Der Konvent der Zauberer
Er hätte dir den Kopf abgeschlagen, wenn ich ihn nicht vom Balkon geworfen hätte.«
»Ich hätte es schon geschafft.«
»Nur, wenn Yulis sich zwischendurch ein Bier genehmigt hätte.«
»Müsst ihr euch immer streiten?«, erkundigt sich Direeva gereizt.
»Wer hat Euch denn um Eure Meinung gebeten?«, fahre ich sie wütend an.
»Und wer bringt Euch in den Magischen Raum?«
»Ich würde auch so einen Weg hinein finden.«
»Der einzige Weg, den Ihr finden würdet, ist der in Lisutaris’ Weinkeller.«
Unsere Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Glücklicherweise kommt Lisutaris noch rechtzeitig die Treppe herunter, bevor wir anfangen, handgreiflich zu werden. Wir sind aber nicht die Einzigen, deren Nerven blank liegen. Die Atmosphäre auf dem Konvent ist ungewöhnlich gereizt. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass sich irgendwelche hässlichen Gerüchte herumgesprochen haben, oder daran, dass die Zauberer aufgrund der Bedeutung dieses Tages gezwungen sind, ihre Orgien etwas einzuschränken. Selbst Glorius Viktorius wirkt unterwürfiger. Zitzerius reißt mir fast den Kopf ab, als ich ihm gestehe, dass ich noch keine weiteren Fortschritte in der Suche nach dem Mörder gemacht habe.
»Glaubt Ihr denn, das wäre so einfach? Ich versuche, einen Plan zu entschlüsseln, der von einer Magie ersonnen wurde, der noch kein Zauberer bisher begegnet ist. Jemand, der sehr raffiniert war, hat mein Büro betreten und Darius ermordet, und es weiß immer noch niemand, warum. Und vergesst nicht all das andere, was ich noch auf der Liste hatte. Zum Beispiel Eurer Freundin Tilupasis zu helfen, uns den Weg zu unserem Sieg freizubestechen. Außerdem muss ich auch noch Lisutaris, die Herrin des Himmels, vor Incognixus beschützen, von dem auch keiner weiß, wer er ist. Als Ihr mir den Auftrag gegeben habt, habt Ihr mir zudem verschwiegen, dass die Simnianer einen Meuchelmörder engagiert haben, der unsere Kandidatin erdolchen soll.«
»Ich bin immer noch nicht davon überzeugt, dass dies tatsächlich der Wahrheit entspricht«, erwidert der Vizekonsul kühl.
»Ich schon. Lisutaris weiß, dass Ramius Sonnensturm einen Meuchelmörder engagiert hat, und das reicht mir.«
Dandius stürmt in das Privatgemach. Er macht einen etwas gehetzten Eindruck.
»Wie könnt Ihr es wagen, Euch an einem so wichtigen Tag zu verspäten?«, fährt der Vizekonsul ihn an und macht Anstalten, ihm eine Strafpredigt zu halten.
»Bohemius ist tot«, unterbricht ihn Dandius keuchend.
»Tot?«
»Eine Überdosis Boah. Gestern Nacht.«
Dandius scheint den Tränen nahe, als er vom Tod seines jungen Gefährten berichtet. Zitzerius hat es die Sprache verschlagen.
»Ich sorge dafür, dass es keiner erfährt«, kommentiert Tilupasis nüchtern und verlässt eilig den Raum. Zitzerius erholt sich rasch und befiehlt Dandius, sich gefälligst zusammenzureißen.
»Es wird Zeit, dass alle Turanianer ihre Pflicht tun.«
Alle Turanianer, die im Privatgemach des Vizekonsuls anwesend sind, stehen bereits mächtig unter Stress, während sie dabei sind, ihre Pflicht zu tun. Prätor Samilius taucht plötzlich auf und gibt zu, dass keiner seiner Ermittler auch nur irgendwas über irgendwas herausgefunden hat. Samilius passt es gar nicht, dass er als Oberbonze der Zivilgarde nicht früher über die Ereignisse informiert worden ist. Der Alte Hasius Brillantinius schaut kurz vorbei, bevor er losgeht und bei der Endausscheidung hilft. Er lässt uns noch einmal unmissverständlich wissen, dass er immer noch an Lisutaris’ Schuld glaubt.
»Ich weiß nicht, warum Lasath die Goldsichel ihr erlaubt hat, weiterzumachen«, räumt er ein. »Aber ich weiß, dass es sinnlos ist.«
»Die Regierung des Königs hält das keineswegs für sinnlos«, erwidert Zitzerius scharf.
»Dann benimmt sich die Regierung des Königs noch dümmer als gewöhnlich«, kommt die noch schärfere Erwiderung.
Der Vizekonsul starrt den Alten Hasius an, aber der Zauberer ist viel zu alt, zu ehrwürdig und zu mächtig, um sich von irgendjemandem einschüchtern zu lassen. Konsul Kahlius taucht auf, und der Alte Hasius erinnert ihn daran, dass er Lisutaris schon von Anfang an nicht für eine geeignete Kandidatin für das Amt des Oberhexenmeisters der Zaubererinnung gehalten hat. Nach Kahlius’ Gesichtsausdruck zu schließen, rennt er bei dem Konsul offene Türen ein, aber der kann jetzt auch nichts mehr machen.
Die Endausscheidung beginnt in einer Stunde. Bisher hat noch niemand eine Ahnung, worin die
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