Der Kopflose Rächer
keine Sekunde länger warten. Er rammte den Küchentisch aus dem Weg und riß der Frau die Geldbörse aus der Hand. »Her damit!«
»Ich habe…«
»Halt dein Maul!« Der Mann schüttete die Geldtasche aus. Etwas Kleingeld rollte hervor, dann faßte er nach den Scheinen, faltete sie auseinander und zählte nach.
»Genau zweiunddreißig Pfund, Sally.«
»Ich weiß, aber mehr habe ich nicht.«
»Es sollten fünfzig Pfund sein.«
Sie hob die Schultern und senkte den Kopf.
»Fünfzig!« peitschte seine Stimme, und einen Augenblick später war er bei ihr.
Sally schrie, als er sie mit der Faust schlug. Sie sank wimmernd zu Boden, wurde in die Höhe gezerrt und gegen die Wand geschleudert.
»Fünfzig Pfund, du kleine Nutte!«
Sally heulte. »Ich habe sie aber nicht!«
»Dann mache ich dich fertig!«
Sie rutschte vor ihm auf die Knie. »Wenn du mich totschlägst, kriegt ihr nichts mehr.«
»Irrtum, Süße! Deine Bude hier kann immer vermietet werden.« Er trat sie, und Sally schrie klagend auf.
In dieses Geräusch mischte sich ein anderes.
Hinter dem Narbigen platzte die schmutzige Scheibe des Fensters auseinander. Der Mann fluchte, drehte sich herum – und glaubte, eine Halluzination zu erleben. Durch das zerstörte Fenster kletterte ein Mann ohne Kopf!
***
Hätte ich nicht vor ihm gestanden, Maschke wäre gefallen. So konnte er sich an mir festklammern, sonst hätte ihm der Schreck des Anblicks die Beine weggerissen.
Ich hörte, wie er würgte und spürte auch seinen warmen Atem an meinem Ohr. Das alles ließ mich kalt, denn was ging mich dieser Gangster an? Ich schüttelte ihn ab und hetzte auf eine zweite Tür zu, die nicht geschlossen war.
Wuchtig zerrte ich sie auf.
Mein Blick fiel in einen Hinterhof. Er bildete so etwas wie eine zentrale Anlieferstelle für zahlreiche Geschäfte, die in dem Einkaufszentrum ihren Platz gefunden hatten. Große Rolltore unterbrachen die Monotonie der Rückseiten, wenige Wagen parkten kreuz und quer, doch für die hatte ich keinen Blick, ein Fahrzeug war wichtiger. Es war der dunkle Mercedes, auf den eine Gestalt zuhuschte, die auch mich erschreckte, obwohl ich mit ihrem Auftauchen hatte rechnen müssen. Daß ich sie so plötzlich sah, bekam ich nicht sofort auf die Reihe. Es war Jerome T.
Harker, der Richter.
Nein, jetzt war es der kopflose Zombie!
Er hetzte auf den Wagen zu, dessen Motor lief. Er lief breitbeinig und hielt seine Waffe noch in der rechten Hand. Es war ein Schwert oder ein ähnlicher Gegenstand, jedenfalls schimmerte an der Klinge das Blut. Ich war einfach zu weit entfernt, um ihn stellen zu können. Ich wollte ihn mit einer Silberkugel stoppen, da setzte sich der Wagen bereits in Bewegung, und der Kopflose stieß sich ab. Zielgenau warf er sich durch die offene Hintertür in den Fond, als der Fahrer das Auto in eine Kurve riß, fiel die Tür von allein zu.
Es gelang mir auch nicht mehr, den einen oder anderen Reifen zu treffen, der Schußwinkel war einfach zu schlecht, und der Fahrer, den ich nicht hatte erkennen können, zog den Wagen noch weiter herum, dann raste er auf eine Durchfahrt zu und verschwand.
Ich hatte nicht einmal das Nummernschild erkennen können, wußte jetzt leider genau, daß es den Kopflosen gab.
Auf meinem Rücken spürte ich einen eisigen Schauer. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zurückzugehen, und das tat ich sehr schnell.
Ich fand Mac Maschke in seinem Büro. Er hockte totenbleich hinter dem Schreibtisch und trank Whisky aus der Flasche.
Um ihn kümmerte ich mich nicht. Das Telefon war wichtiger. Ich alarmierte die Zentrale, denn es blieb mir nur die Chance einer Fahndung. Gleichzeitig mußte ich die Kollegen warnen, denn wer immer den Wagen zu stoppen versuchte, würde mit einem brutalen Widerstand zu rechnen haben. Anrufe wie den meinen war man dort gewohnt. Die Kollegen reagierten schnell, und ich ließ mich anschließend mit Sir James Powell verbinden, der sprachlos war, als er meinen Bericht hörte.
»Das ist doch…«
»Sagen Sie nicht unmöglich, Sir. Es gibt den kopflosen Rächer.«
»Nicht den Richter?«
»Er hat keinen Kopf mehr. Ich habe ihn nicht erkannt. Aller Wahrscheinlichkeit ist er es gewesen.«
»Klar. Er hat sogar einen Helfer.«
»Das stimmt, Sir.«
»Sie haben nichts von dem Fahrzeug erkannt?«
»Nein, nur die Marke.«
»Dann hoffe ich, daß wir ihn finden und es nicht noch mehr Tote gibt.«
»Ich weiß nicht, Sir, ob ich das unterschreiben kann. Die Bande vermißt zwei ihrer
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