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Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932

Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932

Titel: Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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trüben Hände der Frau.
    Der Mann fuhr sie an. »Iß!«
    Sie griff hastig zu und schluckte. Der Bauer konnte es auch nach sieben Jahren noch nicht fassen, daß die Frau war, wie sie war.
    Er hatte als erster im Dorf mit dem Schnitt begonnen,heute nacht um drei. Er fürchtete immer, nicht zu Rand zu kommen, ohne Hilfe, wie er war, auf nichts gestellt als seine eigne, freilich unglaubliche Kraft. Er hatte fast ohne Unterbrechung fünfzehn Stunden durchgearbeitet. Er war durchnäßt, aber sein Herz klopfte nicht anders als sonst. Er nahm sich vor, morgen nach dem Gottesdienst weiterzumachen. Er wußte, daß das alle Menschen mißbilligen würden und der Pfarrer ihn zur Rede stellen. Doch alle Menschen mißbilligten ihn sowieso. Beim Pfarrer würde er sich mit der Schwangerschaft entschuldigen. Er könnte in der Roggenernte kein Kindbett brauchen. Er wußte allerdings, daß die Geburt noch einige Wochen dauern könnte.
    Er sagte zu der Frau: »Haste Wasser geholt?«
    Die Frau schluckte erschrocken. Dann lief sie erstaunlich schnell hinaus. Der Mann aß allein weiter, gründlich, regelmäßig. Nach einer Weile hörte man draußen Eimer aufstellen. Die Frau kam zurück und setzte sich, ihr Unterkiefer hing hinunter. Der Mann fuhr sie zum zweitenmal an: »Iß!«
    Die Frau stopfte erschrocken eine Kartoffel in ihren ohnedies offenen Mund. Der Mann fragte: »Haste vier Eimer geholt?« Die Frau stand schnell auf und lief hinaus. Es wiederholte sich die Reihenfolge der Geräusche: Schritte, Tür, Eimer aufstellen. Die Frau kehrte zurück, diesmal mit zugepreßten Lippen. Der Mann bekam Lust, sein Hemd auszuziehen, das steif von Schweiß war. Er sagte: »Gib ’n frisches Hemd raus.«
    Jetzt erschrak die Frau so, daß sie am ganzen Leib zitterte. Der Bauer schrie: »Du hast keins!« Er beugte sich über den Tisch und schüttelte die Frau, indem er mit dem Daumen ihr Schlüsselbein eindrückte.
    Er ließ sie los. Beide stöhnten. Der Bauer dachte: Morgen soll sie mit in den Roggen, wie sie ist. Sie muß. Er kippte sich den Rest Dickmilch in den Teller. Er verstand jetzt selbst, daß er ihren Tod wünschte. Er wünschte ihnauch nicht irgendwann, ungefähr, sondern morgen bei der Roggenernte. Sie war bei der letzten Geburt fast verblutet. Häufig setzen doch die Wehen auf dem Feld ein, unter dem Drang der Arbeit. Dann war die Hebamme weit. Er erschrak über seinen Gedanken. Dann geriet er in Wut. Wie man das Loch verflucht, über das man stolpert, fluchte er über sein Schicksal. Warum war es mit ihm so bestellt, daß er so im Dreck steckte, daß er nur durch diese Ehe herauskam? War sie einmal zu Ende, dann würde er seine Schulden abbezahlen, seine Söhne reinlich kleiden und lernen lassen, eine richtige Frau nehmen. Die brauchte dann nicht hart zu arbeiten, die brauchte dann nicht mehr zu gebären. Für sie würde er dem Arzt in der Stadt bares Geld hinlegen. Er hatte ja Söhne genug. Höchstens sollte sie noch eine Tochter bekommen, die würde er herausputzen, Staat mit ihr machen, die sollte keinen Mann bekommen, stinkend von Schweiß, der sie anfuhr wie ein Vieh, der würde er einen anderen Freier aussuchen. Diese ungeborene Tochter einer ungefreiten Frau sollte es auf Erden gut haben.
    Er setzte den Teller an den Mund und trank. Aber er spürte den Geschmack nicht und nicht die Kühlung. Er sah über den Rand weg nach der Frau. Da begriff er auf einmal, daß er wirklich dem Ende seiner Ehe nah war. Unverkennbar war das breite, in aller Unbewegtheit niemals wahrhaft ruhige Gesicht der Frau vom Tod gezeichnet. Dunkelgrau über und unter den Lidern, war es von etwas Unsichtbarem beschattet, nur es allein im Zimmer. Sieben Jahre waren die Augen der Frau glanzlos gewesen, sie hatte ihn nie voll angesehen. Die letzten Wochen – Schüchlin dachte, seit der Siebenmonatsgrenze – kam zuweilen in ihre Augen ein scharfer, trockener Glanz. Als gäbe ihr das selbst eine ungewohnte Sicherheit, sah sie ihm immer grade dann hart ins Gesicht.
    Auf dem Teller der Frau lagen noch immer zwei Kartoffeln. Der Bauer fuhr sie an: »Iß!«
    Die Frau hob den Kopf und blickte ihm mitten auf die Stirn. Ihre starren Züge regten sich in einem Ausdruck von Erstaunen: Warum soll ich essen?
    Der Bauer rief: »Fertig? Dann räum ab.«
IV
    »Er hat immer noch Licht. Was sagste dazu?« Die Mutter des Kunkel drückte ihr Gesicht ans Küchenfenster. Von hier aus konnte sie den kleinen Schuppen betrachten, der an das Treibhaus angebaut war.
    »Laß doch, er

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