Was glauben die?
    BM: Ich weiß nicht. Hier ist es jedenfalls ganz prima. Wir lernen eine Menge ganz tolle Sachen.
    VV: Aha. Kannst du mir ein paar Beispiele sagen?
    BM: Ja, wir lernen, was wichtig ist im Leben ... wie man miteinander leben soll und solche Sachen.
    CH: Wie man ein guter Mensch wird und rein in der Seele.
    VV: Und wie wird man rein in der Seele?
    CH: Man löscht alle bösen Gedanken.
    VV: Und wie geht das?
    CH: Da gibt es unterschiedliche Wege. Man muss dabei sehr sorgsam vorgehen, das Böse gibt es überall ...
    BM: Wir sollen mit Ihnen über so was nicht reden.
    CH: Nein ...
    VV: Aber es interessiert mich, ich möchte das lernen.
    BM: Dann müssen Sie mit Jellinek reden.
    VV: Warum?

    BM: Es ist nicht gut für uns, darüber zu sprechen. Wir sind dabei, hier wichtige Sachen zu lernen, und Sie kommen aus der Anderen Welt.
    VV: Der Anderen Welt?
    BM: Ja.
    VV: Was ist das?
    BM: Die Andere Welt ist alles, was nicht Das Reine Leben ist.
    VV: Ach so. Und wie lange seid ihr schon in dieser Kirche?
    CH: Wie lange? Ja, immer schon ...
    BM: Jedenfalls seit wir noch sehr klein waren.
    VV: Eure Eltern sind also auch Mitglieder?
    BM: Natürlich. Unsere Geschwister auch. Wir sind sozusagen auserwählt.
    VV: Ich verstehe. Wie alt seid ihr?
    BM: Vierzehn.
    CH: Zwölf ... fast dreizehn.
    VV: Geht ihr auch in die Schule des Reinen Lebens?
    BM: Bin ich gegangen. Jetzt gehe ich seit einem Jahr in eine normale Schule.
    CH: Ich soll im Herbst in der normalen Schule anfangen.
    BM: Sie glauben, dass wir nicht ganz richtig im Kopf sind, das ist immer so. Aber was wollen Sie eigentlich?
    CH: Uns geht es hier ganz prima in Waldingen.
    VV: Das habe ich begriffen. Es muss doch schwer sein, in eine Schule in der Anderen Welt zu gehen, nicht wahr?
    CH: Wir müssen ja auch lernen, wie man sich in der Anderen Welt verhält. Wie man sich dort benimmt.
    BM: Aber ich glaube, dass wir auch darüber nicht reden sollten.
    VV: Ist euch gesagt worden, worüber ihr mit mir sprechen dürft und worüber nicht?
(Schweigen. Ein warnender Blick des älteren Mädchens zu dem jüngeren hinüber, wenn er sich noch recht erinnerte.)
    CH: Nein ...
    VV: Du klingst aber unsicher.

    BM: Das hat uns niemand gesagt. Das wissen wir einfach.
    VV: Ich verstehe. Aber es gibt doch sicher ein paar Mädchen bei euch, denen es nicht ganz so gut gefällt wie euch?
    BM: Allen gefällt es ganz prima.
    VV: Allen?
    BM: Warum fragen Sie? Es ist doch klar, dass man zwischendurch mal traurig wird. Oder ist das so merkwürdig?
    CH: Ich weiß, dass es alle hier gut finden. Es sind ja auch wichtige Dinge, die wir machen ... und die wir lernen.
    VV: Könnt ihr mir ein bisschen über eure drei Grundpfeiler erzählen. Gebete, Reinheit und Entsagung?
    CH: Ja, das sind eben unsere Grundpfeiler. Auf denen baut sich alles auf ...
    VV: Was ist denn mit Reinheit gemeint?
    CH: Man muss rein sein, wenn man seinem Gott entgegentreten will, aber ich glaube ...
    BM: Das verstehen Sie nicht. Wenn man nicht Mitglied der Gemeinschaft ist, soll man nicht alle möglichen Fragen stellen.
    VV: Muss man nackt sein, um rein zu sein?
    CH: Ja ... nein.
    BM: Nein, das muss man nicht, und das geht Sie gar nichts an.
    VV: Bekommt ihr hier Besuch?
    BM: Nein, Besuch ist nicht gut, wenn wir dabei sind, alles

Weitere Kostenlose Bücher