Der Konvent der Zauberer
Incognixus kommt.
Mehr nicht. Das heißt, es ist nicht mehr zu sehen, obwohl auch ein Blatt Papyrus bei einer magischen Untersuchung sehr aufschlussreich sein kann. Ich sage Lisutaris, dass ich mich sofort daransetzen werde.
»Habt Ihr die Zivilgarde informiert?«
»Sicher. Aber die Gardisten haben keinen Zutritt zu dem Konvent. Deshalb möchte ich Euch engagieren.«
Ich sage Lisutaris, dass sie das genau genommen nicht braucht, weil Zitzerius mich bereits beauftragt hat, auf sie aufzupassen. Aber Lisutaris würde sich glücklicher fühlen, wenn sie mich direkt engagiert. Irgendwie macht das Sinn, also lasse ich mir von ihr einen Vorschuss geben.
»Es ist zwar nicht ganz einfach, Informationen über die Meuchelmörder zu bekommen, aber ich tue mein Bestes. Vermutlich ist es ohnehin nur ein schlechter Scherz.«
»Wer ist Incognixus?«, will Lisutaris wissen.
»Ein Mitglied der Meuchelmördergenossenschaft von Simnia. Er hat einen sehr üblen Ruf. Man behauptet, dass er noch nie bei einer Mission versagt hat.«
»Wie beruhigend für mich.« Lisutaris runzelt die Stirn. »Ich will dieses Amt nicht so sehr, dass ich bereit wäre, mich dafür umbringen zu lassen.«
Lisutaris ist mächtig genug, dass sie jederzeit einen wirksamen Schutzzauber mit sich herumschleppen kann. Der würde jede Klinge abwenden. Aber man kann nicht wissen, wie viele Tricks so ein Mordexperte wie Incognixus sich ausdenken kann, um ein Hintertürchen durch diesen Schutz zu finden. Ich versichere Lisutaris erneut, dass vermutlich nichts an der ganzen Angelegenheit dran ist, aber in Wirklichkeit mache ich mir ernste Sorgen.
Ein kalter Luftzug unter der Tür lässt meine Füße zu Eisklumpen gefrieren. Mit dem Fuß schiebe ich ein altes Kissen an die Stelle, um den Spalt zu schließen. Lisutaris lächelt. Es gibt viele Zauberer, die ich nicht in meinen Gemächern willkommen heißen würde. Aber Lisutaris ist nicht der überhebliche Typ. Damals im Krieg hat sie in einem Zelt direkt unter den Mauern geschlafen wie alle anderen auch. Es würde mir Leid tun, wenn sie mit dem Pfeil eines Meuchelmörders in der Brust sterben müsste.
»Ich brauche jemanden, der mir den Rücken freihält«, erklärt Lisutaris.
»Habt Ihr mich nicht gerade genau dafür engagiert?«
»Schon. Aber Ihr werdet auf dem Konvent genug zu tun haben. Ich möchte zusätzlich Makri als Leibwächterin rekrutieren.«
Das ist keine schlechte Idee. Wenn man einen Leibwächter braucht, ist Makri eine sehr gute Wahl. Vorausgesetzt allerdings, es stört einen nicht, wenn sie ab und zu noch ein paar Leute nebenbei abschlachtet. Um in Übung zu bleiben, sozusagen. Und da die Innungshochschule den Winter über geschlossen hat, hätte sie auch genug Zeit.
»Ich glaube, sie wäre sehr erfreut über diese Aufgabe. Vermutlich würde sie das ein wenig aufheitern.«
»Ist Makri denn unglücklich?«
Unter anderen Umständen wäre es höchst ungewöhnlich, dass die vornehme Herrin des Himmels Makri überhaupt zur Kenntnis nimmt. Aber die beiden haben sich in der Vereinigung der Frauenzimmer kennen gelernt. Jedenfalls nehme ich das an, obwohl die Vereinigung ihre Mitgliederliste zur Geheimsache erklärt hat.
»Sie ist ziemlich unglücklich. Einige persönliche Probleme. Die meisten habe ich allerdings schon gelöst.«
Lisutaris schweift bereits ab, und als ich sie nach dem Konvent frage, braucht sie einige Sekunden, bis sie antwortet.
»Wie genau wird der neue Oberhexenmeister der Innung gewählt? Ist es eine direkte Wahl, oder gibt es eine Art Prüfung?«
»Beides. Die Zauberer stimmen für die Kandidaten, und die zwei mit den meisten Stimmen müssen eine Endausscheidung überstehen.«
»Und was ist das für eine Ausscheidung?«
»Eine Prüfung im Magischen Raum.«
»Was für eine Prüfung?«
Das weiß die Herrin des Himmels auch nicht. Charius der Weise wird die Aufgabe festlegen, und er hütet die Details wie seinen Zauberstab.
»Wenn ich Glück habe, müssen wir nach Thazispflanzen suchen«, meint Lisutaris, die zurzeit ein wenig sehr auf ihre Vergnügungen konzentriert ist. Ich führe sie zu Makris Zimmer, trenne mich vor der Tür von ihr und gehe nach unten, um mir ein Bier zu holen. Ich genehmige mir einen Jumbokrug der Sorte »Zünftiger Zunftmann« und informiere Ghurd, dass er ein paar Tage auf seine Kellnerin verzichten muss, weil ihre Pflichten als Leibwächterin von Turais führender Zauberin sie vom Tresen wegrufen. Ghurd ist erleichtert. Er leidet ebenfalls unter
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