Der Konvent der Zauberer
es erwähne.
»Vielleicht ist Tilupasis ja der Meinung, dass sie auch ohne Solidarität ganz gut klarkommt«, spekuliere ich.
Ihr Auftrag als Leibwächterin behagt Makri jedenfalls ganz und gar nicht. »Ich habe erwartet, dass ich ab und zu einen Angreifer erledigen soll und vielleicht ein paar Meuchelmörder aufhalten muss. Dass dieser Auftrag auch bedeutet, Kindermädchen für eine Frau zu spielen, die nach dem Mittagessen nicht mehr aufrecht stehen kann, habe ich nicht vermutet. Was hast du dir bloß dabei gedacht, sie als Oberhexenmeisterin der Zaubererinnung vorzuschlagen?«
»Ich habe sie nicht vorgeschlagen. Das war Zitzerius’ Idee. Hängt sie immer noch an ihrer Wasserpfeife?«
»Wie ein hungriger Drache, der an einem Kadaver herumkaut. Wie schafft sie es nur, sich an ihre Zaubersprüche zu erinnern? Dir gelingt das ja nicht einmal in nüchternem Zustand.«
»Sie hat eben länger studiert als ich.«
»Der Konvent war die reinste Hölle. Ich musste sie ständig von Besuchern wegzerren, damit die fremden Zauberer nicht gemerkt haben, wie berauscht sie war. Sollte sie nicht eigentlich die Leute beeindrucken?«
Trotz ihrer jüngsten Fehltritte hat Makri eine puritanische Ader, und die scheint allmählich wieder zum Vorschein zu kommen. Sie ist der Meinung, dass die Leute ihre Arbeit ordentlich tun sollten, und Lisutaris ist ganz offenbar dazu nicht in der Lage. Ich stimme ihr zu. Mit einem solchen Auftreten wird Lisutaris die anderen Zauberer sicherlich nicht sonderlich beeindrucken.
»Die Delegation von Turai tut ihr Bestes. Die beiden anderen Tribune haben ihre Aufgaben, Gastfreundschaft zu verbreiten, so gut erfüllt, dass einige unserer Gäste mittlerweile derartig mit Sex, Alkohol und Boah abgefüllt sind, dass sie ihr Kreuz überall machen würden. Das wird zwar nicht genügen, Ramius bei der Abstimmung zu schlagen, aber vergiss nicht, dass unsere Kandidatin es nur auf einen der ersten beiden Plätze schaffen muss.«
»Aber die beiden unterziehen sich doch einem entscheidenden Wettkampf«, meint Makri. »Wie soll Lisutaris den denn überstehen?«
»Wer weiß? Es würde mich nicht überraschen, wenn Tilupasis bereits eine Möglichkeit ausbrütet, auch dabei zu betrügen.«
Als wir wieder in der Rächenden Axt sind, schaut Makri nach Lisutaris. Ich habe kaum genug Zeit, mich mit Eintopf, Rehbraten und Wurzelgemüse voll zu stopfen, bevor ich mich wieder an die Arbeit mache und die Liste der Empfänger der Drachenschuppen durchsehe. Es ist eine höchst interessante Liste. Auf ihr befinden sich die Namen einiger sehr vornehmer Turanierinnen. Diese reichen Ladys genießen es anscheinend, ihr Haar mit funkelnden Drachenschuppen zu schmücken, aber anscheinend haben sie keine Skrupel, sie günstiger zu erwerben, selbst wenn das ungesetzlich ist. Die Geschäfte von Hehlox und Abzox florierten ganz offensichtlich blendend. Zu ihrem illustren Kundenstamm gehören Prätor Raffius, Präfekt Calvinius, einige andere Senatoren sowie einige hohe Stadtbonzen. Und auch reiche Kaufleute sind unter ihnen, wie ich sehe, auch Rizzrads, der Holzhändler. Das überrascht mich nicht. Er wollte seine Frau glücklich machen, und nichts sagt besser: »Ich liebe dich, Schatzi!«, als ein funkelndes Haargeschmeide aus perfekt zurechtgeschliffenen Drachenschuppen.
Bedauerlicherweise jedoch haben nur wenige Leute auf der Liste etwas mit Zauberei zu tun. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich Raffius oder Calvinius über einen Kessel beugen und die magische Brühe der schwarzen Köchin zusammenbrauen. Da fällt mir der Name Tinitis Schlangenstricker ins Auge. Sie könnte die Drachenschuppen gekauft haben, um Zaubersprüche zu wirken. Sie ist eine Zauberin. Allerdings ist sie auch eine Frau, die sich nur zu gern vorteilhaft in Szene setzt, und ich bin eher geneigt zu glauben, dass sie mit den Schuppen ihr Haar zur Geltung bringen wollte, als dass sie so etwas für einen bösen Bann verschwendet. Tinitis gibt keine gute Mörderin ab. Sie mischt sich meines Wissens nie in Politik ein oder gibt sich mit Verbrechen ab. Sie ist eigentlich eher damit ausgelastet, ihrem Ruf als Partylöwin gerecht zu werden, die gelegentliche Affären hat und sich ansonsten prächtig amüsiert. Sie hat zwar viel Macht, aber das Spektakulärste, was sie bisher gezaubert hat, waren leuchtende Bäume zum Anlass eines rauschenden Empfangs, den sie in ihrem Garten gegeben hat. Zumindest war der Berühmte und Wahrheitsgetreue Chronist beeindruckt. Die
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