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Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Titel: Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Slade
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zusätzliche Verhöhnung. Zu seiner Rechten zwinkerte der Leuchtturm von Point Atkinson.
    Langsam stieg DeClercq den Weg zurück zu seinem Haus hinauf. Drinnen angelangt, streifte er die jetzt von der Gischt feuchten Kleider ab, zog sich wieder an und trug eine zweite Tasse Kaffee ins Gewächshaus. Dann nahm er Lazarfelds Wie die Frau den Mann erlebt in die Hand und wandte sich dem markierten Abschnitt zu.
    Die nächsten beiden Stunden las DeClercq, tauchte wie der Kormoran unter der eisigen Oberfläche nach etwas Unsichtbarem.
    Draußen schlug blasses Sonnenlicht auf die Wörter ein, die in den Kreis eingegraben waren, der die Sonnenuhr umgab. Sie verkündeten: Es ist später, als du denkst.
    05:20 Uhr
    Awakomowitsch fühlte sich wie ein Ghoul.
    Seine Stimmung rührte zweifellos daher, dass er allein mitten in einem der Autopsieräume im Lions Gate Hospital stand, umgeben von Leichen, jede in einem anderen Stadium der Verwesung und des Verfalls. Aber das war es nicht allein. Er tat dies nicht zum ersten Mal.
    Awakomowitschs Stimmungslage war mehr als alles andere von der Tageszeit abhängig.
    Er hatte nie zuvor in der Stille eines verlassenen Labors inmitten verfaulender Toter und umgeben von der Schwärze der vor den Fenstern auf ihn hereindrängenden Nacht gearbeitet. Bei dem Gestank konnte einem übel werden, deshalb trug er eine Chlorophyll-Maske vor dem Gesicht. In der einen Hand hielt er ein Vergrößerungsglas, in der anderen ein Skalpell. Und es trug keineswegs zur Verbesserung seiner Stimmung bei, dass man in den vier Stunden, die er jetzt hier war, aus dem Krankenhaus zwei neue Bewohner mit Etiketten an den Zehen herangerollt und in Schubladen untergebracht hatte. In diesem Raum kam ihm das Gruseln.
    Irgendwo seufzte etwas, was er nicht definieren konnte, und die Klimaanlage stöhnte.
    Ein Wasserhahn tropfte.
    Weit entfernt, in einem anderen Flügel, ertönte leises Lachen.
    Das Skalpell scharrte auf Knochen.
    Er wandte sich den Knochen zu, die man auf dem Hügel gefunden hatte, und schob die Leiche der Nonne beiseite.
    Um Zugang zum Labor zu haben, musste Awakomowitsch um diese frühe Morgenstunde arbeiten – sobald der Morgen dämmerte, würde die Pathologieabteilung des Krankenhauses wieder von den Lebenden beansprucht werden.
    Vorher war er im Richmond General Hospital gewesen, um die Überreste von Helen Grabowski zu untersuchen. Er hatte nichts gefunden.
    Die Leiche von Joanna Portman war noch unterwegs. Beinahe erwartete der Wissenschaftler, dass die Herren Burke und Hare, die legendären West-Port-Mörder, sie in den Leichensaal tragen würden.
    Im Gegensatz zu Dr. Kahil Singh hatte Awakomowitsch die sterblichen Überreste aus North Vancouver in umgekehrter Reihenfolge in Angriff genommen: zuerst die einfachsten und dann die hässlichsten. Er hatte die Leiche der Nonne geröntgt, um irgendwelche Metallfragmente zu finden, und hatte dann das weiche Körpergewebe mithilfe eines Ultraschallgeräts auf nichtmetallische Partikel gescannt. Soweit die Musteranalyse auf dem Bildschirm erkennen ließ, wurden die Schallwellen, die durch das Fleisch drangen, von nichts außer Knochen zurückgeworfen.
    Blieb das Skelett vom Hügel.
    Eine halbe Stunde lang verfolgte Joseph Awakomowitsch die von dem Skelett aufgezeichneten Verletzungsmuster und verglich sie mit den Röntgenaufnahmen von Liese Greiner, die Interpol geschickt hatte. Die Übereinstimmung war beinahe hundertprozentig. Es gab ein paar Sprünge in den Oberschenkelknochen beider Beine und einen Bruch im linken Waden- und Schienbein; das Darmbein war an der linken Seite des Beckens gebrochen, ebenso der Oberarmknochen. Dann war da ein Sprung in der linken Speiche, aber die Elle war nicht gebrochen. Als Awakomowitsch sein Vergrößerungsglas über den Knochen bewegte und die Frakturen verglich und registrierte, fiel ihm ein Haarriss im Schambein auf, dem Knochen, der die untere Partie des Beckens bildet. Und in dieser Fraktur fand der Wissenschaftler den Splitter.
    Der Splitter war winzig klein und von stumpfschwarzer Farbe.
    Die Fraktur, in der er sich befand, war auf den von Interpol eingesandten Röntgenaufnahmen nicht vorhanden.
    Das hatte natürlich wenig zu bedeuten: Möglicherweise war sie entstanden, als das kleine Mädchen gegen die Knochen gestoßen war.
    Stammt der Splitter von einer Schuhsohle?, fragte sich Awakomowitsch. Vielleicht ein Stück Rinde? Oder ist er hineingeraten, als die Knochen ins Krankenhaus gebracht wurden?
    Was auch immer

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