Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller
lockt.
Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinunter, immer im Kreis, auf den eisernen Stufen am Erdgeschoss vorbei und weiter hinunter in den Keller. Suzannah öffnete eine versteckte Falltür, und ein Schwall abgestandener, feuchter Luft schlug ihnen aus der schwarzen Öffnung, die vor ihnen gähnte, entgegen.
Ganz schwach konnte man aus der Tiefe das Geräusch von fließendem Wasser hören. Und während Crystals Herz wie wild in ihrer Brust schlug, nahm Suzannah eine Taschenlampe, stieg in das Loch und verschwand über eine verrostete, eiserne Leiter.
Crystal folgte ihr.
Während sie in die Tiefe stieg, konnte das Mädchen spüren, dass die Wände schwitzten, dass der Schlamm von Jahrhunderten von ihnen herabtropfte. Als die Leiter endete, setzten die beiden den Weg über eine schmale Steintreppe weiter in die Tiefe fort. Crystal hatte 26 Stufen gezählt, ehe ein angstvolles Jammern zu ihrer Rechten sie anhalten ließ. Ihre Muskeln spannten sich, und einen Augenblick lang war sie wie erstarrt.
Das Geräusch war ein leises Stammeln, das von irgendwo kam, ohne dass sie ausmachen konnte, woher. Es schien von mehreren Stellen rechts von ihr zu kommen.
Crystal drehte sich um und wollte wegrennen – aber Suzannah packte sie am Arm. »Schau«, sagte die Frau.
Ohne das Mädchen loszulassen, schwenkte Suzannah die Taschenlampe in einem Bogen, der die Finsternis um sie durchschnitt. Crystal konnte jetzt erkennen, dass sie einen gewölbten Korridor erreicht hatten. Der Boden bestand aus abgetretenem Felsstein, die Wände und die Decke waren verputzt, der Korridor schien lang zu sein und verschwand irgendwo in verschwommenem Schwarz. Zu ihrer Linken war eine verschlossene Holztür zu sehen, zur Rechten zweigten fünf schwarze offene Bögen ab, durch die das Jammern zu ihnen drang.
»Was du da hörst«, sagte Suzannah, und in dem Augenblick, in dem sie sie sprach, wurden ihr die Worte fast von den Lippen gesogen, »ist der Wind vom Mississippi. Was du hier siehst, ist ein alter Schmugglerkeller aus dem 17. Jahrhundert.«
Während sie das sagte, richtete die Frau den Lichtbalken ihrer Taschenlampe in einen der offenen Bögen. Am äußersten Rand des Strahls konnte Crystal undeutlich die steinerne Begrenzung eines Stroms sehen.
»Siehst du diesen unterirdischen Fluss? Er führt zum Mississippi. Französische Piraten haben ihn einstmals genutzt. Jetzt hat man den Zufluss zum Mississippi mit einem Eisengitter versperrt.«
»Ist es das, was du mir zeigen wolltest?«, fragte Crystal, der es jetzt peinlich war, dass sie versucht hatte wegzurennen.
»Nein«, sagte Suzannah. »Das will ich dir zeigen.« Sie ging zu der Holztür und bedeutete Crystal einzutreten.
»Was ist hier?«, fragte das Mädchen, das in der Finsternis stand, während die Frau nach oben griff, um eine an der Wand befestigte Fackel anzuzünden.
Crystal stockte vor Angst der Atem. Ihre Nackenhaare sträubten sich. Instrumente wie die, mit denen dieser höllische Raum gefüllt war, hatte sie noch nie gesehen.
»Das ist eine Folterkammer! «, kreischte Crystal und spürte den eisigen Schauer, der ihr über den Rücken lief.
»Richtig«, sagte Suzannah. Dann lachte sie laut und ihre Stimme klang hart und brüchig.
Das Verlies war eine steinerne Krypta, sechs mal neun Meter groß. An einer Wand führte der Kamin einer offenen Feuerstelle wie eine große, saugende Vene nach oben; Spinnweben hingen wie Schleier von seinen Ziegeln. Dahinter stand ein Kohlenbecken, von dessen Rand sieben Brenneisen hingen. An der gegenüberliegenden Wand konnte man ein mittelalterliches Streckbett sehen, dessen Räder und Klammern der Lichtschein der Fackel in unechte Schatten hüllte und die mit dunklen, seitlich in dünnen Linien auslaufenden Flecken bedeckt waren. Eine Eiserne Jungfrau kauerte wartend in der hinteren Ecke, ihre Tür gähnte mit ein paar Hundert spitzen Zähnen. Crystal drehte sich panikerfüllt um und sah ein Halseisen von der Decke hängen – sah an einer Wand Peitschen, Handschellen und eine neunschwänzige Katze hängen – sah auf der Steinfläche hinter der Tür ein Schädelgestell mit sieben feixenden, elfenbeingelben, grinsenden Fratzen hängen – entdeckte, dass auf der Fläche links von ihr Messer, Nadeln und chirurgische Instrumente in sauberer Präzision ausgerichtet lagen – und am allerschlimmsten, dass Suzannah mit über der Brust verschränkten Armen dastand und den Eingang bewachte. Das reflektierte Licht der Fackel glitzerte auf den
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