Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller
ausgeschlossen? Ich werde nicht zulassen, dass du mich ausschließt, nicht ohne Kampf. Hey, entspann dich, entspann dich, ich kann spüren, wie dieser Fuß sich verspannt. Kannst du mich hören, Robert? Ist da jemand zu Hause?«
»Ich höre dich, Genny«, sagte er, wobei seine Stimme halb von einem Seufzer verdeckt war.
»Gut, dann lass uns darüber reden.« Sie begann, an seinen Beinen zu arbeiten. »Robert DeClercq, ich hab dir das schon früher gesagt – du verkrampfst dich. Du klammerst dich an die Wertvorstellungen einer Zeit, die für immer vorbei ist. Und dann fragst du dich, weshalb das Leben anscheinend nie funktioniert. Der Wert, den das Wort eines Mannes hat, als eine Währung der Freundschaft; hilf deinem Nachbarn; der Pakt der Liebe. Ich glaube, du fängst endlich an, daran zu zweifeln, dass deine Werte hier noch einen Platz haben. Du spürst, dass du eigentlich in eine andere Zeit gehörst, und du fängst an, dich sehr alt zu fühlen.«
»Und das zeigt sich allmählich, nicht wahr, Genny?«
»Das zeigt …? Oh, du meinst, weil wir keine Erektion bekommen können, und du wirst feststellen, dass ich ›wir‹ gesagt habe. Was soll ich also tun? Ist das ein so wichtiges Problem, dass ich jetzt nackt aus dem Haus rennen sollte und mir irgendeinen jungen Hengst suchen, der mir sexuelle Dienste leistet? Du bist erst 55, Mann. Glaub mir, ich werde noch eine ganze Menge Spaß aus dir rausquetschen.«
Ihre Hände massierten jetzt seine untere Rückenpartie.
»Bloß, weil du unter gewaltigem Druck stehst und weil du die Kerze von beiden Seiten anzündest, um diesen Killer zu schnappen – und, Liebster, wir haben zum Abendessen Wein getrunken –, stellen wir plötzlich bei dieser Gelegenheit fest, dass sich nicht spontan ein Steifer einstellt. Du solltest mich bloß nicht für dumm verkaufen und glauben, ich würde denken, dass du ein Problem hast. Du bist der einzige Mann, dem ich je begegnet bin, für den meine sexuelle Befriedigung ehrlich wichtiger ist als seine eigene. Chéri, ich bleibe bis zum Ende bei dir.«
Ihre Hände wanderten zu seinen Schultern hinauf.
Dann sagte sie: »Sag mir, was dich quält.«
»Er macht sich über mich lustig, Genny – und vielleicht hat er sogar Anlass dazu.«
»Robert, es ist allgemein bekannt, dass Geistesgestörte ohne Grund lachen. Das passt überhaupt nicht zu dir. Ich dachte, du wärest derjenige, der immer glaubt, Ordnung und Präzision sollten stets den Wettbewerb mit dem Chaos aufnehmen.«
»Früher einmal war das vielleicht so, aber jetzt nicht mehr.«
»Glaub mir, Robert, wenn du nicht immer noch die Nummer eins wärest, hätten die dich nie zurückgeholt. Tatsächlich bist du bei all dem, was du über Taktik gelesen hast, für diese Ermittlungen besser vorbereitet, als du das in der Vergangenheit warst. Vertrau einfach auf dein Wissen und nutze es. Setze es in die Praxis um, und ich wette mit dir, du wirst es damit schaffen.«
Wie aus dem Nichts sagte DeClercq: »Genny, ich habe Albträume. Tatsächlich ist es ein Albtraum, der immer wieder kommt.«
»Dann sag es mir.«
Der Traum ist ganz in Silber.
Er kann hinter der Tür einen silbernen Raum sehen, einen Raum mit silbernen Wänden, silbernen Fenstern und silbernem, vom Boden aufsteigendem Dunst. Selbst das Schluchzen klingt metallisch. Und die silberne Klinge des silbernen Messers steckt kalt wie Silber in seinem Bauch.
Ein Baum, hinter dem Fenster, ist kahl, ganz ohne Blätter.
Jetzt schließen seine Hände sich um einen Hals und seine Finger drücken zu, zerdrücken die Muskeln und Venen und Arterien, die das Leben in das Gehirn dieses Mannes einspeisen. Die silbernen Augen des Mannes scheinen aus ihren Höhlen zu treten. Plötzlich fallen sie mit einem lauten – Plopp – auf den Boden. Aber das veranlasst ihn nicht dazu, mit dem Drücken aufzuhören. Jetzt gleitet die Zunge des Mannes aus seinem silbernen Mund, wie ein Aal, der aus einem Loch in einem Felsen eineinhalb Meter über dem Meeresboden herunterfällt.
Silber, alles ist silbern. Elektrisches, silbernes Schluchzen in der Luft.
Und dann kommt plötzlich Farbe in diesen monochromatischen Traum, denn das Gesicht des Mannes, den er mit seinen Händen hält, hat sich jetzt nach Blau verfärbt. Er löst seinen Griff und lässt den Toten zu Boden fallen.
Janie, flüstert er. Janie. Denn ihr Schluchzen hört er in diesem Zimmer.
Er dreht sich zu dem Geräusch herum und sieht eine silberne, in Nebel gehüllte Gestalt auf einem Bett
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