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Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Titel: Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Slade
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Metallringen in ihrem Schritt.
    Während das stumpfe, scheußliche Heulen, von dem Suzannah gesagt hatte, das sei der Wind über dem Fluss, das Gewölbe mit seinem Echo zu füllen begann, schrie Crystals Bewusstsein ihr zu: Ein Messer! Schnapp dir ein Messer!
    Das Mädchen rannte zu der Fläche, wo die polierten, glitzernden Klingen lagen, und drehte sich dann, ein Schlachtermesser in der einen, ein Häutemesser in der anderen Hand, zur Tür um.
    Suzannah grinste. »Crystal, du bist großartig! Was für ein Schauspiel«, sagte sie.
    »Ich will hier raus«, zischte das Mädchen zwischen fest zusammengepressten Zähnen.
    »Gut. Dann funktioniert es also«, erwiderte die Frau, ohne sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. »Denn genau das ist die Vorstellung, meine Liebe, die dieses Theater aufführen soll.«
    »Aber … Wozu dient dieser Ort? Sag mir das!«
    »Crystal, Crystal, Crystal«, sagte Suzannah und schüttelte den Kopf. »Hier arbeite ich.«
    »Arbeiten!«
    »Ja, arbeiten, Dummerchen, wozu, glaubst du, soll es sonst dienen?«
    »Für welche Arbeit braucht man einen solchen Ort?«
    »Die Art Arbeit, Liebes, mit der man in zwei Wochen 100 Riesen verdient. Die Arbeit, Schuld zu lindern.«
    »Geh zur Hölle! «, schrie Crystal. »Lass mich hier raus!«
    »Wer hindert dich daran? Du bist doch die mit den Messern.«
    Das Mädchen blinzelte. Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie auf ihre beiden Hände und die zwei rasiermesserscharfen Instrumente herab, die sie hielt. Dann huschten ihre Augen, einen Trick befürchtend, zur Tür zurück. Suzannah hatte sich nicht bewegt.
    »Was du da um dich herum siehst, Liebes – das, wovor du anscheinend solche Angst hast –, ist wirklich nichts anderes als eine Millionen-Dollar-Fantasie – das Wesen des Masochismus. Das sind bloß ein paar Requisiten.«
    Crystal schüttelte benommen den Kopf. »Aber weshalb würde jemand das wollen? « Sie deutete auf die Wände. »Ah, das ist jetzt die Frage. Und das zeigt mir, dass du die Männer nicht kennst.«
    »Dann sag es mir«, sagte Crystal und legte die Messer weg.

Der Friedhof
    Vancouver, British Columbia, 1982
    Sonntag, 31. Oktober, 05:30 Uhr
    Zwölf Jahre und die Uniform passte noch immer. Das tat ihm gut.
    Schon vor dem Morgengrauen bei der Arbeit zu sein, war für den Superintendent ungewöhnlich. An den meisten Morgen wäre er leise aus dem Bett gestiegen, um seine Frau nicht zu stören, wäre in die Küche gegangen, hätte dort den Kaffee aufgesetzt und dann eine dampfende Tasse – schwarz und stark – ins Gewächshaus getragen und sich dort zwischen seine Pflanzen gesetzt. Hier, um diese frühe Stunde, allein mit seinen Gedanken und weit weg von all den Sinneseindrücken, die sich mit dem Tageslicht einstellen würden, gab sich Robert DeClercq dem Spießrutenlauf hin, der weit in seine Vergangenheit reichte. Mit jedem neuen Tag reihten sich dieselben Gespenster aufs Neue auf und warteten auf ihn, alle mit Messern. Und jeden Morgen überwand er sie in jener Stunde vor Tagesanbruch.
    Meist pflegte DeClercq sich dann eine weitere Tasse Kaffee einzugießen, sich dem Wetter gemäß anzukleiden, durch die hintere Tür des Gewächshauses in Freie zu treten und hinunter ans Meer zu gehen. Dort saß er dann beinahe reglos auf einer Anhöhe über dem Ozean auf dem alten Sessel aus Treibholz und dachte, während er auf die Morgendämmerung wartete, darüber nach, was ihn im Laufe des Tages an Arbeit erwartete. Erst wenn am östlichen Horizont die Sonnenstrahlen aufflammten, pflegte er in das Gewächshaus zu seinem Korbsessel zurückzukehren, und sich dort das Klemmbrett auf die Knie zu legen.
    Das galt für die meisten Tage. Heute war es anders. DeClercq setzte den Wasserkessel auf, mahlte wie gewöhnlich den Kaffee, ging dann an den Kleiderschrank im Gästeschlafzimmer und holte seine Uniform heraus. Elf Jahre hatte sie unbenutzt und unberührt dort gehangen. Er suchte eine Bürste mit weichen Borsten, setzte sich aufs Bett und entfernte mit kurzen Bewegungen die Fusseln eines Jahrzehnts von dem dunkelblauen Sergestoff. Er bügelte die Hose und putzte die Schuhe. Dann, bei seiner ersten Tasse Kaffee im Gewächshaus, polierte Superintendent Robert DeClercq jeden einzelnen Messingknopf seiner Uniform, bis sie alle im Licht der Schreibtischlampe glänzten. Erst dann kehrte er ins Gästeschlafzimmer zurück und schlüpfte in die blaue Uniformjacke.
    Der Mann, der ihn aus dem Spiegel des Kleiderschranks anstarrte, war ein Mann, den

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