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Der Kontinent der Lügen

Der Kontinent der Lügen

Titel: Der Kontinent der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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vorteilhaft wäre. Er legte einen Schalter um. Zu allen
Seiten wuchsen Glasdreiecke aus dem Fußboden und schlossen sich
in einer gewissermaßen rückwärts ablaufenden
Explosion über unseren Köpfen.
    »Ein seltsamer Apfel geht um in der Welt«, sagte ich.
»Wir glauben, daß er auf dem Schwarzmarkt auftauchen wird,
und wir möchten, daß du unser Mittelsmann bist.«
    »Was für ein Apfel? Wie ist der Titel?«
    »Der lauernde Lügner. «
    »Nie davon gehört.«
    »Wir haben Grund zu der Annahme, daß der Weber die
Technik kennt, die hinter dem Vorka-Massaker steckt.«
    Jonnie sah aus wie ein Baby, wenn es feststellt, daß seine
Mutter Eiskrem absondert. »Die Legende der Legenden! Ein neuer
Vorka-Traum! Wenn das meine Nachtwürmer rausfinden, werden sie
Eidechsen scheißen!«
    »Nun beherrsch dich mal, Jonnie«, sagte ich. »Wir
rechnen hier mit deiner Diskretion.«
    »Der betreffende Baum ist noch ziemlich jung und trägt
erst wenige Früchte«, erklärte Urilla. »Wir
hoffen, daß wir eine komplette Ernte aus dem Verkehr ziehen
können – neun oder zehn Kapseln.«
    Jonnie zog sein Schwert und tat so, als ob er sich ein Haar
auszupfen und es spalten würde. »Dann will ich mal eure
Karten auf den Tisch legen, Freunde. Ihr wollt nicht bloß,
daß ich ein paar wurmstichige Äpfel finde. Ihr wollt
wissen, wer sie gezüchtet hat. Mehr als das: Ihr wollt wissen,
wer die Samen hergestellt hat. Und noch mehr: Ihr wollt wissen, wo
der Baum ist. Tja, solche Fragen können dazu führen,
daß einem die Kehle durchgeschnitten wird.«
    Ich nahm einen Schluck von meinem Mundwasser Satans. »Ich
appelliere an dein Gewissen, Jonnie. Da ist ein neues Massaker im
Busch.«
    »In meinem Cocktailsalon rede ich nie über
Gewissensfragen. Darüber rede ich nur in meinem Swimming Pool.
Gestern haben wir Pelzbarsche reingetan. Hast du das schon mal
angetestet, Quinjin? Ist eine ganz neue Kunstform!«
    Wenn man mich fragt, wird das Schwimmen mit einem Pelzbarsch immer
ein zu unstrukturierter Sinneseindruck bleiben, als daß es das
Etikett ›Kunstform‹ verdient hätte, aber ich muß
zugeben, daß es eine äußerst sinnliche Angelegenheit
war. Als wir drei Wasser traten und die behaarten Fische ankamen und
an uns entlangstrichen, merkte ich, daß in der menschlichen
Haut ein latenter Hunger nach tierischem Fell steckt. Mag sein,
daß Jonnie für keinen in der Galaxis etwas Positives getan
hat, aber sein sinnloses Leben hatte zweifellos Stil.
    Eine volle Stunde lang sättigten wir unsere Nervenenden, dann
kam Urilla wieder zum Geschäftlichen zurück.
    »Sehen Sie’s mal so, Mr. Rondo. Wenn man die Kapseln
nicht findet und wenn SUPEREGO erfährt, daß der
Lotosfaktor wiederentdeckt worden ist, könnte die ganze
Traumindustrie ins Wanken geraten. Dann wär’s vielleicht
bald aus mit Ihrer Alptrinkerei.«
    Das traf einen beträchtlich dickeren und tiefersitzenden Nerv
bei Jonnie als die Pelzbarschmassage.
    »Na schön«, sagte er und sah Urilla an, ohne jedoch
viel zu sehen. Das Wasser war sattgrün getönt und
wohlweislich undurchsichtig. »Ich werde für euch mal auf
dem Planeten rumschnüffeln. Ich gehe zu ein paar
Zephapfel-Festivals. Ich halte die Augen nach eurem lauernden
Lügner offen. Aber wir reden über eine
beträchtliche Summe – ich hoffe, das ist euch klar. Ich
verzichte gern auf jedes Honorar, das ihr mir für meine
Bemühungen zugedacht hattet – du bist mein Freund, Quinjin
–, aber der Züchter wird einen Haufen Furniere sehen
wollen.«
    »Unser Finanzier ist Clee Selig«, sagte Urilla.
»Ich schätze, er bringt gut und gerne fünfzigtausend
mit.«
    »Kleine Fische. Die Gebote werden bei doppelt soviel
losgehen.«
    Ein Pelzbarsch glitt über meine linke Pobacke. »Denk
daran, Jonnie, wenn du nicht in uns investierst, wirst du vielleicht
nie wieder von tentakelbewehrten Ungeheuern träumen. Oder von
unaussprechlichen Ritualen. Oder von Sex zu viert.«
    »Schon gut, schon gut, ich zahle die Differenz. Ihr
müßt mir aber was versprechen. Wenn ihr die Kapseln habt,
kriege ich eine.«
    »Wozu?« fragte ich.
    »Ich brauch einen Briefbeschwerer – was meinst du mit
›Wozu?‹ Ich will sie schlucken.«
    »Nein, willst du nicht«, sagte ich. »Ich hab’s
nämlich gemacht. Das Ende ist so schrecklich, daß
ich’s verdrängt habe.«
    »Darin warst du schon immer ganz groß«, sagte
Urilla.
     
    In dieser Nacht suchte mich der lauernde Lügner zum erstenmal
seit einer Woche wieder im Traum heim.
     
    Erst als wir wieder in

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