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Der Kraehenturm

Der Kraehenturm

Titel: Der Kraehenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Pflieger
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Sessel in seinem Wohnzimmer lümmelte und seinen Apfel verspeiste.
    »Kein Gebäck, Nüsse oder eine Schale mit Früchten für deine Gäste?«, beschwerte er sich.
    »Ich bin doch erst seit ein paar Stunden hier«, erwiderte Icherios mit dem Kopf halb in seinem Hemd steckend.
    »Man sollte immer vorbereitet sein, um Gäste zu bewirten.«
    Nachdem der junge Gelehrte sich fertig angezogen hatte, ging er zurück ins Wohnzimmer. Er trug seinen besten Anzug und seine gelb getönte Brille mit den runden Gläsern. Auch wenn die meisten Menschen nicht dieser Ansicht waren, so war Icherios der Überzeugung, dass sie ihm eine besondere, geheimnisvolle Ausstrahlung verlieh. Vor allem in Kombination mit seinem hohen Kastorhut, den er im Haus jedoch nicht trug.
    »Brauchst du die?« Franz sprang auf, zog Icherios die Brille von der Nase und warf sie auf den Sessel.
    Der junge Gelehrte versuchte sie noch in der Luft aufzufangen, griff aber daneben.
    »Nicht wirklich, aber ich mag sie.«
    »Lass sie besser hier. Auberlin ist kein Freund von nutzlosen Dingen.«
    Seufzend fügte sich Icherios und folgte Franz, der bereits aus dem Zimmer marschiert war. Als er die Tür hinter sich zuzog, stutze er.
    »Gibt es eigentlich keine Schlösser?«
    »Wozu? Im Magistratum gehen nur Leute ein und aus, die sowieso jede Tür öffnen könnten.«
    Icherios verkniff sich ein ironisches Lachen. Er dachte an Freybergs Warnung. Bisher gefiel es ihm in Heidelberg. Franz schien ein netter Kerl zu sein. Was Freyberg wohl mit seiner Bemerkung gemeint hatte? Ging hier wirklich etwas Seltsames im Magistratum vor, oder verfolgte der Chronist eigene Pläne?
    Franz führte ihn ins Sekundum und dann über eine Wendeltreppe zu einem der Räume in der oberen Ebene.
    »Das ist Auberlins Büro.«
    »Ich dachte, das läge im Dachgeschoss?«
    »Nein, dort sind seine privaten Räume. Er gestattet nur selten jemandem Zutritt zu ihnen.«
    Franz klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, drehte sich um und verschwand über schwankende Brücken und Treppen zum Primum hinunter.
    Der junge Gelehrte überprüfte, ob seine Weste richtig saß und alle Knöpfe geschlossen waren. Er verwünschte Franz dafür, ihm seine Brille abgenommen zu haben. Mit ihr hätte er sich nicht ganz so wie ein kleiner Bursche gefühlt, der auf eine Tracht Prügel vom Vater wartete. Dann pochte er an die Tür.
    »Ja, bitte?«, erklang es aus dem Inneren.
    Icherios öffnete die leichte Tür aus Birkenholz und spähte vorsichtig in den Raum hinein. Es handelte sich um ein ordentliches, aber überfülltes Büro. An den Wänden reihten sich Regale mit Akten und Büchern. In der Mitte des Raumes stand ein gewaltiger Schreibtisch, überladen mit weiteren Aktenstapeln und einem dicken Wälzer, in dem Auberlin Zahlenkolonnen addierte. Er war ein kleiner Mann mit weißen Haaren und einem schmalen Kinnbart. Die buschigen Augenbrauen wurden zum Teil von einem großen Monokel verdeckt, das er vor dem linken Auge trug. Seine strengen, blauen Augen fixierten den Neuankömmling. »Icherios Ceihn?«
    Der junge Gelehrte nickte.
    »Ich bin Auberlin zu Hohengassen, Leiter des Magistratum und dritter Schatzmeister des Ordo Occulto.«
    Er trat hervor und reichte Icherios mit einem freundlichen Lächeln die Hand. Dabei fiel dem jungen Gelehrten der teure, maßgeschneiderte Anzug auf, dessen enger Sitz die schlanke Figur des ältlichen Mannes betonte. Aber am auffälligsten waren die schwarzen, glänzenden Lederschuhe mit den großen, goldenen Schnallen. Der Leiter des Magistratum wies auf einen Ledersessel, der vor seinem Schreibtisch stand.
    »Nehmt Platz. Ihr dürft mich Auberlin nennen. Hier im Magistratum sind wir nicht so förmlich.«
    Icherios’ Füße versanken in dem weichen Teppich. Der Sessel knarrte, als er sich setzte.
    »Dann sind Sie also Freybergs neuester Spitzel?«
    Icherios’ Hände verkrampften sich um die Armlehne aus dunklem Mahagoni.
    Auberlin lachte. »Lassen Sie uns doch offen darüber sprechen. Wir beide wissen, dass Freyberg versucht, mir eins auszuwischen. Er kann einfach nicht verzeihen.«
    »Was soll er Euch denn verzeihen?«, wagte Icherios zu fragen.
    Auberlin trommelte, die Daumen in die Brusttaschen eingehängt, ungeduldig mit den Fingern auf seinen Brustkorb. Die Freundlichkeit war wie weggewischt aus seinem Gesicht. »Ich kann Ihr bester Freund sein, aber versuchen Sie nicht, mich für dumm zu verkaufen.«
    »Das war nicht meine Absicht.« Icherios schluckte.
    »Gut. Und nun sagt mir

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