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Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Titel: Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Slade
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Dachtraufe der Villa pfeifen hören. Es klang wie ein dünner Schrei aus einem irgendwo in der Finsternis verlorenen alten Mund. Sie konnte hören, wie sich der aufkommende Sturm mit jenem Geräusch mischte, als er die alten Dachrinnen und Abflüsse zum Klappern brachte und die trockenen Blätter gegen das Metall trieb.
    Eigentlich genau die richtige Nacht nach Halloween. Die Art von Herbstnacht, wie Katherine Spann sie liebte. Gespenstisch, unheimlich, geheimnisvoll, eine Nacht, in der man sich am besten zu Hause unter die Decke kuschelte.
    Sie hatte den Reißverschluss ihrer Windjacke bis zum Kinn hochgezogen, um die durchdringende Kälte abzuwehren, als sie jetzt durch die Hintertür des Hausmeisterhauses eintrat und die Deckenbeleuchtung anknipste. Und da sah sie sie, mitten auf dem Küchenboden.
    Wie alle Kakerlaken hatte auch diese hier einen flachen, glänzenden Körper, sechs haarige Beine und ein Paar lange Fühler, die über dem unter einer Panzerplatte verborgenen Kopf herumfuchtelten. Das Insekt knabberte an irgendeinem schmierigen Klumpen, der am Linoleumboden klebte. In dem Augenblick, in dem die Beleuchtung aufflammte, begann es sich zu rühren. Und obwohl die Kakerlake sich schnell bewegte, war Katherine Spann schneller. Sie erwischte das hässliche Insekt in der Nähe der Spüle.
    Knirsch! Mit einem festen Tritt zerquetschte die Frau sowohl das Exoskelett als auch die breiige Masse darunter mit dem Stiefelabsatz.
    Die beiden anderen Insekten sah sie, als sie den schmierigen Matsch von ihrem Schuh kratzte. Vor dem Mülleimer trieben sich noch zwei glänzende Kakerlaken herum. Zwei weitere Tritte erledigten auch sie. Uff , dachte sie.
    Ihre erste Reaktion gab dem Alter des Gebäudes die Schuld: Was erwartest du schon, Kindchen, wenn du in einem edwardianischen Haus lebst?
    Katherine Spann hatte sich schon entschieden, noch einmal wegzugehen und Insektenspray zu kaufen, ja sie hatte sogar schon die Tür geöffnet, um mit dieser Absicht ins Freie zu treten, als ihr plötzlich etwas einfiel. Sie blieb stehen, drehte sich um und sah sich in der Küche um. Nein, das Problem war nicht das fortgeschrittene Alter des Gebäudes. Das Problem war sie selbst.
    Seltsam, dachte Spann, wie man nach und nach immer blinder werden kann. Die Blindheit kann sämtliche Lichter auf einmal ausknipsen oder einem nur Scheuklappen anlegen. Denn in der ganzen Küche gab es keinen einzigen sauberen Teller oder Tasse. Die Spüle quoll förmlich über von schmutzigem Geschirr, meist noch mit den Überresten von Mahlzeiten verkrustet, an die sie sich gar nicht mehr erinnern konnte. Wie lange war es her, dass sie zuletzt den Boden geschrubbt hatte? Einen Monat? Zwei? Nein, wahrscheinlich eher ein halbes Jahr. Plötzlich konnte sie den Gestank von Müll in dem Zimmer riechen: Warum hatte sie den beim Betreten der Wohnung eigentlich nicht bemerkt?
    Spann schloss die Hintertür und ging von der Küche ins Wohnzimmer. Dort sah es nicht viel besser aus.
    Der Wandschrank war gleich rechts, dicht hinter der Eingangstür des Gebäudes. Beim Betreten des Raums konnte sie sehen, dass er leer war, bloß eine Metallstange, an der skelettartige Drahtbügel hingen. Die Kleider, die einstmals dort gehangen hatten, waren über den ganzen Raum verstreut. Sämtliche Möbelstücke waren mit abgelegter Kleidung bedeckt. Über den Boden verstreut lagen Rollkragenpullover und Uniformteile. In einer Ecke stapelte sich ein Haufen hochhackiger Pumps, Halbschuhe und Laufschuhe. Und überall Morgenmäntel und Socken und Röcke und Unterhosen. Und Blusen und T-Shirts und Mäntel, hier und dort und überall. Einer ihrer BHs hing schlaff von einem Tisch; er erinnerte sie an diese Dali-Uhren, surreal und verbogen und schmelzend. Kein Bild an den Wänden hing gerade.
    Mag ja sein, dass du Hausarbeit nicht magst, Kindchen, aber das ist echt lächerlich!
    Wie sie jetzt so im Zimmer stand und den leichten Schock einsickern ließ, kam ihr in den Sinn, dass dieses Chaos vielleicht nichts anderes als eine äußere Manifestation dafür war, wie hart sie gearbeitet hatte. Bei ihrer Ausbildung in Regina, wo man ihr beigebracht hatte, wie man untertauchte, hatte Spann einen Instruktor gehabt, der diese Kunst folgendermaßen umschrieben hatte: »Und Sie, meine Damen, Sie müssen so tun, als wären sie nichts anderes als schmutzige Schlampen. Nicht die Haare kämmen. Nicht waschen. Die Kleider nicht bügeln. Und wenn euch dann die Haare unter den Achseln bis zu den Ellbogen

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