Der Konvent der Zauberer
Eintopf. Tanrose macht hervorragenden Eintopf. Sie würzt ihn mit Kräutern, die sie im Hinterhof anbaut. Ghurd und ich haben eine Menge Eintopf gekocht, während wir auf unseren Feldzügen rund um die Welt gereist sind, aber wir hatten eindeutig kein besonderes Talent dafür. Selbst wenn ich ZwölfSeen noch so verachte: Nur hier ist es möglich, die hervorragenden Mahlzeiten zu verdrücken, die Tanrose zaubert.
Die Rächende Axt hat noch nicht geöffnet, und es wäre wunderbar ruhig, wenn nicht aus dem Hinterhof wilde Kampfgeräusche zu uns dringen würden.
»Makri ist wütender als ein angeschossener Kriegsdrache«, erklärt Ghurd.
Glücklicherweise ist Makri nicht wütend auf mich. Nicht einmal auf die schmutzige Stadt Turai oder auf das Wetter. Sie ist wütend auf sich selbst und kann es einfach nicht fassen, dass sie vor einem Gegner auf den Hosenboden gefallen ist. Am frühen Morgen begegnete eine überraschte Tanrose einer übernächtigt wirkenden, aber bis an ihre regelmäßigen Zähne bewaffneten Makri, die sich für die Schlacht mit den Holzpuppen im Hof gewappnet hatte. Seitdem strapaziert sie ihre Waffen, ungeachtet der beißenden Kälte, und produziert Kleinholz.
Die Kampfgeräusche verstummen, und Makri kommt herein und greift sich eines der langen Messer, die sie unter der Theke versteckt.
»Du hast noch nichts gegessen«, sagt Tanrose. »Iss etwas Eintopf.«
»Ich habe keine Zeit«, lehnt Makri ab. »Ich bin hingefallen. Ich bin entehrt.«
Damit eilt sie hinaus und umklammert krampfhaft ihr Messer. Ich widme mich meinem Eintopf und nehme noch ein Bier dazu.
»Sie geht zu hart mit sich ins Gericht«, meint Ghurd. »Selbst der beste Kämpfer kann nicht ununterbrochen kämpfen. Sieh nur Thraxas an. Er war ein ausgezeichneter Kriegskamerad und die Hälfte der Zeit so betrunken, dass er nicht mal geradeaus gehen konnte.«
Da hat er nicht ganz Unrecht. Zum Glück war ich damals ein ausgezeichneter Reiter.
»Makri wird immer seltsamer«, meine ich nachdenklich.
»Seltsamer?«
»In den letzten Wochen war sie traurig wegen Gal-an, dem Elf von Avula. Dann war sie eine entschlossene Leibwächterin. Direkt danach hat sie sich mit Lisutaris berauscht, und anschließend hat sie versucht, Sermonatius zu retten. Dann wiederum hat sie sich in der Bibliothek vergraben und sich kurz darauf wieder berauscht. Und jetzt spielt sie wieder das verrückte Axtweib. Ich verstehe das nicht. Sie sollte sich eine Persönlichkeit aussuchen und dabei bleiben. Es ist nicht normal, ständig zwischen ihnen hin und her zu springen.«
»Vielleicht ist es ja das gemischte Blut«, meint Ghurd.
Ich bin stark geneigt, ihm zuzustimmen.
»Vermutlich wird es sie am Ende um den Verstand bringen.«
»Spitze Ohren.«
»Garantieren Ärger.«
»Unsinn«, höhnt Tanrose. »Sic ist einfach nur jung und begeisterungsfähig.«
»Begeisterungsfähig? Für alles?«
»Natürlich. Makri ist voller Leidenschaft. Kannst du dich denn nicht mehr erinnern, wie es war?«
»Nö, daran kann ich mich nicht erinnern. Noch ein Bier, bitte, Ghurd.«
Ich frage mich, ob ich selbst bei meiner Frau je leidenschaftlich gewesen bin. Meine Erinnerung diesbezüglich ist etwas verschwommen. Lisutaris betritt die Bar. Sie hat die Nacht auf Makris Boden zugebracht, und ihr feines Gewand ist zerknittert. Ihre Schminke ist zerlaufen. und ihr Haar braucht dringend Copros Kamm. Oder wenigstens eine Bürste.
»Ich gehe besser zurück nach Thamlin und richte mich etwas her, bevor ich zum Konvent gehe. Heute gibt es ein großes Bankett. Und dann steht die Wahl an.«
Beides scheint jedoch wenig Begeisterung in ihr auszulösen.
Lisutaris hockt sich zu uns an die Bar und lehnt das Frühstück ab, das Tanrose ihr anbietet. Auch wenn Tanrose sich allmählich an die merkwürdige Sammlung von Typen gewöhnt hat, welche die Rächende Axt durchlaufen, überrascht sie der Anblick von Turais bester Zauberin doch ein wenig. Diese reinrassige Aristokratin hockt unglücklich am Tresen und sieht aus wie eine exotische Kaschemmentänzerin nach einer rauen Nacht.
»Wie läuft es auf dem Konvent?«, erkundigt sich Tanrose jovial.
»Schrecklich«, erwidert Lisutaris. »Sie versuchen, mich umzubringen.«
Ich bin beunruhigt. Die Nerven der Herrin des Himmels scheinen auch nicht mehr so solide zu sein, wie sie mal waren. Exzessiver Thazisgenuss kann durchaus zu Verfolgungswahn führen. Hab ich jedenfalls schon mal gehört.
»Wir sind nicht sicher, dass jemand Euch töten will.«
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