Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller
»Punk Rock, dass ich nicht lache! Kotzrock, könnte man eher sagen!«
»Also mir gefällt The Clash «, sagte Katherine Spann.
»Kann ich mir denken.«
Die Frau legte den Kopf etwas zur Seite und schob eine Augenbraue hoch. »Wahrscheinlich weißt du nicht einmal, woher die Band kommt, du bist ja so engstirnig.«
»Darauf würde ich an deiner Stelle nicht wetten, Kathy. Ich bin nicht Rabidowski. The Clash sind zusammen mit den Sex Pistols aus England gekommen. Das war die erste Welle der New Wave Musik.«
»Oh-oh«, machte die Frau. »Und ich hab dich für dumm gehalten.«
Das Erste, was sie beim Betreten von DeClercqs Büro sahen, waren die überall verstreuten Bücher. Jeder hob einen der Bände auf und sah auf den Titel. Der eine lautete Sexmorde, der andere Psychopathia Sexualis .
»Weißt du, warum er dieses Zeug liest?«, wollte Rick Scarlett wissen.
»Weil er im Herzen Jung ist«, erwiderte Spann ironisch.
Alle drei Korkwände waren jetzt mit Informationen bedeckt, und an einigen Stellen hingen die Berichte übereinander. Spann entdeckte sofort das angepinnte Abhörprotokoll und ging hin. Sie blätterte in den Papieren, während Scarlett über ihre Schulter mitlas. Als sie fertig war, trat sie ans Fenster und starrte auf die Straße hinaus, dachte nach.
Scarlett trat hinter sie.
»Ich hätte gern gewusst, worüber die da reden«, sagte sie.
»Was ist ein Hoodoo? «
»Jetzt bist du dumm, wie?«, sagte ihr männlicher Kollege. »Anscheinend ist deine Erziehung in puncto Geografie lückenhaft. ›Hoodoos‹ sind erodierte Felsspitzen, die aus dem Boden ragen. Die Indianer glaubten, dass Geister in solchen Sandsteintürmen leben. Einige davon gibt es in Deadman Valley in British Columbia – aber die meisten in den Vorgebirgen der Rockies in Alberta.«
»Also, jetzt weiß ich es«, sagte Spann.
Aber es sagte ihr gar nichts.
Der Splitter
05:15 Uhr
Robert DeClercq war bereits vor Anbruch der Morgendämmerung wach. Er stieg aus dem Bett, stapfte in die Küche, um dort den Kaffee aufzustellen, und ging, während der Kaffee durch den Filter tropfte, ins Gästeschlafzimmer, um sich warm anzuziehen. Dann kehrte er in die Küche zurück, um sich eine Tasse einzugießen, und trug den dampfenden Becher ins Gewächshaus und dort durch die Hintertür hinunter ans Meer. Draußen war es dunkel und die durchdringende Kälte des Spätherbstes machte die Luft spröde. Er setzte sich in den Sessel aus Treibholz, die Sonnenuhr zu seiner Linken, und fing an nachzudenken. Das Meer war an diesem Morgen aufgewühlt und spie Gischt an den Strand. Der Superintendent ignorierte es.
Was ihn mehr als alles andere beunruhigte, war die Einstellung dieses Killers. Es hatte schon früher Psychotiker und Psychopathen gegeben, die sich über die Polizei lustig gemacht hatten – Jack the Ripper und Zodiac waren zwei berüchtigte Beispiele –, aber nie zuvor auf diesem Niveau. Denn was hier geschah, war beinahe persönlich . Kaum war die Sonderkommission eingerichtet worden und kaum hatte die Presse gemeldet, dass er sie führte, hatte der Headhunter ihn schon auserkoren und zum Duell herausgefordert. Warum?, fragte sich DeClercq. Es muss einen besonderen Grund dafür geben. Aber welchen? Irgendeine persönliche Verbindung mit der Truppe?
Im Augenblick hatte er keine Ahnung.
Das beunruhigte ihn, ebenso wie auch die Haltung an ihm nagte, in der man die beiden Leichen gefunden hatte, und der Eindruck einer Pose, den ihm die Polaroidfotos der Köpfe vermittelt hatten. Hier war etwas im Gange, was man nicht auf den ersten Blick erkennen konnte. Der Headhunter war auf mehr als nur den Nervenkitzel aus, den die Morde ihm bereiteten. Soviel stand für DeClercq fest.
Welches Motiv verbirgt sich also dahinter?
Ich weiß es nicht.
Er saß lange Zeit da und grübelte über dieses und eine ganze Menge anderer Probleme nach. Schließlich ging die Sonne auf, flammte über den onyxfarbenen Wellen und beleuchtete den Kamm jeder vom Pazifik hereindrängenden Woge. Ein Kormoran stieß aus dem Himmel herab, glitt scharf wie ein Messer durch die Wellen, tauchte nach etwas Unsichtbarem unter der eisigen Oberfläche. Als er wieder heraufkam, war sein Schnabel leer.
Der Superintendent stand auf.
Während der Bewegung ging ihm plötzlich durch den Kopf, dass er von diesem Treibholzsessel aus die Schauplätze aller vier Morde sehen konnte oder zumindest die Stellen, wo man die Leichen gefunden hatte. Der Gedanke gefiel ihm nicht: Das war wie
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